Entscheidungsstichwort (Thema)
Zustimmungsersetzungsverfahren. Einstellung eines Arbeitnehmers. ehemaliger Geschäftsführer als Arbeitnehmer. Streitgegenstand eines Zustimmungsersetzungsverfahrens. befristete und unbefristete Einstellung. rforderlichkeit einer neuen Zustimmung bei Umwandlung eines befristeten in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis. Nachholung gerügter Informationen im Zustimmungsersetzungsverfahren. Rechtsschutzbedürfnis
Leitsatz (redaktionell)
1. Das von Amts wegen zu prüfende Rechtsschutzinteresse der Arbeitgeberin ist im Verlauf des Verfahrens entfallen, wenn die Arbeitgeberin – auch im Beschwerdeverfahren – nur die Zustimmungsersetzung für einen in der Vergangenheit liegenden Zeitraum begehrt. Entfällt das Rechtsschutzinteresse nachträglich und hält der Antragsteller eines arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahrens seinen Antrag gleichwohl aufrecht, so ist dieser als unzulässig abzuweisen.
2. Der Arbeitgeber kann den Betriebsrat ggf. mehrmals hintereinander um Zustimmung zu einer personellen Maßnahme betreffend denselben Arbeitnehmer ersuchen. Er kann dementsprechend auch mehrere Zustimmungsersetzungsverfahren – nacheinander oder auch zeitlich parallel – bei Gericht anhängig machen. Diese haben trotz des gleichen Rechtsschutzziels und prozessual unterschiedliche Gegenstände.
3. Die Weiterbeschäftigung eines Arbeitnehmers über das Ende eines befristeten Arbeitsverhältnisses hinaus ist eine erneute Einstellung i.S.v. § 99 Abs. 1 S. 1 BetrVG.
Normenkette
BetrVG § 99 Abs. 1-2, 4, § 100
Verfahrensgang
ArbG Herford (Beschluss vom 08.04.2010; Aktenzeichen 3 BV 26/09) |
Tenor
Die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Herford vom 08.04.2010 – 3 BV 26/09 – wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
A
Die Beteiligten streiten um die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zu einer Einstellung von Herrn J1 O1 im Betrieb der Arbeitgeberin sowie um die vorläufige Durchführung dieser Maßnahme.
Die Arbeitgeberin gehört zur Zulieferindustrie für die Küchenmöbelherstellung und beschäftigt in ihrem Betrieb ca. 130 Mitarbeiter. In ihrem Betrieb ist ein siebenköpfiger Betriebsrat gebildet.
Der am 31.05.1943 geborene J1 O1 war über 40 Jahre lang Geschäftsführer der Arbeitgeberin. Während dieser Zeit baute er unter anderem den Bereich Controlling bei der Arbeitgeberin auf.
Während der Geschäftsführung von Herrn J1 O1 kam es in der Vergangenheit zu zahlreichen Streitigkeiten mit dem Betriebsrat, die auch zu zahlreichen Beschlussverfahren führten. Im Zusammenhang mit einer vom Betriebsrat einberufenen Betriebsversammlung wurde der Arbeitgeberin durch Beschluss des Arbeitsgerichts Herford vom 31.03.2006 – 1 BVGa 5/06 – aufgegeben, es zu unterlassen, eine Mitarbeiterversammlung durchzuführen.
Zum 31.05.2008 schied der Geschäftsführer J1 O1 mit 65 Jahren als Geschäftsführer bei der Arbeitgeberin aus. Einer der jetzigen Geschäftsführer der Arbeitgeberin ist der Sohn von Herrn J1 O1, Herr J2 O1, der inzwischen auch alleiniger Gesellschafter der Komplementär-GmbH der Arbeitgeberin ist. Der neue Geschäftsführer, Herr J2 O1, lebt mit dem ausgeschiedenen Geschäftsführer, Herrn J1 O1, nicht in häuslicher Gemeinschaft.
Herr J1 O1 blieb aber über die Vollendung seines 65. Lebensjahres hinaus Geschäftsführer der Firma A1 sowie weiterer Firmen, die am selben Standort wie die Arbeitgeberin ansässig sind. Durch Gesellschaftsvertrag vom 17.11.2010 (Bl. 270 d. A.) gründete er gemeinsam mit seinem Sohn J2 O1 die Firma T1 GmbH in L1, die nach Auffassung des Betriebsrats in weiten Teilen in Konkurrenz zur Arbeitgeberin steht.
Anlässlich seines Ausscheidens aus der Geschäftsführung der Arbeitgeberin lud Herr J1 O1 zu einer Betriebsfeier ein. Sämtliche Mitglieder des Betriebsrats wurden durch Aushang am Schwarzen Brett (Bl. 6 d. A. 1 BV 21/08 Arbeitsgericht Herford) ausdrücklich ausgeladen. Hierüber verhält sich das beim Arbeitsgericht Herford eingeleitete Beschlussverfahren 1 BV 21/08 = 10 TaBV 183/08 Landesarbeitsgericht Hamm, das sich nach Durchführung eines Mediationsverfahrens durch außergerichtlichen Vergleich erledigt hat.
Ob Herr J1 O1 darüber hinaus in der Vergangenheit sowohl die Wahl wie auch die Arbeit des Betriebsrats behinderte, ist zwischen den Beteiligten streitig.
Seit dem Ausscheiden von Herrn J1 O1 aus der Geschäftsführung der Arbeitgeberin arbeiten im Bereich Controlling im Wesentlichen die Mitarbeiter L2 und W2. Im Sommer 2008 entschied die Arbeitgeberin im Zusammenhang mit dem Erwerb eines neuen Programms im Bereich des Controlling-Systems, einen zusätzlichen Mitarbeiter im Bereich Controlling einzustellen. Auf die Ausschreibung (Bl. 186 d. A.) bewarb sich Herr J1 O1. Die Arbeitgeberin bat den Betriebsrat mit Schreiben vom 21.07.2008 (Bl. 79 d. A.) um Zustimmung zur Einstellung von Herrn J1 O1. Im Schreiben vom 23.07.2008 war in der Zeile „vorgesehene Eingruppierung” handschriftlich eingefügt: „geringfügige Beschäftigung max. 400,– EUR/Mon”. Nachdem der Betriebsrat de...