Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorschlagsrecht nach § 117 Abs. 2 Satz 1 BetrVG gebildeter Arbeitnehmervertretungen zur Wahl zum Betriebsrat
Leitsatz (amtlich)
Die Vorschrift des § 6 Satz 1 DrittelbG ist verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass vom Begriff der Betriebsräte auch nach § 117 Abs. 2 Satz 1 BetrVG gebildete Arbeitnehmervertretungen umfasst werden, so dass auch diese berechtigt sind, Vorschläge für die Wahl der Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsrat zu machen.
Normenkette
DrittelbG § 6 S. 1
Verfahrensgang
ArbG Dortmund (Entscheidung vom 26.11.2009; Aktenzeichen 6 BV 132/09) |
Tenor
Auf die Anschlussbeschwerde der Personalvertretung Cockpit wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Dortmund vom 26.11.2009 - 6 BV 132/09 - teilweise abgeändert.
Es wird festgestellt, dass die Personalvertretung Cockpit berechtigt ist, bei Aufsichtsratswahlen gemäß § 6 Satz 1 DrittelbG Wahlvorschläge zu machen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
A.
Die Beteiligten streiten (noch) um die Frage, ob die antragstellende Personalvertretung Cockpit berechtigt ist, bei der Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer Wahlvorschläge zu machen.
Die Arbeitgeberin betreibt ein Luftfahrtunternehmen, in dem aktuell insgesamt 836 Arbeitnehmer zum Einsatz kommen. Davon werden die 279 im Bodenbereich tätigen Beschäftigten von einem Betriebsrat vertreten. Daneben bestehen für das 282 Arbeitnehmer umfassende Kabinenpersonal und für das 275 Arbeitnehmer umfassende Cockpitpersonal jeweils sog. Personalvertretungen, die auf der Basis des § 117 Abs. 2 Satz 1 BetrVG durch Tarifvertrag errichtet wurden.
Am 13./14.05.2009 fand im Unternehmen die Wahl der beiden Arbeitnehmervertreter für den Aufsichtsrat statt. Dazu hatte die Personalvertretung Cockpit fristgerecht einen Wahlvorschlag eingereicht. Dieser wurde vom zuständigen Unternehmenswahlvorstand nicht zur Wahl zugelassen, und zwar unter Berufung auf § 6 DrittelbG. Die Vorschrift lautet:
Wahlvorschläge. 1Die Wahl erfolgt aufgrund von Wahlvorschlägen der Betriebsräte und der Arbeitnehmer. ²Die Wahlvorschläge der Arbeitnehmer müssen von mindestens einem Zehntel der Wahlberechtigten oder von mindestens 100 Wahlberechtigten unterzeichnet sein.
Nach der Veröffentlichung des Wahlergebnisses im Bundesanzeiger leiteten die Personalvertretung Cockpit - und daneben drei wahlberechtigte Arbeitnehmer - Wahlanfechtungsverfahren ein.
Erstinstanzlich wurde dem Wahlanfechtungsbegehren aus anderen Gründen stattgegeben.
Gegen diese Entscheidung haben die beiden gewählten Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat Beschwerde eingelegt. Neben den drei anfechtenden Arbeitnehmern hat die Personalvertretung Cockpit die Zurückweisung der Beschwerde beantragt; zugleich hat sie im Wege der Anschlussbeschwerde die Feststellung begehrt, dass sie berechtigt ist, bei Aufsichtsratswahlen gemäß § 6 Satz 1 DrittelbG Wahlvorschläge zu machen.
Die Beschwerden der beiden Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat hat die erkennende Kammer durch Teilbeschluss vom 10.01.2011 zurückgewiesen, ohne auf die Problematik der Wahlvorschlagsberechtigung der Personalvertretung Cockpit eingehen zu müssen. Die dagegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde hat das Bundesarbeitsgericht mit Beschluss vom 01.06.2011 zurückgewiesen (7 ABN 22/11).
Soweit es den im Wege der Anschlussbeschwerde von der Personalvertretung Cockpit gestellten Antrag angeht, festzustellen, dass sie berechtigt ist, bei Aufsichtsratswahlen Wahlvorschläge zu machen, hat die erkennende Kammer mit Beschluss ebenfalls vom 10.01.2011 das Verfahren ausgesetzt und eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts eingeholt.
Gut drei Jahre später hat das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 12.02.2014 (1 BvL 7/11 - NZA 2014, 981) die Vorlage für unzulässig erklärt - namentlich unter Hinweis auf die Möglichkeit zur verfassungskonformen, Betriebsräte und vergleichbare Vertretungen berücksichtigenden Auslegung des § 6 Satz 1 DrittelbG.
Daran anknüpfend, ist die Personalvertretung Cockpit der Ansicht, dass sie bei Wahlen von Arbeitnehmern zum Aufsichtsrat berechtigt sei, Wahlvorschläge zu unterbreiten.
Die Personalvertretung Cockpit beantragt,
im Wege der Anschlussbeschwerde den Beschluss des Arbeitsgerichts Dortmund vom 26.11.2009 - 6 BV 132/09 - teilweise abzuändern und festzustellen, dass die Personalvertretung Cockpit berechtigt ist, bei Aufsichtsratswahlen gemäß § 6 Satz 1 DrittelbG Wahlvorschläge zu machen.
Die anderen Beteiligten haben keinen Antrag gestellt.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen ergänzend Bezug genommen.
B.
Die zulässige Beschwerde ist begründet.
I. Das im Wege der (unselbständigen) Anschlussbeschwerde gemäß § 87 Abs. 2 Satz 1, § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG i.V.m. § 524 ZPO wirksam geltend gemachte Begehren der Personalvertretung Cockpit, festzustellen, dass sie berechtigt ist, bei Aufsichtsratswahlen nach § 6 Satz 1 DrittelbG Wahlvorschläge zu machen, ist zulässig.
Die Voraussetzungen des § 256 Abs. 1 ZP...