Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Unterlassungsanspruch. Betriebsrat. Wiederholungsgefahr

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Dem Betriebsrat steht bei Verletzung seines Mitbestimmungsrechts nach § 87 BetrVG ein eigenständiger, allgemeiner Unterlassungsanspruch zu (Anschluss an BAG, Beschluss vom 03.05.1994 – 1 ABR 24/93).

2. Die für den allgemeinen Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr ist insbesondere zu bejahen, wenn der Arbeitgeber sich in einem Vergleich verpflichtet hatte, die Beteiligungsrechte des Betriebsrats zu wahren und schon kurze Zeit nach Abschluss dieses Vergleiches weitere Verstöße stattfinden.

 

Normenkette

BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 3; BGB § 1004

 

Verfahrensgang

ArbG Paderborn (Beschluss vom 06.04.2005; Aktenzeichen 3 BV 47/04)

 

Tenor

Die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Paderborn vom 06.04.2005 – 3 BV 47/04 – wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor folgende Fassung erhält:

Die Arbeitgeberin wird unter Androhung eines Ordnungsgeldes von bis zu 10.000,00 EUR für jeden Fall der Zuwiderhandlung verpflichtet, es zu unterlassen, am Standort A1xxxxxxxxxxxxxx T1x-xx/Werk 06/Abteilung „IT A1xxxxxxxxxxxxxx Weltweit” Mehrarbeit anzuordnen oder deren Durchführung zu dulden, solange nicht die Zustimmung des Betriebsrats oder ein die Zustimmung ersetzender Beschluss der Einigungsstelle vorliegt, es sei denn, es liegt ein Notfall oder eine Arbeitskampfmaßnahme vor oder es handelt sich um unvorhersehbare, nicht planbare Zusatzstunden im Sinne der Betriebsvereinbarung vom 04.02.1998, die nachzumelden sind.

 

Tatbestand

A.

Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Unterlassungsanspruchs um die Wahrung des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrates vor der Ableistung von Mehrarbeit.

Im Unternehmen der Arbeitgeberin gilt eine Gesamtbetriebsvereinbarung Nr. 27 (Bl. 14 ff. d. Akten), in der unter anderem Gleitzeitspannen geregelt sind; danach ist das späteste Arbeitszeitende auf 17.45 Uhr festgelegt. Weiterhin kommt eine Betriebsvereinbarung vom 04.02.1998 (Bl. 21 f. d. Akten) zur Anwendung, wonach „unvorhersehbare, nicht planbare Zusatzstunden” jeweils bis zum Dienstag der Folgewoche dem Betriebsrat nachgemeldet werden müssen.

In einem vorangegangenen Beschlussverfahren vor dem Arbeitsgericht Paderborn (Aktenzeichen: 1 BV 11/04) stritten die Beteiligten um die Wahrung des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats bei der Anordnung von Überstunden. Am 27.05.2004 kam es zum Abschluss eines Vergleichs. Die Arbeitgeberin verpflichtete sich darin, zukünftig bei der Anordnung bzw. Duldung von Überstunden am Standort A1xxxxxxxxxxxxxx T1xxx, unter anderem Werk 06, die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats zu beachten.

Im Zeitraum ab 01.07. bis zum 31.08.2004 leisteten vier Mitarbeiter des Werkes 06, Abteilung „IT A1xxxxxxxxxxxxx W3xxxxxx”, ohne vorangegangene Zustimmung des Betriebsrates Mehrarbeit. In zahlreichen Fällen lag ihr Arbeitsende erheblich nach 17.45 Uhr, und es wurden teilweise 9 oder 10 Stunden geleistet. Hinsichtlich der Einzelheiten wird verwiesen auf die mit Antragschriftsatz vom 25.10.2004 eingereichten Zeitnachweislisten (Bl. 6 ff. d. Akten).

Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, es handele sich um gravierende Pflichtverletzungen des Arbeitgebers, sodass ihm ein Unterlassungsanspruch zustehe.

Der Betriebsrat hat beantragt,

  1. dem Arbeitgeber aufzugeben, es zu unterlassen, am Standort A6xxxx-xxl1xxxxxx T1xxx/ Werkt 06/ Abteilung „IT A1xxxxxxxx W3xxxxxx” Überstunden anzuordnen oder zu dulden, die nach dem in der Gesamtbetriebsvereinbarung vom 28.07.1998 geregelten Gleitzeitende von 17:45Uhr liegen, sofern nicht die Zustimmung des Betriebsrats erteilt ist oder die fehlende

    Zustimmung durch den Spruch der Einigungsstelle ersetzt wurde oder es sich um Notstandsfälle im Sinne der Rechtssprechung handelt oder es sich um unvorhersehbare, nicht planbare Zusatzstunden im Sinne der Betriebsvereinbarung vom 04.02.1998 handelt, die nach zu melden sind,

  2. für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtung aus Nr. 1 die Antragsgegnerin, bezogen auf jeden Tag und jeden Arbeitnehmer, ein Ordnungsgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, anzudrohen.

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

die Anträge zurückzuweisen.

Sie hat darauf hingewiesen, die Überstunden seien hauptsächlich bei der Absolvierung von Dienstreisen angefallen. Es seien zwischenzeitlich eindringlich Anweisungen an die entsprechenden Abteilungen gegeben worden, Mehrarbeit rechtzeitig zu melden.

Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 06.04.2005 den Anträgen stattgeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, es sei ein grober Verstoß gegen § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG gegeben, weil bei der Arbeitgeberin in der Vergangenheit über vorherige Zustimmung des Betriebsrates geleistet worden seien.

Gegen diesen ihr am 19.05.2005 zugestellten Beschluss hat die Arbeitgeberin am 16.06.2005 Beschwerde eingelegt und diese – nach Verlängerung der Beschwerdegründungsfrist bis...

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