Entscheidungsstichwort (Thema)
Einrichtung einer Einigungsstelle. offensichtliche Unzuständigkeit. Interessenausgleich und Sozialplan. geplante Betriebsänderung. Personalabbau in Wellen
Leitsatz (redaktionell)
Bloße Konzepte und Vorüberlegungen des Arbeitgebers sind allein noch keine Planung i.S.v. § 111 S. 1 BetrVG und lösen noch keine Beteiligungsrechte des Betriebsrats aus. Ausreichend ist es auch nicht, wenn ein Personalabbau auf eine bestimmte, wirtschaftliche Entwicklung bzw. Entscheidung bei einem Kunden des Arbeitgebers zurückzuführen ist, solange der Arbeitgeber aufgrund dessen keine Maßnahmen durchzuführen beabsichtigt, die ihrerseits den Umfang einer Betriebsänderung annehmen.
Normenkette
ArbGG § 98; BetrVG §§ 111-112
Verfahrensgang
ArbG Dortmund (Beschluss vom 26.08.2008; Aktenzeichen 1 BV 183/08) |
Tenor
Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Dortmund vom 26.08.2008 – 1 BV 183/08 – wird zurückgewiesen.
Tatbestand
A
Die Beteiligten streiten um die Einrichtung einer Einigungsstelle.
Die Arbeitgeberin, die im Juni 2008 insgesamt 57 Arbeitnehmer beschäftigte, erbringt bundesweit an ca. 45 Standorten in der Bundesrepublik Deutschland Hausmeister-, Reinigungs- und Empfangsserviceleistungen, und zwar in Objekten, die im Eigentum der Vermögens- und Treuhandgesellschaft des D3 – V3 GmbH – stehen. Diese Dienstleistungen werden aufgrund sogenannter Gebäudemanagementverträge zwischen der Arbeitgeberin und der V3 in den Häusern des D3 erbracht.
Nachdem die V3 im Jahre 2007 den Entschluss gefasst hatte, bestimmte Objekte zu veräußern, wurden die insoweit abgeschlossenen Dienstleistungsverträge ganz oder teilweise durch die V3 gekündigt. Hiervon waren die Objekte K1, B2, A4, A3, W3, S4, W4, F1 (M3) und D4 betroffen.
Aufgrund der Kündigung der Dienstleistungsverträge kam es im August 2007 im Objekt K1 zur arbeitgeberseitigen Kündigung von drei dort bestehenden Arbeitsverhältnissen. Auch in den weiteren genannten Objekten wurden dort beschäftigte Mitarbeiter entlassen. Die genaue Anzahl der inzwischen entlassenen Mitarbeiter ist zwischen den Beteiligten streitig. Auf die Aufstellung der Kündigungen der einzelnen Dienstleistungsverträge und der Kündigungen der betroffenen Mitarbeiter in den einzelnen Objekten in der Beschwerdeschrift des Betriebsrats vom 17.09.2008 (Bl. 143 f.d.A.) und der Beschwerdeerwiderung der Arbeitgeberin vom 10.10.2008 (Bl. 218 f.d.A.) wird Bezug genommen.
Mit einem am 18.07.2008 beim Arbeitsgericht eingeleiteten einstweiligen Verfügungsverfahren begehrte der Betriebsrat von der Arbeitgeberin die Unterlassung betriebsbedingter Kündigungen bis zum Abschluss oder Scheitern eines Interessenausgleichs. Der Antrag des Betriebsrats hatte keinen Erfolg. Durch Beschluss vom 23.07.2008 – 3 BVGa 12/08 – wurde der Antrag des Betriebsrats zurückgewiesen (Bl. 195 ff.d.A.). Die Beschwerde des Betriebsrats zum Landesarbeitsgericht Hamm war ebenfalls erfolglos. Auf die Gründe des Beschlusses des erkennenden Gerichts vom 21.08.2008 – 13 TaBVGa 16/08 – wird Bezug genommen.
Bereits mit Schreiben vom 18.07.2008 (Bl. 34 ff.d.A.) hatte der Betriebsrat die Arbeitgeberin anwaltlich aufgefordert, die weitere Planung für die nächsten Monate zu erörtern, sowie sich zur Vereinbarung eines ersten gemeinsamen Erörterungstermins zur Erstellung eines Interessenausgleichs und Sozialplans in Verbindung zu setzen. Mit Schreiben vom 23.07.2008 (Bl. 36 d.A.) ließ die Arbeitgeberin daraufhin mitteilen, dass man keinen Gesprächsbedarf über einen Interessenausgleich und Sozialplan sehe.
Mit Schreiben vom 05.08.2008 teilte der Betriebsrat der Arbeitgeberin mit, dass die Voraussetzungen des § 112 Abs. 2 Satz 2 BetrVG erfüllt seien und der Betriebsrat beschlossen habe, die Angelegenheit durch eine Einigungsstelle nach § 76 BetrVG entscheiden zu lassen.
Nachdem die Arbeitgeberin hierauf nicht mehr äußerte, leitete der Betriebsrat am 19.08.2008 beim Arbeitsgericht das vorliegende Beschlussverfahren ein, mit dem er die Einrichtung einer Einigungsstelle zur Erstellung eines Interessenausgleichs und Sozialplans begehrt.
Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, dass die Arbeitgeberin eine Betriebsänderung im Sinne des § 111 BetrVG durchführe. Von den Kündigungen seien mindestens neun Arbeitnehmer betroffen.
Darüber hinaus sei inzwischen auch der Dienstleistungsvertrag für das Objekt M4 gekündigt worden. Dort seien drei Arbeitnehmer tätig, sodass auch bei diesen mit einer Kündigung zu rechnen sei.
Die Kündigungen beruhten auf einer einheitlichen Planungsentscheidung der Arbeitgeberin. Zumindest spreche eine Vermutung dafür, weil zwischen den jeweiligen Kündigungsentscheidungen nur wenige Monate lägen.
Auch sei die Planung der V3 der Arbeitgeberin zuzurechnen. Die V3 habe zunächst ihre Objekte selbst betreut. Im Jahre 1998 sei die Betreuung zunächst auf die A5 im Rahmen eines weiteren Betriebsübergangs übertragen worden. Am 01.01.2002 seien die Arbeitsverhältnisse der in den einzelnen Objekten beschäftigten Mitarbeite...