Entscheidungsstichwort (Thema)

Prozesskostenhilfeüberprüfungsverfahren gem. §§ 120 Abs. 4 S., Zustellung des Aufforderungsschreibens. zu den Voraussetzungen der Aufhebungsentscheidung im Prozesskostenhilfeüberprüfungsverfahren. Erfordernis der förmlichen Zustellung. Erklärung über die wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse

 

Leitsatz (amtlich)

Die Aufhebungsentscheidung im Prozesskostenhilfeüberprüfungsverfahren gem. § 124 Ziff. 2 ZPO setzt die förmliche Zustellung des Aufforderungsschreibens gem. § 120Abs. 4 S. 2 ZPO, sich über eine Änderung der maßgeblichen wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse zu erklären, voraus.

 

Normenkette

ZPO §§ 124, 120, 172 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Detmold (Aktenzeichen 2 Ca 881/11)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Klägers vom 29.05.2013 wird der Prozesskostenhilfe-Aufhebungsbeschluss des Arbeitsgerichts Detmold vom 24.04.2013 - 2 Ca 881/11 - aufgehoben.

 

Gründe

I. Dem Kläger war zunächst für ein Auskunfts- und Zahlungsverfahren mit Beschluss vom 10.08.2011 Prozesskostenhilfe ohne Anordnung einer Ratenzahlung bewilligt worden.

Im September 2012 wurde der Kläger aufgefordert, sich im Rahmen der Überprüfung gem. § 120 Abs. 4 ZPO über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zu erklären. Dieses formlos übersandte Schreiben wurde als unzustellbar zurückgesandt; eine Einwohnermeldeamtsanfrage ergab, dass der Kläger verzogen war. Mit weiterem formlos übersandten Schreiben an die neue Adresse des Klägers vom 29.01.2013 wurde der Kläger aufgefordert, eine erneute Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse abzugeben und hierfür eine Frist gesetzt bis zum 15.02.2013. Dieses Schreiben wurde nicht zurückgesandt. Nachdem eine Stellungnahme nicht einging, wurde mit Beschluss vom 24.04.2013 die bewilligte Prozesskostenhilfe aufgehoben gem. § 124 Nr. 2 ZPO wegen unzureichender Mitwirkung bei der Prüfung der Einkommensverhältnisse.

Gegen diesen seiner Prozessbevollmächtigten am 29.04.2013 zugestellten Beschluss legte der Kläger vertreten durch seine Prozessbevollmächtigte mit Schriftsatz vom 29.05.2013, bei Gericht eingegangen am selben Tag, sofortige Beschwerde ein. Er führte aus, ein Aufforderungsschreiben sei ihm auch unter der neuen Adresse nicht zugegangen. Zudem vertrete die Prozessbevollmächtigte den Kläger auch im Überprüfungsverfahren, so dass auch Aufforderungsschreiben an sie hätte übersandt werden müssen.

Mit Nichtabhilfebeschluss vom 31.05.2013 legte das Arbeitsgericht den Sachverhalt der Beschwerdekammer vor. Es begründete die Nichtabhilfe damit, dass nach der Rechtsprechung des BAG und des BGH lediglich der Aufhebungsbeschluss an den Prozessbevollmächtigten zugestellt werden müsse.

II. Die sofortige Beschwerde ist nach den §§ 11 Abs. 1 RPflG, 78 Satz 1 ArbGG, 127 Abs. 2 Satz 2 und 3, 567 ff ZPO zulässig. Die einmonatige Notfrist gem. § 127 Abs. 2 Satz 3 ZPO ist gewahrt.

In der Sache ist die sofortige Beschwerde auch begründet, da der Kläger nicht wirksam zur Erklärung darüber aufgefordert worden ist, ob eine Änderung seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse eingetreten ist. ( § 120 Abs. 4 S. 2 ZPO) Da eine wirksame Aufforderung unter Fristsetzung nicht erfolgt ist, kommt eine Aufhebung gem. § 124 Ziff. 2 ZPO nicht in Betracht.

1. Nach § 120 Abs. 4 Satz 1 ZPO kann das Gericht die Entscheidung der zu leistenden Zahlungen im Prozesskostenhilfe-Verfahren ändern, wenn sich die für die Prozesskostenhilfe maßgeblichen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich geändert haben. Zu diesem Zweck ist das Gericht berechtigt, entsprechende Erklärungen von der Partei einzuholen. Diese ist zur Abgabe derartiger Erklärungen bis zum Ablauf von vier Jahren nach Beendigung des Verfahrens verpflichtet.

In der obergerichtlichen Rechtsprechung herrscht Einigkeit, dass auch im Prozesskostenhilfeüberprüfungsverfahren Zustellungen an den Prozessbevollmächtigten der Partei zu erfolgen haben, da dieses eng mit dem Hauptsacheverfahren verbunden ist und deshalb in den Anwendungsbereich des § 172 ZPO fällt. Weiterhin besteht insoweit Einigkeit, als das Prozesskostenhilfeüberprüfungsverfahren auch über den formellen Abschluss des Hauptsacheverfahrens hinaus als zur Instanz gehörendes Verfahren angesehen wird (siehe hierzu ausführlich BGH Beschl. v. 08.12.2010, XII ZB 38/09, MDR 2011, 183 unter Darstellung der gegensätzlichen Meinungen; so auch im Anschluss BGH Beschl. v. 08.09.2011, VII ZB 63/10, MDR 2011, 1314; so bereits vorher BAG Beschl. v. 19.07.2006, 3 AZB 18/06, - [...] -). Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Prozessbevollmächtigte die Partei auch im Prozesskostenhilfebewilligungsverfahren vertreten hat. Dieser Rechtsprechung schließt sich die Kammer ausdrücklich an, sie entspricht auch seit der Entscheidung des BAG aus 2006 bezüglich der Zustellung der Beschlüsse der Handhabung im Bezirk.

Diese Voraussetzungen sind vorliegend auch gegeben, da der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe von der Prozessbevollmächtigten des Klägers...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge