Die Revision wird zugelassen
Entscheidungsstichwort (Thema)
Mutterschutz. Beschäftigungsverbot. ärztliche Bescheinigung. Beweiswert. Änderung der Arbeitsbedingungen
Leitsatz (amtlich)
Behauptet der Arbeitgeber gegenüber der schwangeren Arbeitnehmerin, er habe die Bedingungen am Arbeitsplatz, die zuvor mitursächlich für die Erteilung eines Beschäftigungsverbotes gem. § 3 Abs. 1 MuSchG waren, geändert, so ist es nicht die Pflicht der Arbeitnehmerin, sich hiervon vor Ort zu überzeugen und ihren Arzt gegebenenfalls zu unterrichten. Vielmehr muss der Arbeitgeber, der das Beschäftigungsverbot nicht länger gegen sich gelten lassen will, selbst geeignete Maßnahmen treffen, die zu einer erneuten Überprüfung führen. Eventuell anfallende Kosten muss er übernehmen.
Normenkette
MuSchG § 3 Abs. 1, § 11 Abs. 1, § 14 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Hagen (Westfalen) (Urteil vom 30.06.2005; Aktenzeichen 2 (4) Ca 2999/04) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hagen vom 30.06.2005 – 2 (4) Ca 2999/04 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen
Tatbestand
Die Parteien streiten über einen Anspruch der Klägerin auf Zahlung von Arbeitsentgelt während eines ärztlich angeordneten Beschäftigungsverbotes sowie über den Zuschuss zum Mutterschaftsgeld.
Die am 26.04.1966 geborene Klägerin ist seit dem 17.08.2000 bei dem Beklagten als kaufmännische Angestellte zu einem durchschnittlichen Bruttomonatsverdienst von 2.045,16 Euro bei einer wöchentliche Arbeitszeit von 38 Stunden beschäftigt. Die regelmäßige Arbeitszeit lag von 07.00 bis 15.00 Uhr. Der Beklagte betreibt eine Feuerverzinkerei am Standort E1xxxxxxx.
Die Klägerin hatte nach der Geburt eines Kindes im Jahre 2001 Elternzeit in Anspruch genommen, die am 28.07.2004 endete. Zuvor meldete sich die Klägerin bereits mit Schreiben der sie vertretenden Gewerkschaft (Bl. 33 d.A.) vom 12.02.2004 bei dem Beklagten und zeigte ihm gegenüber das Ende der Elternzeit zum vorgenannten Datum an. Darüber hinaus ließ die Klägerin mitteilen, dass sie wegen der Betreuung des Kindes vorschlage, zumindest für einen Übergangszeitraum mit reduzierter Arbeitszeit tätig zu werden, und zwar täglich von 8.00 bis 12.00 Uhr. Der Beklagten war dieser mit einer Reduzierung und Veränderung der Lage der Arbeitszeit nicht einverstanden.
Mitte März 2004 meldete sich die Klägerin nochmals telefonisch bei dem Beklagten und teilte diesem erneut mit, sie könne nicht um 07.00 Uhr morgens nicht mit der Arbeit beginnen. In diesem Telefongespräch wurde der Klägerin mitgeteilt, dass der Arbeitsplatz nur zu den alten Bedingungen (Arbeitszeiten 07.00 Uhr bis 15.00 Uhr) freigehalten werden könne. Eine schriftliche Bestätigung hierüber erteilte der Beklagte unter dem 01.04.2004 (Bl. 34 d.A.). Zum Hintergrund dieser Bestätigung trägt der Beklagte vor, die Klägerin habe darum gebeten, da sie beabsichtige, das Arbeitsverhältnis selbst zu beenden, weil die Einhaltung der alten Arbeitszeiten wegen der Kinderbetreuung nicht möglich sei.
Ende April 2004 legte die Klägerin gegenüber dem Beklagten eine unter dem 27.04.2004 ausgestellte ärztliche Bescheinigung vor, die eine Schwangerschaft der Klägerin und einen voraussichtlichen Geburtstermin am 22.12.2004 bescheinigt (Bl. 35 d. A.). Tatsächlich wurde das Kind am 03.12.2004 geboren.
Am Donnerstag, den 29.07.2004 erschien die Klägerin zur Arbeitsaufnahme kurz vor 07.00 Uhr an ihrer Arbeitsstelle. Ob sie hierüber noch am 06.07.2004 mit der Ehefrau des Beklagten telefonisch gesprochen hat, ist zwischen den Parteien streitig.
Der Klägerin wurde zunächst ein kleines Büro, welches zur Produktionshalle hin ausgerichtet ist, über kein Fenster verfügt sowie mit Emissionen aus der Produktion der Verzinkerei belastet wird, zugewiesen. Es handelt sich um das ehemalige, an die Produktionsräume angrenzende Aktenzimmer der Büroräume ohne Fenster oder Licht von außen.
Am 30.07.2004 fand bei dem Beklagten eine Betriebsbesichtigung des zuständigen Amtes für Arbeitsschutz statt. Dieses beanstandete die vorstehenden Arbeitsbedingungen und setzte sich telefonisch mit dem Beklagten in Verbindung, der über das Wochenende verreist war. Das Amt für Arbeitsschutz forderte den Beklagten hierbei auf, die in ihrer Funktionsfähigkeit eingeschränkte Toilettenanlage in einen ordnungsgemäßen Zustand zu versetzen und der Klägerin ein Büro zur Verfügung zu stellen, welches nicht unmittelbar an die Produktionshalle angrenzt. Zugleich informierte das Amt in Person der Mitarbeiterin Frau von der H3x den behandelnden Gynäkologen der Klägerin, Herrn Dr. med. M4. S5xxxxx in E1xxxxxxx (Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe), über ihre Beurteilung des Arbeitsplatzes. Außerdem erläuterte sie gegenüber dem Arzt, dass sie die Klägerin nach Hause schicke und diese sich am Montag, den 02.08.2004 bei ihm in der Praxis vorstelle. Tatsächlich verließ die Klägerin den Arbeitsplatz daraufhin um 12.30 Uhr, obschon sie nach Darlegung des Beklagten an diesem Ta...