Entscheidungsstichwort (Thema)

Beschlussverfahren. Teilnahme an einer Schulungsveranstaltung zu einem noch festzulegenden Zeitpunkt. Freistellungsanspruch des Betriebsratsmitglieds. Kostenübernahmeanspruch. Rechtsschutzbedürfnis. Bestimmtheit des Antrags. Globalantrag. Feststellungsinteresse für Erforderlichkeit einer Schulungsmaßnahme

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Für einen gerichtlichen Ausspruch, den Arbeitgeber zu verpflichten, das Betriebsratsmitglied für eine Schulungsveranstaltung von der Arbeitsleistung freizustellen, besteht nach einem ordnungsgemäß gefassten Beschluss des Betriebsrats zur Teilnahme des Mitglieds an einem Seminar kein Bedürfnis. Weder der Betriebsrat noch das teilnehmende Mitglied haben ein schutzwürdiges Interesse an einer ausdrücklich erklärten Freistellungserklärung des Arbeitgebers.

2. Die Frage, ob die Teilnahme eines Betriebsratsmitglieds an einer streitigen Schulungsmaßnahme erforderlich i.S.v. § 37 Abs. 6 BetrVG ist, betrifft kein Rechtsverhältnis.

 

Normenkette

BetrVG § 40 Abs. 1, § 36 Abs. 7; ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2, § 256; ArbGG § 81

 

Verfahrensgang

ArbG Bielefeld (Beschluss vom 29.08.2007; Aktenzeichen 4 BV 54/07)

 

Tenor

Die Beschwerde des Betriebsrats und des Beteiligten zu 2), des Betriebsratsvorsitzenden B2 gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 29.08.2007 – 4 BV 54/07 – wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

A

Die Beteiligten streiten um die Berechtigung des Betriebsratsvorsitzenden, des Beteiligten zu 2., an einer Schulungsveranstaltung teilzunehmen sowie um die Übernahme der hierfür entstehenden Kosten.

Die Arbeitgeberin, die Beteiligte zu 3., betreibt mit mehreren 1000 Beschäftigten bundesweit Einzelhandelsmärkte.

Antragsteller zu 1. des vorliegenden Verfahrens ist der im Markt in G1, in dem 130 Mitarbeiter tätig sind, gewählte Betriebsrat, der aus sieben Personen besteht. Der Antragsteller zu 2. ist der Betriebsratsvorsitzende, der als Haustechniker bei der Arbeitgeberin zu einem monatlichen Bruttoverdienst von zuletzt ca. 2.400,00 EUR beschäftigt ist. Seit dem 18.01.2001 ist er Mitglied des Betriebsrats und seit dem 03.04.2002 dessen Vorsitzender. Auch nach der Betriebsratswahl im Jahre 2006 wurde der Beteiligte zu 2. wieder zum Vorsitzenden des Betriebsrats gewählt.

Seit seiner Tätigkeit im Betriebsrat hat der Beteiligte zu 2. an elf Schulungsmaßnahmen teilgenommen, vier davon waren eintägige Seminare. Unter anderem besuchte der Betriebsratsvorsitzende folgende Veranstaltungen:

  • „BR I:Grundlagen des Betriebsverfassungsrechts (19.03.01 – 23.03.01),
  • Wirkungsvolles und sicheres Auftreten für Betriebsräte (16.09.03 – 19.09.03),
  • Gesprächs- und Verhandlungsführung (02.03.04 – 05.03.04),
  • BR III (20.09.04 – 24.09.04).”

Am 13.06.2007 beschloss der Betriebsrat, den Betriebsratsvorsitzenden zu dem Seminar mit dem Thema „Die Aufgaben des Betriebsratsvorsitzenden – Teil I”, veranstaltet von der Akademie für Arbeits- und Sozialrecht Ruhr-Westfalen (AAS), das in der Zeit vom 03.09.2007 bis zum 07.09.2007 in S5 stattfinden sollte, zu entsenden. Die Seminargebühren sollten 960,00 EUR betragen, die Verpflegungskosten beliefen sich auf 119,00 EUR pro Tag.

Nach dem Programm des Veranstalters (Bl. 10 ff.d.A.) behandelte das Seminar folgende Themen:

  • „Neu- und Abwahl des Betriebsratsvorsitzenden,
  • Handlungsrahmen des Betriebsratsvorsitzenden,
  • Durchführung der Betriebsratssitzungen,
  • Rechtsstellung der Betriebsratsmitglieder,
  • Grundsätze der Amtsführung,
  • Zusammenarbeit mit anderen Organen der Betriebsverfassung,
  • Führungskompetenz des Betriebsratsvorsitzenden.”

Mit Schreiben vom 24.07.2007 (Bl. 14 d.A.) und 27.07.2007 (Bl. 15 d.A.) lehnte die Arbeitgeberin die Seminarteilnahme des Betriebsratsvorsitzenden wegen fehlender Erforderlichkeit ab.

Der Betriebsrat sowie der Betriebsratsvorsitzende leiteten daraufhin am 06.08.2007 das vorliegende Beschlussverfahren beim Arbeitsgericht ein.

Der Betriebsrat hat die Teilnahme des Betriebsratsvorsitzenden B2 an dem streitigen Seminar für erforderlich gehalten, da keines der bisher besuchten Seminare die Geschäftsführung des Betriebsratsvorsitzenden zum Gegenstand gehabt habe.

Der Betriebsrat und der Betriebsratsvorsitzende haben beantragt,

  1. die Arbeitgeberin zu verpflichten, den Betriebsratsvorsitzenden für die Teilnahme an dem Seminar „Die Aufgaben des Betriebsratsvorsitzenden – Teil I” in der Zeit vom 03.09.2007 bis 07.09.2007 unter Fortzahlung des Entgeltes von der Arbeit freizustellen,
  2. festzustellen, dass die Arbeitgeberin verpflichtet ist, die Seminarkosten in Höhe von 960,00 EUR sowie die Verpflegungskosten in Höhe von 595,00 EUR sowie die dem Betriebsratsvorsitzenden entstehenden Fahrtkosten zu tragen.

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

die Anträge abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, die Schulungsmaßnahme sei nicht erforderlich. Die Notwendigkeit der Teilnahme des Betriebsratsvorsitzenden an dem streitigen Seminar sei nicht ausreichend begründet worden.

Durch Beschluss vom 29.08.2007 hat das Arbeitsgericht di...

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