Entscheidungsstichwort (Thema)
Gegenstandswert im Beschlussverfahren. nichtvermögensrechtliche Streitigkeit. Unterlassungsbegehren des Betriebsrats. Einhaltung von Mitbestimmungsrechten. Einführung einer neuen Vergütungsordnung. einstweilige Verfügung
Leitsatz (redaktionell)
Es ist regelmäßig sachgerecht, bei der Bemessung des Streitwerts einer Auseinandersetzung im Beschlussverfahren um das Bestehen eines Mitbestimmungsrechts, von der Anzahl der betroffenen Arbeitnehmer auszugehen und sich dabei an der Staffel des § 9 BetrVG zu orientieren.
Normenkette
RVG § 23 Abs. 3, § 33 Abs. 3; BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 10; ArbGG § 85 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Paderborn (Beschluss vom 08.07.2008; Aktenzeichen 1 BVGa 4/08) |
Tenor
Die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Paderborn vom 08.07.2008 – 1 BVGa 4/08 – wird zurückgewiesen.
Die Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats haben die Kosten des Beschwerdeverfahrens in Höhe einer Gebühr von 40,– EUR zu tragen.
Tatbestand
I.
In dem zugrunde liegenden Beschlussverfahren hat der Betriebsrat im Wege der einstweiligen Verfügung die Arbeitgeberin auf Unterlassung in Anspruch genommen, 53 befristet beschäftigte Mitarbeiter ohne Beachtung des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG nach einer neuen Vergütungsordnung zu entlohnen.
Durch Beschluss des Arbeitsgerichts vom 08.05.2008 ist der Antrag des Betriebsrats zurückgewiesen worden. Die dagegen eingelegte Beschwerde zum Landesarbeitsgericht Hamm – 10 TaBVGa 13/08 – wurde im Anhörungstermin vom 10.12.2008 im Hinblick auf das gleichzeitig anhängige Hauptsacheverfahren 10 TaBV 91/08 Landesarbeitsgericht Hamm zurückgenommen.
Auf Antrag der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats hat das Arbeitsgericht durch Beschluss vom 08.07.2008 den Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit auf 9.000,– EUR festgesetzt.
Hiergegen richtet sich die am 25.07.2008 beim Arbeitsgericht eingegangene Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats, der das Arbeitsgericht nicht abgeholfen hat.
Die Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats sind unter Hinweis auf die Rechtsprechung des erkennenden Gerichts der Auffassung, der Gegenstandswert belaufe sich unter Berücksichtigung einer monatlichen Gehaltsdifferenz je betroffenem Mitarbeiter von 350,– EUR auf insgesamt 55.566,– EUR. Selbst bei einer von der Arbeitgeberseite angegebenen Gehaltsdifferenz von 292,48 EUR ergebe sich ein Gegenstandswert von 46.434,15 EUR.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird auf die Verfahrensakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
Die nach § 33 Abs. 3 RVG zulässige Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats ist nicht begründet.
Zu Recht hat das Arbeitsgericht den Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit auf 9.000,– EUR festgesetzt.
1. Die Wertfestsetzung für das vorliegende Beschlussverfahren richtet sich nach § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG, wonach der Gegenstandswert in Fällen der vorliegenden Art nach billigem Ermessen zu bestimmen ist. § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG stellt eine Auffangnorm für Angelegenheiten dar, für die Wertvorschriften fehlen. Der Auffangtatbestand des § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG ist insbesondere für nichtvermögensrechtliche Streitigkeiten bedeutsam, deren Wert auf anderem Wege nicht bestimmt werden kann. Die Wertfestsetzung nach billigem Ermessen kommt im Anwendungsbereich des § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG aber erst hinter allen sonstigen Bewertungsfaktoren zum Zuge. Für das arbeitsgerichtliche Beschlussverfahren folgt hieraus, dass auch die wirtschaftliche Bedeutung des jeweiligen Streitgegenstandes im Vordergrund der Bewertung stehen muss (LAG Hamm, 24.11.1994 – 8 TaBV 144/94 – LAGE BRAGO § 8 Nr. 27; LAG Hamm, 12.06.2001 – 10 TaBV 50/01 – LAGE BRAGO § 8 Nr. 50 = NZA-RR 2002, 472; GK/Wenzel, ArbGG, § 12 Rn. 194, 441 ff.).
a) Bei der vom Betriebsrat begehrten Unterlassung handelt es sich um eine nichtvermögensrechtliche Streitigkeit im Sinne des § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG. Hiervon ist das Arbeitsgericht zu Recht in dem angefochtenen Beschluss ausgegangen.
Die im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren anfallenden Streitsachen sind typischerweise nichtvermögensrechtlicher Natur (Wenzel, a.a.O., Rn. 445). Das gilt auch und gerade dann, wenn vom Arbeitgeber die Unterlassung bestimmter Handlungen verlangt wird und der Betriebsrat sein Mitbestimmungsrecht nach § 87 BetrVG geltend macht. Um ein fallübergreifendes System zu erhalten, welches im Hinblick auf die Bewertung der anwaltlichen Tätigkeit im Beschlussverfahren adäquate Abstufungen zulässt und es damit erlaubt, dem Einzelfall gerecht zu werden, kann für die Ausfüllung des Ermessensrahmens des § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG die wirtschaftliche Bedeutung des Rechtsstreits für den Arbeitgeber bzw. für die Belegschaft aber nicht unberücksichtigt bleiben. Dabei ist allerdings auch der Grundtendenz des arbeitsgerichtlichen Verfahrens zu entsprechen, Kosten zu begrenzen (GK/Wenzel, a.a.O., Rn. 444).
Bei dem Ausgangsve...