Entscheidungsstichwort (Thema)
Abmahnung. Kündigung. Mutwilligkeit. Prozesskostenhilfe
Leitsatz (amtlich)
Führt der Arbeitnehmer gegen seinen Arbeitgeber einen Kündigungsschutzprozess, ist es grundsätzlich mutwillig im Sinne des § 114 ZPO, wenn er daneben die Entfernung einer oder mehrerer Abmahnungen aus der Personalakte begehrt.
Normenkette
ZPO § 114
Verfahrensgang
ArbG Siegen (Beschluss vom 13.01.2008; Aktenzeichen 1 Ca 1697/08) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Siegen vom „13.01.2008” (1 Ca 1697/08) wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I.
Mit seiner am 25. November 2008 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage wandte sich der Kläger gegen eine Kündigung vom 17. November 2008. Mit den Anträgen zu 4. bis 8. beantragte er darüber hinaus die Entfernung von fünf Abmahnungen aus der Personalakte begehrt. Mit einem weiteren am 8. Dezember 2008 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz hat er die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt.
Durch die hier angefochtene Entscheidung hat das Arbeitsgericht lediglich für die Kündigungsschutzklage, den damit verbundenen allgemeinen Feststellungsantrag sowie eine Zahlungsklage Prozesskostenhilfe bewilligt und sie im Übrigen im Hinblick auf die weiteren Anträge wegen Mutwilligkeit zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die am 30. Januar 2009 beim Arbeitsgericht eingegangene sofortige Beschwerde, mit welcher der Kläger weiterhin die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für seine Anträge auf Entfernung der fünf Abmahnungen verlangt.
Entscheidungsgründe
II.
Die sofortige Beschwerde des Klägers ist zulässig, aber unbegründet.
1. Die Beschwerde ist fristgerecht innerhalb der einmonatigen Frist des § 127 Abs. 2 S. 3 ZPO eingelegt worden. Zwar enthält der – falsch datierte – Beschluss vom „13.01.2008” trotz seiner Rechtsmittelfähigkeit keine Rechtsmittelbelehrung gemäß § 9 Abs. 5 ArbGG. Ebenso ist die nach § 329 Abs. 3 ZPO erforderliche Zustellung des Beschlusses unterblieben. Der Beschluss wurde aber unter dem 14. Januar 2009 ausweislich des entsprechenden Ab-Vermerks vom selben Tage (Bl. 28 R der PKH-Akte) abgesandt. Die sofortige Beschwerde des Klägers ist am 30. Januar 2009 beim Arbeitsgericht eingegangen. Im Übrigen ist die sofortige Beschwerde gemäß § 46 Abs. 2, § 78 ArbGG, §§ 567 ff. ZPO zulässig.
2. Die Beschwerde ist unbegründet. Zu Recht hat das Arbeitsgericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Anträge auf Entfernung von fünf Abmahnungen aus der Personalakte wegen Mutwilligkeit (§ 114 ZPO) zurückgewiesen.
a) Eine Rechtsverfolgung ist mutwillig, wenn eine verständige, nicht hilfsbedürftige Partei ihre Rechte nicht in gleicher Weise verfolgen würde (vgl. BAG, 28. April 2003, 2 AZB 78/02, ZIP 2003, 1947; LAG Hamm, 12. Juni 2009, 14 Sa 834/08, juris; Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe, 4. Auflage, 2005, Rn. 447; Zöller/Philippi, 27. Auflage, 2009, § 114 ZPO Rn. 30). Eine Partei darf in ihrem prozessualen Verhalten nicht von demjenigen abweichen, was eine verständige und ausreichend bemittelte Partei in der gleichen prozessualen Lage zeigen würde (vgl. LAG Hamburg, 1. Dezember 2003, 6 Ta 23/03, juris). Sie darf nicht durch kostenträchtiges Prozessieren von dem abweichen, was eine bemittelte Partei in gleicher Situation tun würde. Vielmehr muss sie das Risiko vernünftig abwägen. Es ist nicht Sinn und Zweck der Prozesskostenhilfe, auf Kosten der Allgemeinheit bedürftigen Parteien Prozesse zu ermöglichen, die eine vermögende Partei bei vernünftiger und sachgerechter Einschätzung der Sach- und Rechtslage nicht führen würde (vgl. LAG Hamm, 12. Juni 2009, 14 Ta 834/08, juris; LAG Berlin, 29. November 2005, 17 Ta 1981/05, NZA-RR 2006, 214; LAG Hessen, 16.Februar 2005, 16 Ta 13/05, juris; 21.Oktober 2005, 2 Ta 353/05, RVG-Report 2006, 79). Maßstab ist eine nicht hilfsbedürftige, selbst zahlende Partei ohne Rechtsschutzversicherung (vgl. LAG Hamm, 12. Juni 2009, 14 Ta 834/08, juris; 16. Dezember 2004, 4 Ta 355/04, juris; 28. Juni 2005, 4 Ta 355/04, juris; 28. Juni 2005, 4 Ta 415/05, juris).
b) Bei Anwendung dieser Grundsätze im vorliegenden Fall ist es grundsätzlich als mutwillig anzusehen, wenn ein Arbeitnehmer, der sich im Wege der Klage gegen eine vom Arbeitgeber ausgesprochene Kündigung wendet, im Wege der objektiven Klagehäufung gleichzeitig oder nachträglich durch Klageerweiterung oder durch Ergebung einer oder mehrerer gesonderter Klagen zugleich die Entfernung einer oder mehrerer Abmahnungen aus der Personalakte verlangt. Es kommt dabei nicht darauf an, ob die ausgesprochene Kündigung eine verhaltensbedingte Kündigung ist, ob diese auf eine oder mehrere der angegriffenen Abmahnungen gestützt wird, oder ob es sich um Abmahnungen handelt, die keinen mit dem Kündigungsgrund gleichartigen Sachverhalt betreffen. Für die Dauer des gesamten Verfahrens und nicht nur lediglich bis zum Gütetermin ist ein gerichtliches Vorgehen gegen die Abmahnungen in allen...