Entscheidungsstichwort (Thema)

Unterlassungsanspruch des Betriebsrats bei Betriebsänderungen

 

Leitsatz (amtlich)

Dem Betriebsrat steht ein Anspruch auf Unterlassung einer Betriebsänderung bis zum Zustandekommen oder endgültigen Scheitern eines Interessenausgleichs zu. Dieser Anspruch kann bei Vorliegen eines Verfügungsgrundes im Wege der einstweiligen Verfügung durchgesetzt werden (Änderung der früheren Rechtsprechung der Kammer).

 

Normenkette

BetrVG § 111

 

Verfahrensgang

ArbG Minden (Beschluss vom 06.08.2003; Aktenzeichen 3 BVGa 3/03)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Betriebsrats wird der am 06.08.2003 verkündete Beschluss des Arbeitsgerichts Minden – 3 BVGa 3/03 – abgeändert.

Dem Arbeitgeber wird aufgegeben, die am 01.09.2003 geplante Ausgliederung der Betriebsteile Küche/Cafeteria auf die Firma „m4xx a3 l1 c2xxx” C3xxxxxx GmbH, B3xxxx, so lange zu unterlassen, bis der zwischen den Beteiligten zu versuchende Interessenausgleich zustande gekommen oder endgültig gescheitert ist.

Für den Fall der Zuwiderhandlung wird dem Arbeitgeber ein Ordnungsgeld bis zu 100.000,00 EUR angedroht.

 

Tatbestand

I

Der Betriebsrat will dem am Verfahren beteiligten Arbeitgeber im Wege der einstweiligen Verfügung aufgeben lassen, die Ausgliederung eines Betriebsteils bis zum Abschluss oder Scheitern eines Interessenausgleichs zu unterlassen.

Der Arbeitgeber betreibt eine Betreuungs- und Pflegeeinrichtung für psychisch Kranke und Suchtkranke. Er beschäftigt regelmäßig etwa 108 Arbeitnehmer. Antragsteller ist der dort bestehende Betriebsrat.

Mit Schreiben vom 15.05.2003 unterrichtete der Arbeitgeber den Wirtschaftsausschuss über das geplante Outsourcing des Betriebsteils Küche/Cafeteria. Der Arbeitgeber teilte die Gründe für die geplante Maßnahme mit. Er teilte weiter mit, das übernehmende Unternehmen solle die Arbeitnehmer weiter beschäftigen und die Betriebsmittel pachten. Der Betriebsübergang sei keine Betriebsänderung. Von der Maßnahme sind acht Mitarbeiter betroffen, die im Betriebsteil Küche/Cafeteria beschäftigt werden. Mit Schreiben vom 10.06.2003 forderte der Betriebsrat den Arbeitgeber auf, in Verhandlungen über einen Interessenausgleich und Sozialplan einzutreten. Der Arbeitgeber erwiderte mit Schreiben vom 11.06.2003, die Maßnahme sei weder interessenausgleichs- noch sozialplanpflichtig.

Auf Antrag des Betriebsrats bestellte das Arbeitsgericht durch Beschluss vom 08.07.2003 – 3 BV 30/03 – einen Einigungsstellenvorsitzenden und setzte die Zahl der Beisitzer der Einigungsstelle fest. Gegenstand der Einigungsstelle ist unter anderem der Versuch der Herbeiführung eines Interessenausgleichs wegen der geplanten Ausgliederung der Betriebsteile Küche/Cafeteria. Der Beschluss ist inzwischen rechtskräftig. Die Einigungsstelle ist aber noch nicht zusammengetreten.

Mit gleichlautenden Schreiben vom 23.07.2003 teilten der Arbeitgeber und der Betriebserwerber den acht von der geplanten Maßnahme betroffenen Arbeitnehmern mit, die Geschäftsfelder Küche und Cafeteria würden an den Betriebserwerber „m4xx á1 l1 c2xxx” C3xxxxxx GmbH vergeben. Der Teilbetriebsübergang werde zum 01.09.2003 stattfinden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Kopie dieses Schreibens Bezug genommen (Bl. 16 – 18 d.A.).

Mit seinem am 01.08.2003 bei dem Arbeitsgericht Minden eingegangenen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung will der Betriebsrat dem Arbeitgeber aufgeben lassen, die Ausgliederung der Betriebsteile Küche/Cafeteria zu unterlassen, bis ein Interessenausgleich zustande gekommen oder endgültig gescheitert ist. Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, ihm stehe der geltend gemachte Unterlassungsanspruch zu. Es bestehe auch der erforderliche Verfügungsgrund. Da der Arbeitgeber die Maßnahme zum 01.09.2003 durchführen wolle, könne der Betriebsrat nicht auf ein normales Beschlussverfahren verwiesen werden.

Der Betriebsrat hat beantragt,

dem Arbeitgeber aufzugeben, die am 01.09.2003 geplante Ausgliederung der Betriebsteile Küche/Cafeteria auf die Firma „m4xx á1 l1 c2xxx” C3xxxxxx GmbH, B3xxxx, so lange zu unterlassen, bis der zwischen den Beteiligten zu versuchende Interessenausgleich zustande gekommen oder endgültig gescheitert ist,

für den Fall der Zuwiderhandlung dem Arbeitgeber ein Ordnungsgeld bis zu 100.000,00 EUR anzudrohen.

Der Arbeitgeber hat beantragt,

die Anträge zurückzuweisen.

Der Arbeitgeber hat die Auffassung vertreten, es bestehe kein Anspruch des Betriebsrats auf Erlass der einstweiligen Verfügung.

Durch einen am 06.08.2003 verkündeten Beschluss hat das Arbeitsgericht die Anträge des Betriebsrats abgewiesen. Auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses wird Bezug genommen.

Gegen diesen Beschluss wendet sich der Betriebsrat mit seiner form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Beschwerde. Der Betriebsrat vertritt weiterhin die Auffassung, der geltend gemachte Unterlassungsanspruch bestehe. Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Vortrags des Betriebsrats wird auf seine Schriftsätze vom 12. und 26.08.2003 Bezug genommen.

Der Be...

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