Entscheidungsstichwort (Thema)
Gegenstandswert. Widerantrag. Gegenstandswertfestsetzung im Zustimmungsersetzungsverfahren. Gesonderte Bewertung eines Widerantrags
Leitsatz (redaktionell)
1. Streitigkeiten der Betriebspartner über Versetzungen gegenstandswertmäßig sind wie Änderungsschutzklagen zu bewerten und regelmäßig mit zwei Monatsverdiensten des betroffenen Arbeitnehmers in Ansatz zu bringen.
2. Zu dem sich ergebenden Wert sind weitere 50 % dieses Betrages für den auf § 100 BetrVG gestützten Feststellungsantrag in Ansatz zu bringen, weil dieses Begehren die vorläufige Durchführung der personellen Maßnahme legitimiert und damit gesondert zu bewerten ist.
3. Der Antrag des Betriebsrats, die (vorläufige) personelle Maßnahme gemäß § 101 BetrVG aufzuheben, stellt eine eigene, nicht vermögensrechtliche Streitigkeit dar, die gesondert mit einem Bruttomonatsgehalt zu bewerten ist.
Normenkette
BetrVG § 100
Verfahrensgang
ArbG Bielefeld (Entscheidung vom 30.04.2012; Aktenzeichen 1 BV 81/11) |
Tenor
Die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrates gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 30.04.2012 - 1 BV 81/11 - wird zurückgewiesen.
Die Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrates haben die Kosten des Beschwerdeverfahrens in Höhe einer Gebühr von 40,00 € zu tragen.
Gründe
I.
Im Ausgangsverfahren hat die Arbeitgeberin die Feststellung begehrt, dass die Zustimmung des Betriebsrates zur Versetzung des Mitarbeiters Z1 vom Arbeitsplatz Betreuung der Ofenanlage und Instandhaltung / Elektrowerkstatt auf den Arbeitsplatz Betreuung der Ofenanlage und Messmittelverwaltung KST 1205 ab dem 11.11.2011 als erteilt gilt. Hilfsweise hat sie beantragt, die Zustimmung des Betriebsrates zu ersetzen. Des Weiteren hat sie beantragt, die Dringlichkeit der vorläufigen Durchführung der Maßnahme nach § 100 BetrVG festzustellen.
Der Betriebsrat ist den Anträgen entgegengetreten und hat seinerseits im Wege des Widerantrags die Verpflichtung der Arbeitgeberin begehrt, die vorgenommene Versetzung des Mitarbeiters Z1 aufzuheben.
Nachdem die Arbeitgeberin die Versetzung des Mitarbeiters Z1 nicht weiter aufrechterhalten hat, haben sowohl die Arbeitgeberin als auch der Betriebsrat die Anträge zurückgenommen.
Das Arbeitsgericht hat den Wert des Verfahrensgegenstandes zum Zwecke der anwaltlichen Gebührenberechnung mit Beschluss vom 30.04.2012 ab Eingang der Anträge der Arbeitgeberin auf 11.508,48 € und ab Eingang des Widerantrages des Betriebsrates auf 15.344,64 € festgesetzt.
Hiergegen richten sich die Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrates mit der Beschwerde. Sie sind der Ansicht, der Gegenstandswert sei auf 19.180.80 € festzusetzen. Das Arbeitsgericht habe den Zustimmungsersetzungsantrag zutreffend mit zwei Bruttogehältern à 3.836,16 € und den Antrag nach § 100 BetrVG mit 50 % dieses Betrages bewertet. Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts sei die im Wege des Widerantrages begehrte Verpflichtung der Arbeitgeberin zur Aufhebung der Versetzung aber nicht nur mit einem, sondern mit zwei Bruttogehältern zu bewerten.
II.
Die gemäß § 33 RVG zulässige Beschwerde ist unbegründet.
1. Die Wertfestsetzung richtet sich nach § 23 Abs. 3 S. 2 RVG. Hiernach ist der Gegenstandswert in Fällen der vorliegenden Art grundsätzlich nach billigem Ermessen zu bestimmen. Allerdings kommt diese Art der Wertfestsetzung als Auffangtatbestand erst hinter allen sonstigen Bewertungsfaktoren zum Zuge. Wo ein objektiver Wert festgestellt werden kann, kommt es in erster Linie auf ihn an. Für das arbeitsgerichtliche Beschlussverfahren folgt hieraus, dass die wirtschaftliche Bedeutung des jeweiligen Streitgegenstandes namentlich bei personellen Einzelmaßnahmen im Vordergrund stehen muss. Geht es - wie hier - im Rahmen des § 99 BetrVG um eine Versetzung, rechtfertigt es die wirtschaftliche Bedeutung der Angelegenheit, sich an dem Streitwertrahmen des § 42 Abs. 4 GKG zu orientieren und auf die Bewertung einer entsprechenden Klage im Urteilsverfahren zurückzugreifen (z. B. LAG Hamm, Beschluss vom 20.11.2006 - 13 Ta 670/06 -; LAG Hamm, Beschluss vom 11.10.2006 - 10 Ta 561/06 -; LAG Hamm, Beschluss vom 17.06.2011 - 13 Ta 318/11 - ).
2. Entsprechend dieser ständigen Rechtsprechung beider Beschwerdekammern ist das Arbeitsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass Streitigkeiten der Betriebspartner über Versetzungen gegenstandswertmäßig wie Änderungsschutzklagen zu bewerten und regelmäßig mit zwei Monatsverdiensten des betroffenen Arbeitnehmers in Ansatz zu bringen sind. Zu dem sich ergebenden Wert von 7.672,32 € sind weitere 50 % dieses Betrages, also 3.836,16 €, für den auf § 100 BetrVG gestützten Feststellungsantrag in Ansatz zu bringen, weil dieses Begehren die vorläufige Durchführung der personellen Maßnahme legitimiert und damit gesondert zu bewerten ist (LAG Hamm, Beschlüsse vom 28.01.2008 - 13 Ta 748/07 - und - 10 Ta 749/07 -; LAG Hamm, Beschluss vom 26.09.2011 - 13 Ta 540/11 -). Für die von der Arbeitgeberin gestellten Anträge ergibt sich damit ein Gegenstand...