Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen
Entscheidungsstichwort (Thema)
Unterbrechung des PKH-Verfahrens des Arbeitnehmers in der Unternehmensinsolvenz des Arbeitgebers
Leitsatz (amtlich)
1. Um im arbeitsgerichtlichen Verfahren bei PKH-Gesuchen zu interessengerechten Ergebnissen im Insolvenzfall zu kommen, wird man in der Unternehmensinsolvenz des Arbeitgebers prüfen müssen, ob die geltend gemachten Arbeitnehmeransprüche vom Insolvenzbeschlag erfasst werden, denn das Hauptsacheverfahren (und damit möglicherweise auch das PKH-Verfahren) wird gemäß § 240 Satz 1 ZPO nur dann unterbrochen, wenn es die Insolzenzmasse betrifft. Danach gilt folgendes:
2. Der Arbeitgeber bleibt nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung Schuldner des Anspruchs auf Erteilung eines Arbeitszeugnisses (§ 109 GewO), wenn das Arbeitsverhältnis vor Verfahrenseröffnung endete; das Klageverfahren über den Zeugnisanspruch wird deshalb nicht gemäß § 240 Satz 1 ZPO unterbrochen, sondern ist – losgelöst von der Insolvenzeröffnung – gegen den Schuldner (Arbeitgeber) fortzusetzen, das PKH-Verfahren ist ganz normal abzuwickeln.
3. Ein Kündigungsschutz und/oder Weiterbeschäftigungsverfahren wird durch die Insolvenzeröffnung gemäß § 240 Satz 1 ZPO unterbrochen und bleibt es so lange, ,,bis er nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen oder das Insolvenzverfahren beendet wird''. Die Verfahrensunterbrechung erfasst in diesen Fällen auch das PKH-Verfahren, da für ein unterbrochenes oder ruhendes Verfahren – vom sog. steckengebliebenen PKH-Gesuch abgesehen – keine Prozesskostenhilfe mehr bewilligt werden darf. Erst nach Aufnahme des Verfahrens, das jederzeit auch von dem klagenden Arbeitnehmer aufgenommen werden kann, kann das PKH-Verfahren fortgesetzt werden.
4. Ist im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung über eine rückständige Entgeltforderung bereits eine Leistungsklage beim Arbeitsgericht anhängig, dann führt die Unterbrechung des Verfahrens gemäß § 240 Satz 1 ZPO zu einer der Verfahrensbeendigung vergleichbaren Situation, die es angezeigt erscheinen lassen, auch hier die Grundsätze des sog. steckengebliebenen PKH-Gesuchs anzuwenden. Denn als Insolvenzforderungen (§ 38 InsO) können rückständige Entgeltforderungen gemäß § 87 InsO von den Arbeitnehmern als Insolvenzgläubiger nur noch im Wege der Anmeldung zur Insolvenztabelle (§§ 28, 174 ff. InsO) und im Falle des endgültigen Bestreitens mit der Insolvenzfeststellungsklage (§§ 179 Abs. 1, 185 InsO) weiterverfolgt werden, ohne dass darin eine Fortsetzung des ursprünglichen Klageverfahrens zu sehen wäre.
5. Ein sog. steckengebliebenes PKH-Gesuch liegt bei Insolvenz des beklagten Arbeitgebers nur dann vor, wenn es im Zeitpunkt der Unterbrechung des Hauptsacheverfahrens (positiv) entscheidungsreif gewesen ist. Nur in einem solche Falle kann nachträglich und rückwirkend noch Prozesskostenhilfe bewilligt werden. In allen anderen Fällen ist die PKH-Bewilligung zu versagen.
Normenkette
ZPO §§ 114, 117 Abs. 2, 4, § 118 Abs. 2 S. 4, Abs. 240 S. 1; InsO §§ 85, 86 Nr. 3, §§ 87, 174, 179 Abs. 1, § 180 Abs. 2, § 185
Verfahrensgang
ArbG Herford (Beschluss vom 30.05.2005; Aktenzeichen 1 (4) Ca 423/05) |
Tenor
Die als sofortige auszudeutende Beschwerde der Klägerin gegen den PKH-Ablehnungsbeschluss des Arbeitsgerichts Herford vom 30.05.2005 – 1 (4) Ca 423/05 – und ihr Antrag auf Neubewilligung von Prozesskostenhilfe werden zurückgewiesen.
Tatbestand
I. Mit Klageschrift vom 05.04.2005 hat die Klägerin, die bei der Beklagten 2003 als Reinigungskraft tätig war, mit der Behauptung, sie habe für die Monate Februar und M1xx 2005 noch kein Arbeitsentgelt erhalten, eine Betrag von 2.150,40 EUR (35 Stunden × 4 = 140 Stunden monatlich × 2 Monate = 280 Stunden × 7,68 EUR pro Stunde) zuzüglich Zinsen eingeklagt. Gleichzeitig hat sie mit dem Versprechen, die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nachzureichen, um Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwältin H2xxx K2xxxx aus H1xxxxx nachgesucht.
Das Arbeitsgericht hat der Klägerin mit Zwischenverfügung vom 12.04.2005 aufgegeben, „innerhalb einer Frist von zwei Wochen eine schriftliche Erklärung gemäß amtlichem Vordruck über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse und darüber, dass ein Anspruch auf Rechtsschutz durch eine Gewerkschaft oder Rechtsschutzversicherung nicht besteht, einzureichen, damit über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe entschieden werden kann”. Diese Auflage erfolgte mit dem ausdrücklichen Hinweis, dass nach der Rechtsprechung der Beschwerdekammer „ein vollständiges Prozesskostenhilfegesuch erst dann [vorliegt], wenn neben der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sämtliche erforderlichen Belege vor Instanzbeendigung beim Arbeitsgericht eingereicht worden sind”.
Das Amtsgericht Bielefeld hat durch Beschluss vom 26.04.2005 – 43 IN 373/05 – um 12:00 Uhr wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung über das Vermögen der Beklagten das Insolvenzverfahren eröffne...