Entscheidungsstichwort (Thema)
Auskunftspflicht der Arbeitgeberin gegenüber Dritten zur Art und Weise der Beschäftigung des Arbeitnehmers. Unbegründete Klage eines Rechtsschutzsekretärs auf Erteilung einer Tätigkeitsbescheinigung zum Zwecke der Zulassung als Syndikusrechtsanwalt bei fehlender fachlichen Unabhängigkeit
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Arbeitgeber kann aufgrund arbeitsvertraglicher Nebenpflicht verpflichtet sein, zugunsten eines bei ihm beschäftigten Arbeitnehmers gegenüber Dritten bestimmte Tatsachen zu bestätigen oder damit verbundene rechtliche Bewertungen abzugeben, um den Arbeitnehmer in die Lage zu versetzen, bestimmte Ansprüche gegenüber diesen Dritten zu verfolgen.
2. Dies gilt etwa für die erforderliche Mitwirkung des Arbeitgebers bei der Bestätigung von Tatsachen, die es einem bei ihm als Rechtsschutzsekretär beschäftigten Arbeitnehmer ermöglicht, bei der zuständigen Rechtsanwaltskammer die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft als Syndikusrechtsanwalt gemäß § 46a Abs. 1 BRAO zu beantragen, insbesondere zugunsten des Arbeitnehmers gegenüber der Rechtsanwaltskammer zu bescheinigen, dass und aufgrund welcher Tätigkeiten der Arbeitnehmer fachlich unabhängig und eigenverantwortlich für seinen Arbeitgeber anwaltlich tätig ist, soweit dies den tatsächlichen und rechtlichen Gegebenheiten entspricht.
Normenkette
BRAO § 46a; BGB § 241 Abs. 2; GewO § 106; BRAO § 46 Abs. 2-3, 4 Sätze 1-2, § 46a Abs. 1; BGB § 611 Abs. 1; ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2, § 894 S. 1
Verfahrensgang
ArbG Hamburg (Entscheidung vom 21.12.2016; Aktenzeichen 15 Ca 260/16) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 21. Dezember 2016 - 15 Ca 260/16 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Vor dem Hintergrund der vom Kläger beabsichtigten Zulassung als Syndikusrechtsanwalt streiten die Parteien über die Pflicht der Beklagten, dem Kläger eine bestimmte Tätigkeitsbeschreibung zu erteilen und eine Ergänzungsabrede zum Arbeitsvertrag hinsichtlich der fachlichen Unabhängigkeit des Klägers zu vereinbaren.
Der am ... 1966 geborene Kläger war zunächst vom 15. Januar 1997 bis 31. August 2001 als angestellter Rechtsanwalt bei einem anderen Arbeitgeber tätig. Seit dem 01. Februar 1997 ist er von der zuständigen Rechtsanwaltskammer als Rechtsanwalt zugelassen. Für diese Tätigkeit wurde er auf seinen Antrag von der Rentenversicherungspflicht befreit und ist Mitglied der zuständigen Rechtsanwaltsversorgung.
Seit dem 03. Dezember 2001 ist der Kläger bei der Beklagten als Rechtsschutzsekretär in Vollzeit zu einer monatlichen Vergütung von zuletzt 4.822,00 € brutto beschäftigt (Anstellungsvertrag vom 12. Januar 2004, Anlage B 1 - Bl. 96 d.A.). Die Beklagte war mit dem Weiterbestehen der Anwaltszulassung des Klägers einverstanden und erteilte ihm hierfür eine Nebentätigkeitsgenehmigung. Sie war auch über die Mitgliedschaft des Klägers in der Rechtsanwaltsversorgung informiert und überwies den Arbeitgeberanteil zur Rentenversicherung an den Kläger.
Mit Wirkung vom 01. Januar 2015 meldete die Beklagte den Kläger bei der Deutschen Rentenversicherung an, nachdem sich die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Befreiung von der Rentenversicherungspflicht geändert hatte (BSG, Urteile vom 03. April 2014 - B 5 RE 13/14 R, B 5 RE 9/14 R, B 5 RE 3/14 R -). Seitdem zahlt die Beklagte die Rentenversicherungsbeiträge des Klägers in die Deutsche Rentenversicherung ein. Zusätzlich zahlt der Kläger weiterhin seinen Beitrag für die Mitgliedschaft in der Rechtsanwaltsversorgung von monatlich 113,24 €.
Mit Wirkung vom 01. Januar 2016 änderte das Gesetz zur Neuordnung des Rechts der Syndikusanwälte und zur Änderung der Finanzgerichtsordnung vom 21. Dezember 2015 (BGBl I 2015, S. 2517) das Berufsrecht der Syndikusrechtsanwälte und ermöglichte es ihnen, sich auf Antrag von der Rentenversicherungspflicht in der Deutschen Rentenversicherung befreien zu lassen.
Am 10. Januar 2017 traf die Beklagte die unternehmerische Entscheidung, grundsätzlich keine Zulassungen der Rechtsschutzsekretäre zum Syndikusrechtsanwalt zu unterstützen (Anlage B 2 - Bl. 170 d.A.).
Der Kläger hat vorgetragen, bei seiner Tätigkeit als Rechtsschutzsekretär erfülle er sämtliche Voraussetzungen eines Syndikusrechtsanwalts, sodass die Beklagte ihm aus arbeitsvertraglicher Nebenpflicht (§ 241 Abs. 2 BGB) eine entsprechende Tätigkeitsbeschreibung zu erteilen und mit ihm eine Ergänzungsabrede zum Arbeitsvertrag hinsichtlich seiner fachlichen Unabhängigkeit zu schließen habe. Darüber hinaus stütze er sein Begehren auch auf einen Auskunftsanspruch aus § 242 BGB sowie auf die Verpflichtungen des Arbeitgebers aus dem Nachweisgesetz. Die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt habe auf seine Berufsbezeichnung als Rechtsschutzsekretär keine Auswirkungen. Dass die Prüfung der Zulassungsvoraussetzungen der Rechtsanwaltskammer vorbehalten sei, führe nicht...