Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen
Entscheidungsstichwort (Thema)
außerordentliche Änderungskündigung gegenüber einem Betriebsratsmitglied Abschaffung einer Führungsebene Zumutbarkeit der Änderung der Arbeitsbedingungen
Leitsatz (redaktionell)
1. Die unternehmerische Entscheidung eine Führungsebene im Betrieb abzuschaffen, ist an sich geeignet einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Änderungskündigung mit notwendiger Auslauffrist auch gegenüber einem Betriebsratsmitglied darzustellen.
2. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gebietet dem Arbeitgeber, dem Arbeitnehmer diejenige auch ihm zumutbare Änderung anzubieten, die den Gekündigten am wenigsten belastet (Anschluss an BAG Beschluss v. 17.03.2005 – 2 ABR 2/04).
Normenkette
KSchG § 15 Abs. 1, 4; BGB § 626; BetrVG § 103
Verfahrensgang
ArbG Gelsenkirchen (Beschluss vom 08.09.2004; Aktenzeichen 2 BV 16/04) |
Nachgehend
BAG (Entscheidung vom 28.02.2006; Aktenzeichen 2 ABN 1/06) |
Tenor
Die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Gelsenkirchen vom 08.09.2004 – 2 BV 16/04 – wird zurückgewiesen.
Tatbestand
A.
Die Beteiligten streiten um die Zustimmung zu einer außerordentlichen Änderungskündigung.
Die Arbeitgeberin unterhält an ihrem Standort in G1xxxxxxxxxxx einen Betrieb mit über 200 Mitarbeitern, in dem Aktenordner hergestellt sowie alle logistischen Leistungen des Unternehmens erbracht werden. Der im Betrieb der antragstellenden Arbeitgeberin gebildete Betriebsrat, der Beteiligte zu 2., besteht aus neun Personen.
Der am 15.01.16xx geborene Beteiligte zu 3., Herr G3xxx M3xxxxxxx, ist seit dem 01.07.1972 im Betrieb der Arbeitgeberin, zuletzt als Produktionsmeister im Angestelltenverhältnis, zu einem monatlichen Bruttoverdienst von zuletzt 2.775,00 EUR tätig. Er ist in die Gehaltsgruppe M 2 des einschlägigen Tarifvertrages eingruppiert. Neben dem Beteiligten zu 3. waren im Fertigungsbereich zwei weitere Produktionsmeister eingesetzt, die dem Produktionsleiter unterstellt waren.
Seit dem Jahre 2002 ist der Beteiligte zu 3. Mitglied des gewählten Betriebsrats.
Am 22.10.2003 schlossen die Arbeitgeberin und der Betriebsrat einen Interessenausgleich, der umfangreiche Personalanpassungen sowie strukturelle und organisatorische Veränderungen vorsieht und den Abbau von ca. 55 Arbeitsplätzen zur Folge hatte. Im Interessenausgleich vom 22.10.2003 (Bl. 5 ff.d.A. 2 BV 33/03 Arbeitsgericht Gelsenkirchen) war u.a. unter Ziff. 3.2 die Veränderung der gesamten Führungsstruktur des Produktionsbereichs vorgesehen, mit der Folge, dass die bisherige Führungsebene, die sich aus Vorarbeitern, Produktionsmeistern und Produktionsleiter zusammensetzte, aufgegeben und zukünftig durch sog. Maschinenverantwortliche und Fertigungsleiter ersetzt werden sollte. Die Ebene der Produktionsmeister entfiel vollständig.
Am 29.10.2003 schlossen die Beteiligten wegen der durchzuführenden Betriebsänderung auch einen Sozialplan ab.
Bereits im Vorfeld der Umstrukturierungsmaßnahmen wurde dem Beteiligten zu 3., der bereits im April 2002 in der Abteilung Qualitätssicherung eingesetzt worden war, eine zukünftige Tätigkeit in der Qualitätssicherung avisiert. Im Oktober 2003 wurde der Beteiligte zu 3. erneut auf eine Beschäftigung in der Qualitätssicherung angesprochen. Nachdem dem Beteiligten zu 3. bestätigt wurde, dass das ursprüngliche Angebot, in der Qualitätsabteilung eingesetzt zu werden, weiterhin Bestand habe, bat die Arbeitgeberin den Beteiligten zu 3. um eine Bestätigung der Bereitschaft, in der Qualitätssicherung zu arbeiten. Diese Bestätigung wurde vom Beteiligten zu 3. mit Schreiben vom 28.10.2003 (Bl. 176 d.A.) erteilt.
Den zwei weiteren neben dem Beteiligten zu 3. beschäftigten Produktionsmeistern wurde aus betriebsbedingten Gründen gekündigt.
Mit Schreiben vom 30.10.2003 (Bl. 70 d.A.) wurde dem Beteiligten zu 3. durch die Arbeitgeberin daraufhin ein vorläufiger Einsatz in der Qualitätssicherung ab dem 01.11.2003 angekündigt, da ein entsprechender Arbeitsplatz freigekündigt werden sollte. In der Qualitätssicherung waren zuletzt zwei Mitarbeiter mit einem monatlichen Bruttoeinkommen von 2.731,24 EUR beschäftigt; sie waren in die Tarifgruppe G 4 eingruppiert. Neben diesen Mitarbeitern war ein weiterer Mitarbeiter beschäftigt, der den Betrieb inzwischen verlassen hat.
In der Nachtschicht vom 29./30.10.2003 kam es – noch unter der Leitung des Beteiligten zu 3. in seiner alten Funktion als Produktionsmeister – zu einer Fehlproduktion von ca. 500 Ordnern; ein Kundenauftrag, der die Produktion von Ordnern ohne Kantenschutz vorsah, wurde dergestalt ausgeführt, dass 500 Ordner mit Kantenschutz gefertigt wurden. Ob der Beteiligte zu 3. persönlich für diese Fehlproduktion zur Verantwortung zu ziehen war, ist zwischen den Beteiligten streitig.
Noch in einem weiteren Schreiben vom 30.10.2003 (Bl. 71 d.A.) äußerte die Arbeitgeberin wegen der Fehlproduktion Bedenken dahingehend, dass der Beteiligte zu 3. den Anforderungen einer Beschäftigung in der Qualitätssicherung gerecht werden könne; a...