Entscheidungsstichwort (Thema)
Erforderlichkeit eines neuen Antrags nach der auf den ursprünglich gestellten Antrag hin erfolgten Bewilligung von Prozesskostenhilfe im Falle des nachfolgenden Abschlusses eines Mehrvergleichs
Leitsatz (amtlich)
Zwar ist nach der auf den ursprünglich gestellten Antrag hin erfolgten Bewilligung von Prozesskostenhilfe im Falle des nachfolgenden Abschlusses eines Mehrvergleichs ein neuer Antrag erforderlich. Dieser kann aber von der Partei, der Prozesskostenhilfe bewilligt wurde, auch konkludent gestellt werden. Ein solcher konkludenter Antrag kann regelmäßig den Erklärungen der Partei im Rahmen des Vergleichsschlusses nach § 278 Abs. 6 ZPO im Wege der Auslegung entnommen werden.
Normenkette
ZPO §§ 114, 117, 278 Abs. 6
Verfahrensgang
ArbG Iserlohn (Entscheidung vom 23.11.2023; Aktenzeichen 5 Ca 1058-23) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Iserlohn vom 23. November 2023 (5 Ca 1058/23) abgeändert.
Dem Kläger wird Prozesskostenhilfe auch für den Mehrvergleich vom 14. November 2023 unter Beiordnung von Rechtsanwalt A mit der Maßgabe bewilligt, dass monatlich Raten in Höhe von 272,00 € zu leisten sind.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Der Kläger erhob unter dem 28. August 2023 eine Kündigungsschutzklage gegen eine ordentliche Kündigung vom 28. August 2023 zum 30. November 2023, beantragte seine Weiterbeschäftigung sowie die Bewilligung von Prozesskostenhilfe. Mit Beschluss vom 6. Oktober 2023 bewilligte das Arbeitsgericht Prozesskostenhilfe für den Kündigungsschutzantrag mit der Maßgabe, dass der Kläger monatliche Raten in Höhe von 272,00 € zu leisten hat. Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den Weiterbeschäftigungsantrag wies das Arbeitsgericht zurück mit der Begründung, dass der unbedingt gestellte Weiterbeschäftigungsantrag mutwillig sei. Dagegen wehrte der Kläger sich nicht.
Zu dem auf den 16. Oktober 2023 anberaumten Gütetermin erschien für die Parteien niemand, da sich die Parteien in außergerichtlichen Vergleichsverhandlungen befanden. Mit Schriftsatz vom 6. November 2023 teilte die Beklagte mit, dass die Parteien "eine vergleichsweise Einigung erreichen konnten" und bat um Beschlussfassung nach § 278 Abs. 6 ZPO. In dem Vergleich war neben der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 30. November 2023, der bezahlten Freistellung bis zur Beendigung unter Verrechnung mit Urlaub- und Freizeitausgleichsansprüchen, der Zahlung einer Inflationsausgleichsprämie und einer Abfindung auch die Erteilung eines qualifizierten Zwischen- und Endzeugnisses mit der Note "gut" vereinbart. Zu dem daraufhin unterbreiteten gerichtlichen Vergleichsvorschlag vom 7. November 2023 erklärten die Beklagte mit Schriftsatz vom 8. November 2023 und der Kläger mit Schriftsatz vom 13. November 2023 ihre Zustimmung. Daraufhin stellte das Arbeitsgericht durch Beschluss vom 14. November 2023 den vorgenannten Vergleich fest.
Mit Schreiben vom 14. November 2023 teilte das Arbeitsgericht außerdem mit, dass es als Streitwert für das Verfahren das Vierteljahreseinkommen des Klägers zzgl. eines weiteren Bruttomonatseinkommens für den Weiterbeschäftigungsantrag und für den Vergleich zusätzlich ein weiteres Monatseinkommen für die Erteilung des inhaltlich geregelten qualifizierten Zwischen-und Endzeugnisses für angemessen halte. Auf der Grundlage dieser mitgeteilten Werte beantragte der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Festsetzung von Gebühren und Auslagen. Mit Schreiben vom 20. November 2023 teilte ihm das Arbeitsgericht mit, dass sich mit Beschluss vom 6. Oktober 2023 bewilligte Prozesskostenhilfe nicht auf den Mehrvergleich erstrecke. Mit Schriftsatz vom 22. November 2023 beantragte der Kläger ausdrücklich, Prozesskostenhilfe auch für den Mehrwert des Vergleichs zu bewilligen.
Durch den hier angefochtenen Beschluss vom 23. November 2023 wies das Arbeitsgericht diesen Antrag zurück. Der dagegen gerichteten sofortigen Beschwerde vom 29. November 2023 - die der Kläger damit begründete, dass der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe konkludent auch die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den Mehrvergleich beinhalte, jedenfalls aber das Gericht bei Unklarheiten gemäß § 139 ZPO hätte nachfragen müssen - hat das Arbeitsgericht nicht abgeholfen und hat diese dem Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Die gemäß § 46 Abs. 2 Satz 3, § 78 Satz 1 ZPO, § 127 Abs. 2 Satz 2 und 3, §§ 567 ff. ZPO zulässige sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts vom 23. November 2023 ist auch begründet. Dem Kläger war auch für den Mehrvergleich vom 14. November 2023 Prozesskostenhilfe zu bewilligen.
1. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts hat der Kläger vor der Feststellung des Vergleichs durch den Beschluss vom 14. November 2023 und damit vor Beendigung des Rechtsstreits die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt. Der Antrag war entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts nicht verspätet.
a) Nach der Rechtsprechu...