Verfahrensgang
ArbG Hamburg (Urteil vom 10.03.1994; Aktenzeichen S 14 Ca 131/93) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 10. März 1994 – S 14 Ca 131/93 – wird zurückgewiesen.
Der Auflösungsantrag des Klägers wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten der Berufung.
Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer fristgerechten Kündigung.
Der Kläger war bei der Beklagten, die regelmäßig mehr als 5 Arbeitnehmer beschäftigt, seit dem 15. Februar 1972 als Kapitän beschäftigt.
Im Herbst 1991 bereederte die Beklagte als Korrenspondentreeder die Schiffe von 14 Patenreedereien. Im Jahr 1991 bis zum 17. März 1992 wurden sämtliche für die Beklagte fahrende Schiffe ausgeflaggt. Danach beschäftigte die Beklagte auf den ausgeflaggten Schiffen, die sie weiterhin als Korrespondentreeder … bereederte, den Kapitän, den ersten nautischen und den ersten technischen Offizier im Wege der Ausstrahlung weiter. Im übrigen wurden die Schiffe über eine … ausländischen Seeleuten, die nicht zu den für die deutsche Seeschiffahrt geltenden Heuerbedingungen, sondern zu wesentlich geringeren Heuern beschäftigt wurden, besetzt.
Die Beklagte hat sodann 1993 beschlossen, zukünftig keine Arbeitsplätze mehr zu deutschen Heuerbedingungen auf den von ihr weiter als Korrespondentreeder bereederten Schiffen anzubieten, sondern sämtliche Funktionen einschließlich des Kapitäns und des ersten nautischen und ersten technischen Offiziers über eine C. zu besetzen. Im Zuge dieser Maßnahme kündigte die Beklagte dem Kläger das Heuerverhältnis mit Schreiben vom 12. März 1993 fristgemäß zum 30. September 1993.
Gleichzeitig kündigte die Beklagte allen übrigen bei ihr noch beschäftigten Kapitänen und ersten Offizieren das Anstellungsverhältnis.
Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Kündigung sei sozial nicht gerechtfertigt. Sie verstoße zumindest gegen Treu und Glauben, da sich die Beklagte ursprünglich verpflichtet habe, Kapitäne und erste Offiziere weiterzubeschäftigen. Für die Maßnahme der Beklagten habe auch keine wirtschaftliche Notwendigkeit bestanden. Die von der Beklagten vorgetragenen schlechten Betriebsergebnisse seien nur deshalb zustande gekommen, weil die Patenreedereien den Schiffsbetrieb absichtlich so gestaltet hätten, daß Verluste eingefahren werden mußten. Nach den Baujahren hätten die Schiffe im wesentlichen abgeschrieben sein müssen. Aus dem Zinsanteil an den Kosten ergebe sich aber, daß absichtlich geringe Tilgungsraten gezahlt worden seien, um langfristig mit hohen Zinsen das Betriebsergebnis zu belasten. Im Streitfall liege nichts anderes vor als eine Austauschkündigung. Die Beklagte müsse weiterhin Kapitäne auf den von ihr bereederten Schiffen beschäftigen.
In der öffentlichen Sitzung des Arbeitsgerichts am 16. Dezember 1993 war für den Kläger niemand erschienen. Auf Antrag der Beklagten wurde die Klage durch Versäumnisurteil abgewiesen. Gegen dieses dem Kläger am 4. Januar 1994 zugestellte Versäumnisurteil hat der Kläger am 5. Januar 1994 Einspruch eingelegt.
Der Kläger hat beantragt,
- das Versäumnisurteil vom 16. Dezember 1993 aufzuheben;
- festzustellen, daß die Kündigung des Anstellungsverhältnisses des Klägers mit der Beklagten durch Kündigungsschreiben der Beklagten vom 12. März 1993 rechtsunwirksam ist und daß das Anstellungsverhältnis zwischen den Parteien zu unveränderten Bedingungen fortbesteht.
Die Beklagte hat beantragt,
das Versäumnisurteil vom 16. Dezember 1993 aufrechtzuerhalten.
Die Beklagte hat vorgetragen, es handele sich um eine unternehmerische Maßnahme, die nur im Mißbrauchsfalle der Nachprüfung durch die Arbeitsgerichte unterliege. Infolge dieser Maßnahme, nämlich die von ihr als Korrespondentreeder bereederten Schiffe nicht mehr mit eigenen Arbeitnehmern zu betreiben, und auf diesen Schiffen Heuerverhältnisse zu deutschen Arbeitsbedingungen nicht mehr anzubieten, sei der Arbeitsplatz des Klägers weggefallen.
Die Maßnahme sei deswegen erforderlich geworden, da die Beklagte auch nach der Ausflaggung der Schiffe und nach der Besetzung der übrigen Mannschaftsarbeitsplätze durch eine … noch immer erhebliche Verluste in Millionenhöhe erwirtschaftet habe. Durch die Besetzung auch der Stellen der Kapitäne und der ersten Offiziere über eine … errechne sie sich eine jährliche Einsparung je Schiff in Höhe von zirka DM 300.000,00.
Für die Einzelheiten wird insoweit auf den Schriftsatz der Beklagten vom 30. August 1993 Seite 6 und 7 (Blatt 29, 30 der Akten) verwiesen.
Das Arbeitsgericht Hamburg hat mit Urteil vom 10. März 1994 – S 14 Ca 131/93 – das Versäumnisurteil vom 16. Dezember 1993 aufrechterhalten.
Das Arbeitsgericht hat seine Entscheidung im wesentlichen damit begründet, die Kündigung sei sozial gerechtfertigt. Die Beklagte habe sich zu einer organisatorischen Maßnahme entschlossen, bei deren Umsetzung das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung des Klägers entfalle...