Entscheidungsstichwort (Thema)

Anrechnung. Aufteilung. Bewohner. Einkommen. Freibetrag. Heizkosten. Miete. Nebenkosten. Nettoeinkommen. Prozesskostenhilfe. unterhaltsberechtigte Person. Unterkunftskosten

 

Leitsatz (amtlich)

1. Im Rahmen der Prozesskostenhilfe kann jeder Elternteil den Unterhaltsfreibetrag für Kinder nach § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 b ZPO in vollem Umfang in Anspruch nehmen.

2. Das gemäß § 115 Abs. 1 Satz 7 ZPO auf die Unterhaltsfreibeträge nach § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 ZPO anzurechnende Einkommen unterhaltsberechtigter Personen ist grundsätzlich wie das Einkommen der antragstellenden Partei selbst nach § 115 ZPO zu berechnen.

3. Dies gilt jedoch nicht für den Freibetrag zugunsten des gemeinsamen unterhaltsberechtigten Kindes gemäß § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 b ZPO. Dieser kann nicht abgesetzt werden, weil er schon bei der antragstellenden Partei vom Einkommen abgezogen wurde.

4. Unterkunftskosten im Sinne des § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 ZPO sind unter mehreren Bewohnern, die über eigenes Einkommen verfügen, aufzuteilen.

5. Die Aufteilung erfolgt nach dem Verhältnis der „unbereinigten” Nettoeinkommen der Bewohner, d. h. ohne den Abzug von Erwerbstätigenfreibetrag, Werbungskosten, Unterhaltsfreibeträgen und sonstigen persönlichen besonderen Belastungen der Beteiligten im Sinne des § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 b bis 4 ZPO. Eine Aufteilung nach Kopfteilen findet nur im Ausnahmefall statt. Vereinbarungen zur Zahlung der Miete oder die durch die einzelnen Mitbewohner genutzte Fläche sind unerheblich

 

Normenkette

ZPO §§ 115, 115 Abs. 1 S. 3 Nrn. 2a, 2b, 3, S. 7

 

Verfahrensgang

ArbG Dortmund (Beschluss vom 08.07.2011; Aktenzeichen 8 Ca 1468/11)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Dortmund vom 8. Juli 2011 (8 Ca 1468/11) wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen

 

Gründe

Die gemäß § 46 Abs. 2 Satz 3, § 78 Satz 1 ArbGG, § 127 Abs. 2 Satz 2 und 3, §§567 ff. ZPO zulässige sofortige Beschwerde des Klägers ist unbegründet. Der Kläger hat die vom Arbeitsgericht zutreffend festgesetzten monatlichen Raten von 135,00 Euro zu zahlen. Eine weitergehende Herabsetzung war aufgrund des vom Kläger einzusetzenden Einkommens in Höhe von 371,00 Euro nicht möglich.

Wegen der Einzelheiten zur Berechnung des vom Kläger einzusetzenden Einkommens wird zunächst auf die in der Anlage beigefügte Berechnung Bezug genommen. Hierzu ist ergänzend Folgendes auszuführen:

1. Als Einkommen des Klägers ist zunächst entgegen der Zwischenverfügung des Beschwerdegerichts vom 30. Dezember 2011 das vom Arbeitsgericht zugrunde gelegte Arbeitseinkommen in Höhe von 1.491,72 Euro netto zu berücksichtigen. Denn in dem am 10. Mai 2011 abgeschlossenen Vergleich haben sich die Parteien des Rechtsstreits auf eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses über den Zeitpunkt des Zugangs der fristlosen Kündigung vom 22. März 2011 hinaus geeinigt, wobei sich die Beklagte ausweislich der Nr. 4 des Vergleichs zur Fortzahlung der Vergütung für die Zeit ab 24. März 2011 verpflichtete. Dies rechtfertigt es, das vom Arbeitsgericht nach den Angaben des Klägers zugrunde gelegte Nettoeinkommen für die Berechnung des einzusetzenden Einkommens heranzuziehen.

2. Darüber hinaus ist das Kindergeld in vollem Umfang und nicht im Verhältnis des Einkommens des Klägers (1.491,72 Euro) und seiner Ehefrau (832,63 Euro) hinzuzurechnen. Nach ständiger Rechtsprechung sind Kindergeldzahlungen nach § 1 BKGG nicht als Einkommen des Kindes, sondern der Eltern zu bewerten und grundsätzlich dem beziehenden Elternteil in voller Höhe zuzurechnen. Der tatsächliche Zufluss dieser Leistung ist maßgeblich (vgl. BGH, 26. Januar 2005, X ZB 234/03, NJW 2005, 2393; BVerwG, 17. Dezember 2003, 5 C 25/02, NJW 2004, 2541; LAG Düsseldorf, 23. März 2010, 3 Ta 163/10, juris; LAG Hamm, 22. Juli 2011, 14 Ta 80/11, n. v.).

Im vorliegenden Fall wird das Kindergeld auf das gemeinsame Konto der Eheleute gezahlt. Sowohl im Prozesskostenhilfeantrag des Klägers als auch dem seiner Ehefrau in dem Parallelverfahren 5 Ca 1515/11 haben beide angegeben, dass der Kläger das Kindergeld erhält. Daraus folgt, dass es tatsächlich an ihn gezahlt wird und seinem Einkommen hinzuzurechnen ist. Unter Berücksichtigung des Kindergeldes ergibt sich ein Gesamtnettoeinkommen von 1.675,72 Euro beim Kläger.

3. Die von diesem Einkommen abzusetzenden Beträge nach § 115 Abs. 1 Satz 3 ZPO betragen insgesamt 1.320,49 Euro.

a) Zunächst ist vom klägerischen Einkommen gemäß § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 b ZPO des Erwerbstätigen Freibetrags in Höhe von 187,00 Euro abzusetzen. Für die Beurteilung der Bedürftigkeit kommt es grundsätzlich auf den Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung an, so dass die zu diesem Zeitpunkt für § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 und 2 ZPO gültigen Freibeträge maßgeblich sind.

Darüber hinaus waren für Arbeitsmittel nach § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 a ZPO i. V. m. § 82 Abs. 2 SGB XII, § 3 Abs. 4 Nr. 1, Abs. 5 DVO zu § 82 SGB XII pauschal 5,20Euro vom Einkommen abzuziehen.

b) Des Weiteren ist neb...

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