Entscheidungsstichwort (Thema)
Zerschlagung einer strukturierten Betriebseinheit und Zuordnung des Arbeitsverhältnisses zu einer anderen Einheit im Rahmen einer Betriebs- und Unternehmensspaltung. Unbegründete Feststellungsklage auf Fortbestand des Arbeitsverhältnisses bei unzureichenden Darlegungen eines Betriebsübergangs
Leitsatz (amtlich)
Bei der Aufspaltung eines Unternehmens nach dem Umwandlungsgesetz ist der Arbeitgeber nicht gezwungen, sich an Betriebsteilen i.S.v. § 613 a I BGB zu orientieren. Eine andere Aufteilung, z.B. Geschäftsprozessen, kann zulässig sein.
Normenkette
BGB § 613a Abs. 1; UmwG § 323 Abs. 2, § 324
Verfahrensgang
ArbG Hamburg (Entscheidung vom 19.11.2015; Aktenzeichen 5 Ca 233/15) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 19. November 2015 - 5 Ca 233/15 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung hat die Klägerin zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten im Zusammenhang mit einer Betriebs- und Unternehmensspaltung über das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses und Weiterbeschäftigung.
Die am ... 1971 geborene Klägerin war seit dem 14. Juni 1991 bei Rechtsvorgängern und zuletzt bei der in N. ansässigen L1 GmbH (AG Kiel - HRB ... KI -, Anlage K 6 - Bl. 66 d.A.), künftig: "L1 GmbH", zumindest bis 31. Oktober 2014 dem Team "H." zugeordnet und dort als Sachbearbeiterin "Interline Match Errors" der Jobgruppe "A. 2" mit einer monatlichen Vergütung von 4.300,00 € brutto beschäftigt. Die zuletzt von der Klägerin ausgeführten Tätigkeiten beschreibt das Zwischenzeugnis vom 03. Juni 2013 (Anlage K 2 - Bl. 31 d.A.).
Die L1 GmbH war auf Verfahren und Prozesse zur systematischen Analyse von Daten in elektronischer Form im Bereich der Abrechnungen im Luftverkehr spezialisiert. Hierzu bot sie Produkte und Lösungen im Bereich Revenue Accounting an und vermarktete diese. Zuletzt waren bei ihr etwa 300 Arbeitnehmer beschäftigt. Hauptauftraggeberin der L1 GmbH war ihre Muttergesellschaft, die L. AG.
Die L. AG beschloss zur Restrukturierung und Kostensenkung das konzernweite Programm "S.". Teil dieses Restrukturierungsprogramms ist auch das Projekt "G." ("..."). Inhalt dieses Projekts ist auch die Verteilung der bislang von der L1 GmbH ausgeführten Aufträge an Dritte, konzernangehörige und konzernfremde Gesellschaften im Ausland sowie an eine konzernangehörige Gesellschaft im Inland. Da damit keine Aufträge mehr bei der L1 GmbH verblieben, wurde außerdem die Spaltung der L1 GmbH in zwei Gesellschaften, die "L1 neu" sowie die "L2 Hamburg" beschlossen. Die Zuweisung der Aufgaben sollte danach vorgenommen werden, welche Aufgaben in Deutschland verbleiben oder ins Ausland migriert werden. Diejenigen Aufträge und Prozesse, die weiterhin in Deutschland ausgeführt werden sollten, wurden der L2 Hamburg zugeschrieben, der heutigen Beklagten. Die nicht der Beklagten zugeschriebenen Prozesse sollten der "L1 neu" zugeordnet werden. Hierbei handelt es sich um solche Aufgaben, die ins Ausland vergeben werden sollten. Die "L1 neu" wurde am 27. Mai 2015 als L3 N. GmbH, künftig "L3 GmbH", ins Handelsregister eingetragen (AG Kiel - HRB ... KI -, Anlage B 5 - Bl. 141 d.A.).
Am 08. Oktober 2013 schlossen die Betriebsparteien der L1 GmbH in Umsetzung des Restrukturierungsprogramms einen Interessenausgleich mit Namensliste.
Mit Schreiben vom 21. Oktober 2013 (Anlage K 4 - Bl. 49 d.A.) informierte die L1 GmbH die Klägerin über die bevorstehende Betriebsänderung und teilte ihr mit, dass sie der "L1 neu'" zugeordnet worden sei.
Am 06. März 2014 schlossen die Betriebsparteien der L1 GmbH einen weiteren, gegenüber dem Interessenausgleich vom 08. Oktober 2013 weitgehend inhaltsgleichen Interessenausgleich mit fest verbundener Namensliste. Darin heißt es (Anlage K 3 - Bl. 33 d.A.):
"B. Gegenstand der Betriebsänderung
(1) Im Zuge der Aufspaltung des Unternehmens L1 wird auch der Betrieb N. gespalten und die dort beschäftigten Mitarbeiter auf die "L1 neu" und "L2 Hamburg" aufgeteilt. Die Spaltung des Betriebes wird mit Wirkung zum 01.01.2015 durchgeführt.
(2) Die "L2 Hamburg" wird ihren Betrieb in Hamburg, voraussichtlich auf der L. Basis Hamburg, aufnehmen und dort die sich aus der Anlage 1 ergebenden Bereiche bis zum 31.12.2018 fortführen.
(3) Die "L1 neu" wird am Standort N. ihren Betrieb aufnehmen. Dieser Betrieb wird bis zum 31.12.2019 aufrechterhalten. Zum 31.12.2019 wird der Betrieb vollständig geschlossen, es sei denn, es befinden sich zu einem früheren Zeitpunkt keine Mitarbeiter mehr in einem Beschäftigungsverhältnis mit der "L1 neu".
...
C. Durchführung
(1) Beginnend spätestens mit dem 01.01.2014 werden bis längstens 31.12.2014 die bisher von der L1 durchgeführten Arbeiten entsprechend dem Shoring-Konzept verlagert. Ein zwischen den Betriebsparteien abgestimmter Zeitplan ist als Anlage 2 beigefügt. ...
(2) ...
(3) Mit rechtlicher Wirkung zum 01.01.2015 wird in Folge eines Spaltungsvertrages und eines Spaltungsplanes die L1 GmbH aufgespalten. Die Spaltung der L1 GmbH wird ...