Gegen diesen Beschluss findet kein Rechtsmittel statt, § 98 Abs. 2 Satz 4 ArbGG
Entscheidungsstichwort (Thema)
Einrichtung einer Einigungsstelleoffensichtliche Unzuständigkeit Mitbestimmung in Fragen der Ordnung des Betriebes und des Verhaltens der Arbeitnehmer
Leitsatz (redaktionell)
1. Offensichtlich unzuständig ist eine Einigungsstelle, wenn bei fachkundiger Beurteilung durch das Gericht sofort erkennbar ist, dass ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates in der fraglichen Angelegenheit unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt in Frage kommt und sich die beizulegende Streitigkeit erkennbar nicht unter einen mitbestimmungspflichtigen Tatbestand des Betriebsverfassungsgesetzes subsumieren lässt (Anschluss an LAG Hamm, Beschluss vom 07.07.2003 – 10 TaBV 85/03).
2. Unter das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG fallen nicht solche Maßnahmen, die das Arbeitsverhalten der Arbeitnehmer regeln sollen. Dazu zählen solche Maßnahmen, mit denen die Arbeitspflicht unmittelbar konkretisiert und abgefordert wird, wie etwa kundenfreundliches Verhalten oder die Verpflichtung, kein eigenes Geld bei Kassierertätigkeiten mit sich zu führen.
Normenkette
ArbGG § 98; BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
ArbG Hagen (Westfalen) (Beschluss vom 04.08.2005; Aktenzeichen 3 BV 28/05) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Arbeitgeberin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Hagen vom 04.08.2005 – 3 BV 28/05 – teilweise abgeändert.
Die Anträge des Betriebsrates werden insgesamt abgewiesen.
Tatbestand
A.
Die Beteiligten streiten um die Einrichtung einer Einigungsstelle.
Die Arbeitgeberin betreibt in S2xxxxx ein Lager, Fuhrpark und Verwaltung, von wo aus sie insgesamt 61 Verkaufsstellen beliefert und verwaltet. In ihrem Betrieb sind insgesamt 550 Arbeitnehmer beschäftigt.
Antragsteller des vorliegenden Verfahrens ist der im Betrieb der Arbeitgeberin gewählte Betriebsrat.
Seit über 30 Jahren besteht im Betrieb der Arbeitgeberin eine „Dienstanweisung Kassieren”, die in der Zwischenzeit immer wieder aktualisiert worden ist.
Nachdem in den einzelnen Verkaufsstellen der Arbeitgeberin sogenannte Scannerkassen eingeführt worden waren, schlossen die Arbeitgeberin und der Betriebsrat am 13.10.2003 eine Betriebsvereinbarung über die Einführung und technische und organisatorische Anwendung des A1xx Scannerkassensystems 04C04 ab (Bl. 54 ff.d.A.).
Im Dezember 2004 wurde dem Betriebsrat durch die Arbeitgeberin eine Neufassung der „Dienstanweisung Kassieren” (Bl. 7 ff.d.A.) zur Kenntnis gebracht. Der Betriebsrat vertrat seither die Auffassung, dass durch die Neufassung der „Dienstanweisung Kassieren” Mitbestimmungsrechte berührt seien. Am 21.12.2004 und 04.01.2005 fanden insoweit Gespräche zwischen dem Betriebsrat und der Geschäftsleitung statt.
Mit Schreiben vom 13.05.2005 (Bl. 14 f.d.A.) teilte die Arbeitgeberin dem Betriebsrat mit, dass sie Mitbestimmungsrechte nicht berührt sehe und daher die „Dienstanweisung Kassieren” im Betrieb einführe. Mit Schreiben vom 30.05.2005 (Bl. 17 d.A.) erklärte der Betriebsrat daraufhin die Verhandlungen über den Abschluss der Betriebsvereinbarung zur Einführung „Dienstanweisung Kassieren” für gescheitert und rief die Einigungsstelle an.
Mit Schreiben vom 15.06.2005 (Bl. 19 d.A.) bestritt die Arbeitgeberin, mit dem Betriebsrat über den Abschluss einer Betriebsvereinbarung zur Einführung der „Dienstanweisung Kassieren” verhandelt zu haben, die Einsetzung einer Einigungsstelle lehnte die Arbeitgeberin ab.
Nachdem inzwischen die „Dienstanweisung Kassieren” im Betrieb eingeführt worden ist, machte der Betriebsrat mit dem am 12.07.2005 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antrag die Einrichtung einer Einigungsstelle geltend.
Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, die „Dienstanweisung Kassieren” beinhalte Regelungen, die zum Teil Mitbestimmungsrechte aus § 87 Abs. 1 Nr. und Nr. 6 BetrVG berührten. Dies betreffe insbesondere die Regelungen über kundenfreundliches Verhalten, die Entschuldigungspflicht bei mangelhafter Ware gegenüber Kunden, die Führung von eigenem Bargeld an der Kasse, die Behandlung von Kassenmöbeln und Kassentechnik sowie die Eingabe von Bediener- und Geheimnummern.
Der Betriebsrat hat die Besetzung der Einigungsstelle mit drei Beisitzern für erforderlich gehalten.
Der Betriebsrat hat beantragt,
- den Direktor des Arbeitsgerichts Wesel Kleinschmidt zum Vorsitzenden der Einigungsstelle mit dem Regelungsgegenstand „Einführung einer Dienstanweisung Kassieren” bei der Beteiligten zu 2. zu bestellen,
- die Zahl der von jeder Seite zu benennenden Beisitzer auf drei festzusetzen.
Die Arbeitgeberin hat beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Sie hat den Antrag für zu unbestimmt gehalten, da der Antragsgegenstand „Einführung einer Dienstanweisung Kassieren” viel zu weit gefasst sei. Die Dienstanweisung selbst unterliege keinem Mitbestimmungsrecht. Eine Einigungsstelle hätte sich allenfalls mit Einzelregelungen der Dienstanweisung zu befassen.
Im Übrigen würden Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats im Zusammenhang mi...