Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen
Entscheidungsstichwort (Thema)
Anwendung der Grundsätze des sog. „steckengebliebenen” PKH-Gesuchs auf den PKH-Antrag des insolventen Arbeitgebers
Leitsatz (amtlich)
1. Mit der Insolvenzeröffnung erlischt gemäß § 117 Abs. 1 InsO die dem bisherigen Prozessbevollmächtigten vom Schuldner erteilte Prozessvollmacht und der Schuldner verliert insoweit die Prozessführungsbefugnis. Das führt in Aktivprozessen im Sinne des § 85 Abs. 1 InsO für das PKH-Verfahren ohne weiteres zur Zurückweisung des PKH-Gesuchs wegen fehlender Erfolgsaussicht im Sinne des § 114 ZPO, ohne dass eine Verfahrensunterbrechung hier geboten wäre. Das laufende Hauptsacheverfahren dagegen wird gemäß § 240 Satz 1 ZPO unterbrochen.
2. Das Problem der Unterbrechung des PKH-Verfahrens kann sich im Regelinsolvenzverfahren, mithin im Insolvenzverfahren des beklagten Arbeitgebers, nicht stellen, weil dieser als Schuldner in den Passivprozessen des § 86 Nr. 3 InsO, also in Masseverfahren wie z.B. in Kündigungsschutzprozessen, sowie in den Insolvenzfeststellungsverfahren nach §§ 179 Abs. 2, 180 Abs. 2, 185 InsO bzw. gemäß §§ 179 Abs. 1, 180 Abs. 2, 185 InsO nicht (mehr) beteiligt ist.
3. Mit der Insolvenzeröffnung erlischt auch hier gemäß § 117 Abs. 1 InsO die dem bisherigen Prozessbevollmächtigten vom Schuldner für die nunmehr kraft Gesetzes (§ 240 Satz 1 ZPO) unterbrochenen Verfahren erteilte Prozessvollmacht. Es kann im PKH-Verfahren mithin nicht mehr um eine Bewilligung für die Zukunft gehen, der Streit betrifft nur noch die Frage, ob für die Vergangenheit hätte Prozesskostenhilfe hätte bewilligt werden müssen, weil im Zeitpunkt der Unterbrechung des Hauptsacheverfahren das PKH-Gesuch (positiv) entscheidungsreif gewesen ist. Man wird hier die zum sog. „steckengebliebenen” PKH-Gesuch bei Verfahrens- oder Instanzbeendigung entwickelten Grundsätze entsprechend anwenden müssen.
Normenkette
ZPO §§ 114, 118 Abs. 2 S. 4, § 240 S. 1; InsO § 85 Abs. 1, § 86 Nr. 3, § 117 Abs. 1, § 179 Abs. 1-2, § 180 Abs. 2, § 185
Verfahrensgang
ArbG Herne (Beschluss vom 08.11.2005; Aktenzeichen 6 Ca 960/05) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den PKH-Ablehnungsbeschluss des Arbeitsgerichts Herne vom 08.11.2005 – 6 Ca 960/05 – wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen
Tatbestand
I. Die Klägerin hat mit ihrer am 18.03.2005 bei dem Arbeitsgericht eingegangenen Klage die Umwandlung der fristlosen Kündigung vom 24.02.2005 in eine fristgemäße zum 24.03.2005 (Klageantrag zu 1) sowie ihre Vergütungsansprüche für Februar und März 2005 (Klageantrag zu 2) geltend gemacht. Im Gütetermin vom 20.04.2005 haben die Parteien den Klageantrag zu 1) durch entsprechenden Teilvergleich erledigt. Im Kammertermin vom 16.08.2005 ist der Beklagte trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht vertreten gewesen, so dass er im Wege des Versäumnisurteils antragsgemäß zur Zahlung der Vergütungsansprüche für Februar und März 2005 nebst Zinsen an die Klägerin verurteilt worden ist. Gegen das ihm am 25.08.2005 zugestellte Versäumnisurteil hat der Beklagte keinen Einspruch eingelegt.
Zuvor, nämlich mit Schriftsatz vom 01.04.2005 hat der Beklagte eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 31.03.2005 einreichen sowie zur Rechtsverteidigung um Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwalt W1xxxxxx B1xxxxxxxxx zu den Bedingungen eines Herner Anwalts nachsuchen lassen.
Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 08.11.2005 – 6 Ca 960/05 – das PKH-Gesuch vom 01.04.2005 mit der Begründung zurückgewiesen, der Beklagte habe Auflagen des Gerichts, die der Klärung seiner Bedürftigkeit dienen sollten, nicht erfüllt. Ihm sei mit gerichtlichen Verfügung vom 30.08.2005 und vom 20.09.2005 jeweils unter Fristsetzung und unter Hinweis auf die Vorschrift des § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO mitgeteilt worden, dass zur Glaubhaftmachung seiner Angaben in der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse in den Auflagen näher bezeichnete Unterlagen bzw. weitere Angaben erforderlich seien. Diesen Auflagen sei der Beklagte jedoch nicht nachgekommen, so dass sein PKH-Antrag abschlägig zu bescheiden gewesen sei.
Gegen den am 10.11.2005 zugestellten Beschluss hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 23.11.2005, bei dem Arbeitsgericht am 24.11.2005 eingegangen, sofortige Beschwerde mit dem Bemerken eingelegt, dass ausweislich des beigefügten Gerichtsbeschlusses das Insolvenzverfahren über sein Vermögen eröffnet worden sei, so dass seine Bedürftigkeit nunmehr erfüllt sein dürften.
Das Amtsgericht Dortmund hatte bereits durch Beschluss vom 04.10.2005 – 257 IN 138/05 – um 15:00 Uhr wegen Zahlungsunfähigkeit über das Vermögen des Beklagten, der die Erteilung der Restschuldbefreiung beantragt hat, das Insolvenzverfahren eröffnet und die Rechtsanwältin Dr. P2xxx M6xx aus D2xxxxxx zur Insolvenzverwalterin bestellt.
Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde durch Verfügung vom 28.11.2005 nicht abgeholfen, sondern dem Landesarb...