Entscheidungsstichwort (Thema)
Begriff der Betriebsänderung i.S. von § 111 BetrVG
Leitsatz (redaktionell)
Es stellt keine grundlegende Änderung der Betriebsorganisation i.S. von § 111 S. 3 Nr. 4 BetrVG dar, wenn der Arbeitgeber die Aufgaben des Leiters des Bereichs Technik auf andere Personen bzw. externe Anbieter zu übertragen beabsichtigt. Ein Unterlassungsanspruch des Betriebsrats besteht daher nicht.
Normenkette
BetrVG § 111; KSchG § 17 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Münster (Entscheidung vom 07.02.2012; Aktenzeichen 2 BVGa 1/12) |
Tenor
Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Münster vom 07.02.2012 - 2 BVGa 1/12 - wird zurückgewiesen.
Gründe
A
Der antragstellende Betriebsrat macht im vorliegenden Verfahren im Wege der einstweiligen Verfügung Unterlassungsansprüche im Zusammenhang mit einer angeblichen Betriebsänderung geltend.
Die Arbeitgeberin führt in ihrem Betrieb, einem Messe- und Kongresszentrum, Veranstaltungen durch und beschäftigt zurzeit ca. 46 Mitarbeiter und 12 Auszubildende. Ihr Betrieb ist in sieben Bereiche unterteilt. Der Bereich Technik wurde bisher vom Mitarbeiter B1 geleitet. Neben Herrn B1 sind zurzeit im Bereich Technik drei weitere Elektrotechniker sowie sechs Haustechniker beschäftigt. Ferner werden in diesem Bereich zwei Auszubildende ausgebildet.
Im Betrieb der Arbeitgeberin ist ein Betriebsrat aus fünf Personen gebildet.
Am 06.01.2012 fasste die Arbeitgeberin den Entschluss, den Bereich Technik dergestalt zu ändern, dass die Aufgaben des Leiters, Herrn B1, mit Wirkung zum 01.02.2012 auf andere Personen bzw. externe Anbieter übertragen werden sollten.
Mit Schreiben vom 20.01.2012 (Bl. 21 ff d.A.) hörte die Arbeitgeberin den bei ihr bestehenden Betriebsrat zur beabsichtigten ordentlichen Kündigung des Herrn B1 nach § 102 BetrVG an. In diesem Schreiben vom 20.01.2012 schilderte die Arbeitgeberin ausführliche die Verteilung der bisher von Herrn B1 wahrgenommenen Aufgaben auf andere Mitarbeiter des Unternehmens sowie auf externe Anbieter, insbesondere die Firma D1. Auf den genauen Inhalt des Anhörungsschreibens vom 20.01.2012 (Bl. 21 ff d.A.) wird Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 27.01.2012 (Bl. 103 ff d.A.) widersprach der Betriebsrat der beabsichtigten Kündigung und stützte den Widerspruch insbesondere auf § 102 Abs. 3 Nr. 3 und Nr. 4 BetrVG. Auf den Inhalt des Widerspruchsschreibens vom 27.01.2012 wird Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 30.01.2012 (Bl. 86 d.A.) kündigte die Arbeitgeberin das mit dem Mitarbeiter B1 bestehende Arbeitsverhältnis unter Einhaltung einer Kündigungsfrist zum 30.06.2012. Gleichzeitig wurde Herr B1 unter Anrechnung von Urlaubs- und Freizeitausgleichsansprüchen ab dem 01.02.2012 freigestellt. Das Kündigungsschreiben vom 30.01.2012 ging dem Mitarbeiter B1 am 31.01.2012 zu.
Mit dem am 30.01.2012 beim Arbeitsgericht eingeleiteten Beschlussverfahren machte der Betriebsrat daraufhin im Wege der einstweiligen Verfügung die Unterlassung von weiteren Kündigungen, Änderungskündigungen und Versetzungen sowie die Unterlassung der Übertragung von Aufgaben auf die Firma D1 bis zum Abschluss der Verhandlungen über einen Interessenausgleich geltend.
Unter Vorlage von eidesstattlichen Versicherungen vom 30.01.2012 (Bl. 25, 26 d.A.) hat der Betriebsrat die Auffassung vertreten, bei den geplanten Änderungen im Bereich Technik handele es sich um eine interessenausgleichs- und sozialplanpflichtige Maßnahme. Es liege insbesondere eine Betriebsänderung i.S.d. § 111 Satz 3 Nr. 4 BetrVG, nämlich eine grundlegende Änderung der Betriebsorganisation vor, weil im Bereich Technik grundlegende Änderungen vorgenommen würden. Die Übertragung wesentlicher Aufgaben auf externe Anbieter führe im Bereich Technik zu einem erheblichen Wegfall von Tätigkeiten, die bislang von der Arbeitgeberin durchgeführt worden seien. Eine Änderung der Betriebsorganisation liege auch vor, wenn der Betriebsaufbau, insbesondere hinsichtlich Zuständigkeiten und Verantwortung, umgewandelt werde. Bei den von der Arbeitgeberin geplanten organisatorischen Maßnahmen sei der gesamte Bereich Technik, ein wesentlicher Betriebsteil der Arbeitgeberin, betroffen. Im Bereich Technik würden derzeit zehn Arbeitnehmer beschäftigt, so dass auch die Schwellenwerte des § 17 Abs. 1 Satz 1 KSchG überschritten seien. Von den organisatorischen Änderungen seien sämtliche Mitarbeiter des Bereichs Technik betroffen, da sie neue Vorgesetzte erhielten.
Im Übrigen sei nicht ersichtlich, dass die Umsetzung der geplanten Maßnahme möglich und durchführbar sei. Sowohl die Geschäftsführerin der Arbeitgeberin wie auch der Prokurist, Herr Ö1, seien in ausreichender Weise ausgelastet.
Durch die von der Arbeitgeberin geplante Maßnahme werde auch ein Großteil der bisher von den Mitarbeiterin im Bereich Technik wahrgenommenen Aufgaben entfallen und auf die Firma D1 übertragen.
Der Betriebsrat hat beantragt,
der Arbeitgeberin zu untersagen, Kündigungen, Änderungskündigungen oder Versetzungen von Mitarbeiterin im Zusammenhang mit der geplante...