Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen der Bestimmung des örtlich zuständigen Arbeitsgerichts durch das Landesarbeitsgericht im Streitgenossenprozess
Leitsatz (amtlich)
Wird das Landesarbeitsgericht nach den §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO ersucht, das örtlich zuständige Arbeitsgericht zu bestimmen, ist ihm der Rechtsstreit vollständig zur Zuständigkeitsbestimmung vorzulegen. Erfolgt die Vorlage nur hinsichtlich eines der beklagten Streitgenossen, ist das Ersuchen unzulässig.
Normenkette
ArbGG § 46 Abs. 2; ZPO § 36 Abs. 1 Nr. 6
Verfahrensgang
ArbG Wiesbaden (Entscheidung vom 26.10.2018; Aktenzeichen 10 Ca 262/18) |
Tenor
Das Ersuchen des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 26.10.2018 - 10 Ca 262/18 - um Bestimmung des örtlich zuständigen Arbeitsgerichts wird als unzulässig zurückgewiesen.
Gründe
I. In der Hauptsache streiten die Parteien um eine Urlaubsabgeltung in Höhe von 10.905,90 €, die die Klägerin als Erbin des am 19.02.2018 verstorbenen Arbeitnehmers E von der Beklagten zu 1) - der ehemaligen Arbeitgeberin des Erblassers - und der Beklagten zu 2) als Urlaubsausgleichskasse der Bauwirtschaft gesamtschuldnerisch einfordert.
Dem Landesarbeitsgericht liegt das Verfahren nach den §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 36 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 2 ZPO mit dem Ersuchen des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 26.10.2018 vor, das für die Beklagte zu 1) örtlich zuständige Arbeitsgericht zu bestimmen.
Die am 18.06.2018 bei dem Arbeitsgericht Bielefeld eingegangene Klage wurde beiden beklagten Parteien am 27.06.2018 zugestellt. Die Beklagte zu 1) unterhält ihren allgemeinen Gerichtsstand im Bezirk des Arbeitsgerichts Bielefeld. Für die Beklagte zu 2) ist nach den §§ 48 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG, § 8 Ziffer 16.1 des Bundesrahmentarifvertrages des Baugewerbe (BRTV) vom 04.07.2002 und § 23 Abs. 1 des Tarifvertrages über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (VZV) vom 03.05.2013 als Erfüllungsort und Gerichtsstand Wiesbaden bestimmt. Am 03.07.2018 hat die Beklagte zu 2) die örtliche Zuständigkeit des Arbeitsgerichts Bielefeld gerügt, das den Parteien daraufhin Gelegenheit zur Stellungnahme gab.
Die Klägerin hat sich zunächst auf den Standpunkt gestellt, der Erblasser habe seine Tätigkeiten überwiegend am Sitz der Beklagten zu 1) und damit im Gerichtsbezirk des Arbeitsgerichts Bielefeld erbracht. Da eine gesamtschuldnerische Haftung anzunehmen sei und die Beklagten als Streitgenossen verklagt seien, gehe sie nach wie vor von einer örtlichen Zuständigkeit des Arbeitsgerichts Bielefeld aus. Die Beklagte zu 1) hat die Ansicht der Beklagten zu 2) geteilt, wonach das Arbeitsgericht Bielefeld örtlich zuständig sei. Das Arbeitsgericht Bielefeld hat daraufhin erneut der Klägerin Gelegenheit gegeben, zur Frage der örtlichen Zuständigkeit vorzutragen. Es hat dazu ausgeführt, örtlich zuständig dürfte das Arbeitsgericht Wiesbaden sein. Die Klägerin hat daraufhin zuletzt Verweisung an das Arbeitsgericht Wiesbaden beantragt.
Das Arbeitsgericht Bielefeld hat sich sodann mit unanfechtbarem Beschluss vom 19.07.2018 für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Arbeitsgericht Wiesbaden verwiesen. Dazu hat es ausgeführt, das Arbeitsgericht Bielefeld sei örtlich unzuständig, weil weder der allgemeine noch ein besonderer Gerichtsstand gegeben sei. Die Beklagte sei nach den §§ 48 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG i. V. m. § 8 Nr. 16.1 BRTV in Wiesbaden zu verklagen.
Das Arbeitsgericht Wiesbaden hat sich nach dortigem Eingang des Verfahrens mit richterlicher Verfügung vom 21.08.2018 an die Parteien gewandt und ausgeführt, der Verweisungsbeschluss des Arbeitsgerichts Bielefeld sei offensichtlich gesetzeswidrig und entfalte daher keine Bindungswirkung. Das Arbeitsgericht Bielefeld habe sich nicht damit auseinandergesetzt, dass zwei Beklagte verklagt seien und hinsichtlich der Beklagten zu 1) der allgemeine Gerichtsstand in Bielefeld gegeben sei. Die Klägerin habe ihr Wahlrecht zwischen mehreren möglichen Gerichtsständen ausgeübt. Der Beschluss des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 19.07.2018 stelle sich dementsprechend als gehörverletzende Überraschungsentscheidung heraus. Der Beschluss des Arbeitsgerichts Bielefeld sei deshalb hinsichtlich der Beklagten zu 1) nicht bindend.
Mit Beschluss vom 26.10.2018 hat sich das Arbeitsgericht Wiesbaden sodann hinsichtlich der Beklagten zu 1) für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit dem Landesarbeitsgericht Hamm zur Bestimmung des für die Beklagte zu 1) örtlich zuständigen Gerichts vorgelegt.
Die Parteien erhielten im Bestimmungsverfahren Gelegenheit zu rechtlichem Gehör. Die Klägerin teilt nun die Rechtsauffassung des Arbeitsgerichts Wiesbaden und stellt sich auf den Standpunkt, als das zuständige Arbeitsgericht sei Bielefeld zu bestimmen.
II. Das Ersuchen des Arbeitsgerichts, das örtlich zuständige Arbeitsgericht durch Beschluss des Landesarbeitsgerichts nach den §§ 46 Abs. 2 S. 1 ArbGG, 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO bestimmen zu lassen, ist unzulässig.
1. Zutreffend ist es, legt das Arbeitsgericht Wiesbaden dem Landesarbeitsgericht Hamm das V...