Gegen diesen Beschluss findet kein Rechtsmittel statt, § 33 Abs. 4 Satz 3 RVG
Entscheidungsstichwort (Thema)
Gegenstandswert im Beschlussverfahren. Zustimmungsersetzung zur Einstellung von Leiharbeitnehmern. Mehrheit von Verfahren
Leitsatz (redaktionell)
1. Nach der Rechtsprechung der zuständigen Beschwerdekammern ist bei Einstellungen zur Berücksichtigung der wirtschaftlichen Bedeutung des Streitgegenstandes grundsätzlich das für ein Vierteljahr zu leistende Arbeitsentgelt bei der Wertfestsetzung in Ansatz zu bringen. Außerdem ist es angemessen, den daneben nach § 100 Abs. 2 S. 3 BetrVG gestellten Antrag mit 50% des Wertes des entsprechenden Zustimmungsersetzungsverfahrens zu addieren.
2. Bei Streit um mehrere personelle Maßnahmen im Sinne des § 99 BetrVG sind jeweils Einzelwerte zu bilden und diese zu addieren. Eine Herabsetzung des sich so ergebenden Gesamtwertes ist regelmäßig geboten, wenn mehrere personelle Einzelmaßnahmen auf eine einheitliche unternehmerische Entscheidung zurückzuführen sind und die Einzelfälle keine Besonderheiten aufweisen. Die Bedeutung einer jeden einzelnen Maßnahme nimmt umso mehr ab, je mehr Arbeitnehmer von der Gesamtmaßnahme betroffen sind.
Normenkette
RVG § 23 Abs. 3 S. 2, § 33 Abs. 3; BetrVG § 99 Abs. 1; ZPO § 5; BetrVG § 99 Abs. 4, § 100 Abs. 2 S. 3; GKG § 42 Abs. 4
Verfahrensgang
ArbG Paderborn (Beschluss vom 10.11.2005; Aktenzeichen 2 (3) BV 17/05) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Paderborn vom 10.11.2005 – 2 BV 17/05 – abgeändert.
Der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit wird für das Verfahren im Allgemeinen auf 14.169,38 EUR festgesetzt.
Tatbestand
I.
Im Ausgangsverfahren hat die Arbeitgeberin am 06.04.2005 die gerichtliche Ersetzung der vom Betriebsrat verweigerten Zustimmung zur Einstellung von acht Leiharbeitnehmern geltend gemacht. Sie hat ferner die Feststellung verlangt, dass die vorläufige Einstellung der 8 Leiharbeitnehmer zum 04.04.2005 aus sachlichen Gründen dringend erforderlich gewesen ist.
Bereits zuvor und auch danach hatte die Arbeitgeberin in den Monaten Februar bis Juni 2005 beim Betriebsrat vergeblich die Zustimmung zur Einstellung von weiteren Leiharbeitnehmern zu unterschiedlichen Zeitpunkten und in unterschiedlichen Einsatzbereichen geltend gemacht (2 BV 10/05, 2 (3) BV 20/05, 2 BV 22/05, 2 BV 24/05, 2 BV 30/05, 2 (1) BV 33/05, 2 BV 36/05 Arbeitsgericht Paderborn). Der Betriebsrat hat den beantragten Einstellungen jeweils mit gleichlautendem Schreiben widersprochen.
Nach übereinstimmender Erledigungserklärung hat das Arbeitsgericht unter Zugrundelegung eines Monatsverdienstes von 1.145,00 EUR für einen Leiharbeitnehmer durch Beschluss vom 10.11.2005 den Gegenstandswert für das Verfahren im Allgemeinen auf 10.306,00 EUR festgesetzt und zur Begründung unter anderem ausgeführt, dass angesichts der Tatsache, dass hier die Leiharbeitnehmer 8 – 15 einer einheitlichen Einstellungsmaßnahme der Arbeitgeberin betroffen seien, jeweils nur 25 Prozent des Ausgangswertes in Höhe von 5.152,50 EUR in Ansatz zu bringen seien.
Gegen diesen Beschluss hat die Verfahrensbevollmächtigte des Betriebsrats Beschwerde eingelegt, der das Arbeitsgericht nicht abgeholfen hat.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats ist begründet.
1. Die Wertfestsetzung richtet sich vorliegend nach § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG (früher: § 8 Abs. 2 BRAGO). Hiernach ist der Gegenstandswert in Fällen der vorliegenden Art nach billigem Ermessen zu bestimmen. Die Wertfestsetzung nach billigem Ermessen kommt auch im Anwendungsbereich des § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG erst hinter allen sonstigen Bewertungsfaktoren zum Zuge. Wo ein objektiver Wert festgestellt werden kann, kommt es in erster Linie auf die Feststellung dieses Wertes an. Für das arbeitsgerichtliche Beschlussverfahren folgt hieraus, dass die wirtschaftliche Bedeutung des jeweiligen Streitgegenstands vielfach im Vordergrund stehen muss (LAG Hamm, Beschluss vom 24.11.1994 – LAGE BRAGO § 8 Nr. 27; LAG Hamm, Beschluss vom 12.06.2001 – LAGE BRAGO § 8 Nr. 50; Wenzel, GK-ArbGG, § 12 Rz. 194, 441 ff. m.w.N.).
a) Die wirtschaftliche Bedeutung der Angelegenheit rechtfertigt es, in Beschlussverfahren nach § 99 BetrVG, in denen es um die Einstellung, Umgruppierung oder Versetzung von Arbeitnehmern geht, sich an dem Streitwertrahmen des § 42 Abs. 4 GKG (früher: § 12 Abs. 7 ArbGG) zu orientieren. Folgerichtig wird bei der Wertfestsetzung in betriebsverfassungs-rechtlichen Streitigkeiten nach den §§ 99 ff. BetrVG vielfach auf die Bewertung einer entsprechenden Klage im Urteilsverfahren, also auf § 42 Abs. 4 GKG (früher: § 12 Abs. 7 ArbGG) zurückgegriffen (LAG Hamm, Beschluss vom 18.04.1985 – LAGE ZPO § 3 Nr. 3; LAG Hamm, Beschluss vom 19.03.1987 – LAGE ArbGG 1979 § 12 Streitwert Nr. 70; LAG Hamm, Beschluss vom 23.02.1989 – LAGE BRAGO § 8 Nr. 12; Wenzel, a.a.O., § 12 Rz. 482 m.w.N.). Von dieser Rechtsprechung, der auch die derzeit zuständ...