Entscheidungsstichwort (Thema)
Reichweite der Bindungswirkung einer Zurückverweisung gem. § 563 Abs. 2 ZPO. Bindung an die von der höheren Instanz entschiedene Rechtsfrage. Kein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH nach Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landesarbeitsgericht
Leitsatz (amtlich)
Die Bindungswirkung gemäß § 563 II ZPO umfasst auch die Entscheidung, ob Zweifel an der Europarechtskonformität einer nationalen Rechtsnorm bestehen. Das gilt auch, wenn das BAG diese Frage lediglich inzident geprüft und beantwortet hat.
Leitsatz (redaktionell)
1. Sieht ein Tarifvertrag die Verkürzung von Kündigungsfristen auf einen Monat im Falle eines Sozialplans vor, hat das Landesarbeitsgericht von der Rechtmäßigkeit dieser Klausel auszugehen, wenn das Bundesarbeitsgericht diese Rechtmäßigkeit in seiner Revisionsentscheidung geprüft und bejaht hatte.
2. Hat das Bundesarbeitsgericht über die Europarechtskonformität einer Tarifklausel entschieden und deshalb kein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV an den EuGH gestellt, ist das Landesarbeitsgericht im Falle der Zurückverweisung des Rechtsstreits gem. § 563 Abs. 2 ZPO an diese Entscheidung gebunden. Es kann die der Tarifklausel innewohnende Rechtsfrage seinerseits nicht dem EuGH zur Prüfung vorlegen.
Normenkette
ZPO § 563 Abs. 2; TVG § 1; RL 2000/78/EG Art. 2 Abs. 2 Buchst. b) Nr. ii; AEUV Art. 267; RTV technische Angestellte Stückgut-Kaibetriebe § 15 Nr. 1 S. 3 Fassung: 2003-05-06; Sozialplan § 1 Nr. 2 Fassung: 2016-09-14
Verfahrensgang
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 06.06.2017 (11 Ca 498/16) wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens und diejenigen der Revision zu tragen.
3. Die Revision wird nicht erneut zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten in zweiter Instanz nur noch über den Zeitpunkt der Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses.
Der am XX.XX.XXXX geborene, verheiratete Kläger war seit dem 09.03.1988 zunächst als Hafenarbeiter, ab 2005 als Schiffsabfertiger bei der Beklagten beschäftigt. Anlässlich der Beförderung zum Schiffsabfertiger teilte die Beklagte dem Kläger am 05.09.2005 mit, er werde nach einer dreimonatigen Probezeit nach "TA-3" vergütet. Das Bruttomonatsgehalt des Klägers betrug zuletzt € 5.489,21. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien fand der Rahmentarifvertrag für die technischen Angestellten in den Stückgut-Kaibetrieben (i.F.: RTV) in der Fassung vom 06.05.2003 kraft beiderseitiger Tarifbindung Anwendung. § 15 dieses Tarifvertrags regelt die Kündigungsfristen wie folgt:
§ 15
Kündigung
1. Für die Kündigung gelten die gesetzlichen Kündigungsfristen. Bei 15jährigem Bestehen des Arbeitsverhältnisses beträgt die beiderseitige Kündigungsfrist neun Monate zum Ende eines Kalenderhalbjahres, wenn der Arbeitnehmer das 50. Lebensjahr vollendet hat.
Soweit Sozialpläne abgeschlossen wurden, beträgt die Kündigungsfrist einen Monat zum Monatsende."
Die Beklagte beschloss, den Terminalbetrieb, in dem neben dem Kläger mehr als 10 Vollzeitkräfte tätig waren, zum 31.12.2016 stillzulegen, weil ihr das Betriebsgrundstück nicht länger zur Verfügung stand. Dazu kam es zu Verhandlungen über Interessenausgleich und Sozialplan vor einer Einigungsstelle, die am 14.09.2016 das Scheitern des Interessenausgleichs feststellte und den Sozialplan (Anl. B3, Bl. 93 ff d.A.) beschloss.
Dieser enthält unter "§ 1 persönlicher Geltungsbereich, Ausschlusstatbestände" folgende Regelungen:
"(2) Keine Leistungen nach den Bestimmungen dieses Sozialplans erhalten Mitarbeiter (Ausschlusstatbestände),
- die in einem befristeten Arbeitsverhältnis stehen und infolge Befristung ausscheiden;
- die bis zum Abschluss dieses Sozialplans eine Aufhebungsvereinbarung, eine Abwicklungsvereinbarung oder einen gerichtlichen Vergleich mit BHT zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses abgeschlossen haben;
- die aus Gründen ausscheiden, die nicht mit der Stilllegung des Betriebs zusammenhängen, insbesondere Mitarbeiter,
- deren Arbeitsverhältnis aus einem personen- oder verhaltensbedingten Grund ordentlich oder außerordentlich endet oder bei denen das Arbeitsverhältnis aus diesen Gründen einvernehmlich beendet wird;
- die infolge Eigenkündigung, die nicht arbeitgeberseitig veranlasst ist, ausscheiden;
- die infolge Eigenkündigung ohne Wahrung der einschlägigen ordentlichen vertraglichen/tariflichen Kündigungsfrist ausscheiden;
- die entweder unmittelbar nach dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis oder im Anschluss an eine mögliche Bezugnahme von Arbeitslosengeld I (unabhängig von der tatsächlichen Bezugnahme des Arbeitslosengeldes) eine Altersrente (gekürzt oder ungekürzt) aus der gesetzlichen Rentenversicherung in Anspruch nehmen können (sog. "rentennahe Arbeitnehmer"), wobei eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen gemäß §§ 37,