Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingruppierung eines Sozialpädagogen mit staatl. Anerkennung in einer medizin Reha-Einrichtung. Besondere Schwierigkeit und Bedeutung i. S. der Tarifnorm können sich im Einzelfall aus der Art der Einrichtung und der Tätigkeit des Sozialpädagogen (hier: schwer psychisch-kranke Bewohner eines psychiatr. das wichtige Glied einer Versorgungskette ist)
Leitsatz (amtlich)
1. Sozialarbeiter in medizinischen Einrichtungen, die mit der Betreuung von Patienten/Bewohnern beauftragt sind, erfüllen im allgemeinen nicht die Voraussetzungen der VergGr. IV a Fg. 15 Teil II Abschn.G. der Anlage 1 a zum BAT.
2. Handelt es sich um eine selbständige medizin Reha-Einrichtung, die nicht unter ärztlicher Verantwortung steht, und ergibt sich deren besondere Bedeutung aus dem gemeindepsychiatrischen Konzept des öffentl. rechtl. Arbeitgebers, so läßt sich aus dem Krankheitsgrad der Klientel (hier: schwer psychisch-kranke Menschen) und der Bedeutung der Soziotherapie für den Patienten/Bewohner und für das Funktionieren des Versorgungskette im Einzelfall: die besondere Schwierigkeit und Bedeutung der Tätigkeit begründe.
3. Das trifft vor allem dann zu, wenn Chronifizierung der Klientel auf jeden Fall vermieden werden soll, vor allem eine Rückkehr in die vollstationäre Behandlung der Klinik und (seitens der Klinik) eine Verlegung in eine Einrichtung außerhalb der politischen Gemeinde, und wenn die Reha-Einrichtung eine Aufnahmeverpflichtung trifft, so daß jede Vorsortierung zu unterbleiben hat.
Normenkette
BAT §§ 22, 23 Sozialarbeiter
Verfahrensgang
ArbG Hamburg (Urteil vom 14.04.1994; Aktenzeichen 23 Ca 220/93) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 14. April 1994 – 23 Ca 220/93 – wie folgt abgeändert:
- Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger DM 14.874,08 brutto zu zahlen.
- Es wird festgestellt, daß der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger Vergütung nach Vergütungsgruppe IV a der Anlage 1 a Teil II Abschnitt G. zum BAT zu zahlen.
- Es wird festgestellt, daß der Beklagte verpflichtet ist, die sich aus dem Antrag zu 2. ergebende Vergütungsdifferenz mit 4 % p.a. ab jeweiliger Fälligkeit zu verzinsen.
Hinsichtlich des weitergehenden Zinsanspruchs wird die Klage abgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über Zahlung von Differenzvergütung für die Vergangenheit, insbesondere aber darüber, ob sich die Tätigkeit des Klägers durch besondere Schwierigkeit und ihre Bedeutung aus der Vergütungsgruppe IV b BAT heraushebt.
Der Beklagte befaßt sich mit der Umsetzung der Ziele der Sozialpsychiatrie und fungiert zugleich als Trägerverein für Einrichtungen der Psychiatrie. Insoweit tritt er auch als Arbeitgeber auf. In dieser Eigenschaft betreibt der Beklagte in … das sog. Wohnhaus … Es verfügt über 20 Wohnheimplätze, die seit Errichtung des Wohnhauses 1983 durchgehend belegt sind, und zwar mit psychisch kranken Frauen und Männern, die fast ausnahmslos vorher in der Psychiatrischen Abteilung des Allgemeinen Krankenhauses … stationär behandelt wurden. Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer beträgt etwa drei Jahre. Einige Bewohner/Bewohnerinnen leben dort jedoch dauerhaft, wodurch sich der Charakter als Übergangsheim entsprechend gewandelt hat. Die Bewohner/Bewohnerinnen sind in Einzelzimmern untergebracht. Für die sozialpsychiatrische Behandlung existieren individuell erstellte Behandlungspläne. Die Therapie erfolgt durch Sozialarbeiter/Sozialpädagogen, Psychologen und Krankenpfleger.
Der 1960 geborene Kläger ist staatlich anerkannter Sozialpädagoge. Er ist seit Oktober 1990 im Wohnhaus … beschäftigt. Angestellt vom Beklagten wurde er jedoch bereits durch Arbeitsvertrag vom 5. Juni 1989 (Abl. Bl. 7 – 8 d.A.) zum 15. Juni 1989.
Hinsichtlich des therapeutischen Konzepts, das der Rehabilitation im Wohnhaus … zugrunde liegt, wird auf Bl. 15-18 d.A. verwiesen. Der Inhalt des mit den Bewohnern/Bewohnerinnen abgeschlossenen Rehabilitationsvertrags ergibt sich aus Bl. 162-164 d.A.
Der Kläger, der bereits während seines Studiums den Schwerpunkt auf den Bereich Sozialpsychiatrie gelegt hatte, beantragte beim Beklagten mit Schreiben vom 27. Dezember 1991 und sodann vom 23. April 1992 seine Höhergruppierung in die Vergütungsgruppe IV a der Anlage 1 a Teil II Abschnitt G. zum BAT. Im April 1993 lehnte der Beklagte den Antrag unter Hinweis auf das Ergebnis einer Überprüfung durch die Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales (BAGS) der Freien und Hansestadt Hamburg ab. Auf das Schreiben des Beklagten vom 19. April 1993 und auf die Stellungnahme der BAGS vom 22. Februar 1993 (Bl. 11 und Bl. 12-13 d.A.) wird verwiesen.
Mit seiner im Dezember 1993 eingereichten Klage begehrt der Kläger für die Vergangenheit (Zeitraum vom 01.01.1991 bis 31.12.1993) Zahlung der Vergütung in Höhe der jeweiligen Unterschiedsbeträge zwischen Vergütungsgruppe IV b und Vergütungsgru...