Entscheidungsstichwort (Thema)
Berichtigung eines gerichtlichen Vergleichsbeschlusses wegen offensichtlicher Unrichtigkeit
Leitsatz (amtlich)
Ein gerichtlicher Beschluss, der gemäß § 278 Abs. 6 ZPO das Zustandekommen eines Vergleichs feststellt, kann entsprechend § 44a Abs. 2 Satz 1 BeurkG berichtigt werden, wenn der Abschluss des Vergleichs auf einem gerichtlichen Vorschlag beruht, der offensichtlich unrichtig formuliert worden ist
Normenkette
BeurkG § 44a; ZPO § 278 Abs. 6
Verfahrensgang
ArbG Rheine (Aktenzeichen 3 Ca 1502/08) |
Tenor
Der Vergleichsbeschluss des Gerichts vom 17.11.2011 zu Ziffer 1), Eingangsabsatz, dort Zeile 2, wird dahin berichtigt, dass es hinsichtlich des Datums, unter dem das Zeugnis zu erteilen ist, statt „30.06.2009”
30.06.2008
heißt.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen
Tatbestand
I.
Der Kläger begehrt die Berichtigung eines Vergleichs, den die Parteien zur Erledigung eines Zeugnisrechtsstreits abgeschlossen haben. Der Kläger war bis zum 30.06.2008 bei der Beklagten als Oberarzt tätig. Auf das Beendigungsdatum des Arbeitsverhältnisses haben die Parteien sich in einem Vergleich verständigt, der am 10.07.2008 vor dem Arbeitsgericht Rheine (3 Ca 750/08) zustande kam. In diesem Vergleich heißt es unter Ziffer 4: „Die Beklagte erteilt dem Kläger ein wohlwollendes, qualifiziertes Arbeitszeugnis zum Beendigungstermin. Der Kläger wird hierzu einen Vorschlag einreichen, von dem die Beklagte nur aus wichtigem Grund abweichen darf.”
Die Beklagte erteilte dem Kläger unter dem 30.06.2008 ein Arbeitszeugnis, das von einem zuvor eingereichten Vorschlag des Klägers abwich. Der Kläger hat Klage erhoben mit dem Ziel, die Beklagte zu verurteilen, ein Zeugnis nach dem Wortlaut seines Vorschlages zu erteilen. Das Arbeitsgericht Rheine hat dieser Klage mit dem Urteil vom 22.07.2009 (3 Ca 1502/08) teilweise stattgegeben. Gegen das Urteil hat die Beklagte Berufung, der Kläger Anschlussberufung eingelegt. Das Landesarbeitsgericht hat den Parteien auf Anregung des Klägers einen Vergleichsvorschlag unterbreitet. Eine Einigung der Parteien kam jedoch zunächst nicht zustande. Der Kläger war insbesondere nicht damit einverstanden, dass der ihm vorgesetzte Chefarzt das Zeugnis mit dem Zusatz „i. A.” unterzeichnet; der Kläger begehrte zudem die Erteilung des Zeugnisses auf einem offiziellen Briefbogen der Urologischen Klinik. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht am 21.10.2011 konnte über diese beiden Punkte eine Einigung zwischen den Parteien herbeigeführt werden. Die Parteien haben um einen weiteren Vergleichsvorschlag des Gerichts gebeten.
Mit gerichtlichem Schreiben vom 24.10.2011 (Bl. 277 ff. d. A.) ist den Parteien gemäß § 278 Abs. 6 ZPO ein Vergleichsvorschlag unterbreitet worden, in dem es eingangs heißt: „Die Beklagte verpflichtet sich, dem Kläger ein qualifiziertes Zeugnis unter dem Datum des 30.06.2009 auf einem offiziellen Briefbogen der Urologischen Klinik – Chefarzt D1. m1. K1. M2. H3 – unterschrieben sowohl von dem Geschäftsführer der Beklagten als auch von Herrn D1. m1. K1. M2. H3 als ärztlichen Direktor, mit folgendem Wortlaut zu erteilen: …”. Sowohl der Kläger als auch die Beklagte haben diesen Vergleichsvorschlag angenommen. Mit Beschluss vom 07.11.2011 (Bl. 285 ff. d. A.) ist das Zustandekommen eines Vergleichs festgestellt worden.
Der Kläger hat mit dem Schriftsatz vom 21.12.2011 beantragt, den Vergleichsbeschluss des Gerichts vom 07.11.2011 zu Ziffer 1), Eingangsabsatz, dort Zeile 2, dahingehend zu berichtigen, dass es dort statt „30.06.2009” 30.06.2008 heißt. Es liege ein Schreibfehler vor, da das Arbeitsverhältnis zum 30.06.2008 sein Ende gefunden habe.
Nach Auffassung der Beklagten besteht keine Veranlassung zur Berichtigung des Vergleichstextes. Der Vergleichstext entspreche exakt dem von den Parteien angenommenen gerichtlichen Vergleichsvorschlag vom 25.10.2011; dies gelte auch für das Ausstellungsdatum des Zeugnisses. Die Beklagte habe bewusst das vom Gericht vorgeschlagene Ausstellungsdatum angenommen.
Entscheidungsgründe
II.
Der gerichtliche Beschluss vom 07.11.2011 ist entsprechend § 44a Abs. 2 Satz 1 BeurkG antragsgemäß zu berichtigen.
Nach dieser Vorschrift darf der beurkundende Notar offensichtliche Unrichtigkeiten in Urkunden auch nach Abschluss der Niederschrift durch einen von ihm zu unterschreibenden Nachtragsvermerk richtigstellen. Die Vorschrift ist hier entsprechend anwendbar.
Die Voraussetzungen für eine Analogie liegen vor. Das Gesetz enthält eine planwidrige Regelungslücke hinsichtlich der Frage, ob offenbare Unrichtigkeiten in Vergleichsbeschlüssen, die das Zustandekommen eines gerichtlichen Vergleichs nach Maßgabe eines vom Gericht formulierten Vergleichsvorschlages feststellen, berichtigt werden können. Nach seinem Sinn und Zweck findet § 44a Abs. 2 Satz 1 BeurkG auf diese Fallgestaltung entsprechende Anwendung.
1. Die hier maßgebliche Frage, ob ein gerichtlicher Vergleichsbeschluss berichtigt werden kann, wenn der Vergleich aufgrund eines offensichtlich unric...