Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch eines Angestellten im kommunalen feuerwehrtechnischen Dienst auf Entschädigungen für die in den Jahren 2000 – 2010 geleisteten über 48 Wochenstunden hinausgehenden Schichtzeiten – AZVO Feu NRW/Verjährung
Leitsatz (redaktionell)
1. Für eine hinreichende Geltendmachung auch von Sekundäransprüchen muss der Anspruchsteller den maßgeblichen Sachverhalt – auch zeitlich –, aus dem die Ansprüche hergeleitet werden, dargelegen. Es genügt, wenn er zur Verdeutlichung seiner Auffassung auf ergangene Entscheidungen deutlich Bezug nimmt. Die alternative Geltendmachung von Ansprüchen ist zulässig, wenn der Arbeitgeber erkennen kann, welche Ansprüche der Arbeitnehmer wahlweise verfolgt.
2. Die Klausel, die alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis erfasst, umfasst auch Ansprüche aus unerlaubter Handlung, selbst wenn sie vorsätzlich erfolgt ist.
3. Gemäß § 203 S. 1 BGB ist die Verjährung gehemmt, bis der eine oder andere Teil die Fortsetzung der Verhandlungen verweigert, wenn zwischen Schuldner und Gläubiger Verhandlungen über den Anspruch oder die den Anspruch begründenden Umstände schweben. Der Begriff der Verhandlung ist weit auszulegen. Der Gläubiger muss klarstellen, dass er einen Anspruch geltend macht und worauf er ihn im Kern stützen will. Anschließend genügt jeder Meinungsaustausch über den Anspruch oder seine tatsächlichen Grundlagen, wenn nicht erkennbar sofort eine Verhandlung abgelehnt wird.
Normenkette
AZVO FeuNRW
Verfahrensgang
ArbG Siegen (Urteil vom 17.05.2011; Aktenzeichen 3 Ca 274/11 O) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Siegen vom 17.05.2011 – 3 Ca 274/11 O – unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.372,43 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2006 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 95 % und der Beklagte zu 5 % mit Ausnahme der Kosten, die durch die Anrufung des Verwaltungsgerichts Arnsberg entstanden sind. Diese werden dem Kläger auferlegt.
Die Revision wird für beide Parteien zugelassen
Tatbestand
Die Parteien streiten über einen Entschädigungsanspruch des Klägers für die Arbeitszeit, die er über 48 Stunden wöchentlich hinaus leistete.
Er ist am 26.02.1950 geboren und seit dem 16.01.1972 bei dem Beklagten tätig. Seit dem 01.08.1979 wird er in der Kreisleitstelle im kommunalen feuerwehrtechnischen Dienst eingesetzt.
Dem Arbeitsverhältnis liegt ein Arbeitsvertrag vom 31.01.1972 (Bl. 61 bis 63 d. A.) zugrunde. Gemäß § 2 des Arbeitsvertrages richtete sich das Arbeitsverhältnis nach den Bestimmungen des Bundes-Angestelltentarifvertrags (BAT) vom 23.02.1961 und der zusätzlich abgeschlossenen Tarifverträge – insbesondere des Bezirks-Zusatz-Tarifvertrages hierzu (BZT-A/NW) in der jeweils geltenden Fassung. Das Gleiche gilt für die an deren Stelle tretenden Tarifverträge.
Seit dem 01.10.2005 ist der TVöD-VKA auf das Arbeitsverhältnis anwendbar.
Der Beklagte beschäftigte den Kläger seit dem 01.06.2000 mit 54 Wochenstunden in Schichten von jeweils 24 Stunden.
Er zahlte ihm je Schicht eine Mehrarbeitsvergütung für zunächst 3,4 Stunden je Schicht. Der Zahlung lag ein Schreiben des Beklagten vom 26.03.1997 (Bl. 369 d. A.) zugrunde, in dem er u.a. ausführte:
„Vorbehaltlich der noch einzuholenden Zustimmung des Personalrates werde ich Ihnen weiterhin entsprechend dem OVG-Urteil vom 08.06.1995 die Mehrarbeit in Höhe von 3,4 Stunden je Schicht vergüten.”
Ausweislich seines Vermerks vom 09.03.1999 (Bl. 87 d.A.) wurde die vergütete Mehrarbeit je 24-Stunden-Schicht zum 01.01.1999 auf 3,7 Stunden erhöht. Die Mehrarbeitsvergütung pro 24-Stunden-Schicht wurde unter Berücksichtigung von zuletzt 3,6 Stunden jedenfalls bis Ende 2010 gezahlt. Insoweit wird auf die von dem Beklagten mit Schriftsatz vom 06.04.2011 vorgelegten Kopien der Lohnkonten des Klägers (Bl. 90 bis 102 d. A.) verwiesen.
Die klägerische Arbeitszeit richtete sich bis zum 31.12.2006 nach der Verordnung über die Arbeitszeit des Beamten des feuerwehrtechnischen Dienstes in den Feuerwehren der Gemeinden und Gemeindeverbänden des Landes Nordrhein-Westfalen (AZVOFeu) vom 05.12.1988. § 1 Abs.1 dieser Verordnung lautet wie folgt:
„Die regelmäßige Arbeitszeit der Beamten des feuerwehrtechnischen Dienstes, die in Wechselschichten Dienst leisten, beträgt ab 01.04.1989 wöchentlich im Durchschnitt 54 Stunden und 40 Minuten und ab 01.04.1990 wöchentlich im Durchschnitt 54 Stunden. Davon sollen in der Regel nicht mehr als 20 Stunden wöchentlich auf den Arbeits- und Ausbildungsdienst entfallen …”
Zum 01.01.2007 trat die AZVOFeu vom 01.09.2006 in Kraft.
§ 2 Abs.1 der Verordnung lautet wie folgt:
„Die regelmäßige Arbeitszeit der Beamtinnen und Beamten des feuerwehrtechnischen Dienstes, die in Schichten Dienst leisten, beträgt unter Berücksichtigung des Bereitschaftsdienstes wöchentlich einschließlich Mehrarbeitsstunden im Jahresdurchschnitt 48 Stunden. Dabei ...