Entscheidungsstichwort (Thema)

Personenbeschreibung und Schlußfloskel im qualifizierten Zeugnis

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Zu jedem Zeugnis gehört eine Personenbeschreibung, soweit sie zur Identifizierung des Arbeitnehmers erforderlich ist. Dabei sind Namen, Vornamen und akademische Titel als Bestandteil des Personennamens des Arbeitnehmers aufzuführen. Wenn dem Absolventen einer Fachhochschule der Titel "Diplom-Ingenieur, Dipl.-Ing." verliehen worden ist, daß ist es unzulässig, diesem Titel den Zusatz "FH" hinzuzufügen. Das Zeugnis muß eine klare, wenn auch kurz gefaßte Bezeichnung der Beschäftigung bzw. die Berufsangabe enthalten. Bei innerbetrieblichen Titeln handelt es sich um Funktionsbezeichnungen, die zur Tätigkeitsbeschreibung gehören und daher nicht der Personenbeschreibung beigefügt werden müssen. Der Arbeitnehmer kann die Angabe eines innerbetrieblichen Titels nur dann verlangen, wenn dies in der Praxis des Arbeitslebens üblich ist.

2. Schlußfloskeln (Dankes-Bedauern-Formel und Zukunftswünsche) stellen keinen notwendigen Bestandteil des qualifizierten Zeugnisses dar. Sie drücken zwar oft eine besondere Wertschätzung aus, sind aber nicht einklagbar, weil ihr Fehlen nicht zum Ausdruck bringt, das Arbeitsverhältnis sei im Streit auseinandergegangen. Schlußfloskeln sind, da sie ein weites Feld für Verschlüsselungen bieten, abzulehnen. Wird dennoch eine Schlußfloskel verwandt, muß sie mit dem übrigen Zeugnis in Einklang stehen, denn unterlassene negative Urteile dürfen nicht versteckt mit der Schlußformel nachgeholt werden.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Berichtigung Zeugnisses.

Die Beklagte ist ein Unternehmen, das elektrische und elektro-wärmetechnische Anlagen entwickelt und herstellt sowie Ofenanlagen projektiert und erstellt.

Bei ihr war der Kläger vom 01.01.1988 bis 30.09.1989 als Elektroingenieur zu einem Gehalt von zuletzt 5.000,-- DM brutto tätig. Ausweislich des schriftlichen Arbeitsvertrages war er als "Projektleiter für die Elektrotechnik und die Umrichttechnik" eingestellt worden.

Unter dem 26.09.1989 stellte die Beklagte dem Kläger ein Zeugnis aus, mit dem sich dieser nicht einverstanden erklärte und deshalb am 15.01.1990 Klage erhoben hat. Während des Prozesses erteilte die Beklagte dem Kläger unter dem Datum 06.03.1990 ein neues Zeugnis folgendes Inhalts:

Z e u g n i s

Herr J. L., geb. am 01.01.1948, wohnhaft in 4620 C.-R., L. 37, war in der Zeit vom 01.01.1988 bis zum 30.09.1989 in unserem Hause in den Abteilungen Entwicklung und Projektierung tätig.

Sein Arbeitsgebiet umfaßte die Mitwirkung bei der Berechnung elektrischer und elektrotechnischer Anlagenteile, wie Induktionsöfen, Transformatoren, Drosseln und Schaltanlagen für Induktions-Erwärmungs-Anlagen.

Nach relativ kurzer Einarbeitungszeit konnten wir Herrn L. eigenverantwortlich Aufgabenstellungen übertragen und mit der Projektierung und der Erstellung von Gesamtanlagen beschäftigen. Hierzu gehörte auch die eigenverantwortliche Erstellung von Kostenunterlagen, sowohl im Bereich der Angebotsausarbeitung, wie auch im Bereich der Anlagenerrichtung.

Bei dieser Tätigkeit kamen Herrn L. die bei ihm durch frühere Berufstätigkeit vorhandenen Kenntnisse im Bereich Transformatoren- und Drosselbau sehr zu Hilfe.

Er erledigte die ihm gestellten Aufgaben zu unserer vollen Zufriedenheit, Herr L. zeichnet sich durch seine sachbezogene und organisationsorientierte Aufgabendurchführung aus.

Wir haben ihn als einen pflichtbewußten und aufrichtigen Mitarbeiter kennengelernt.

Herr L. scheidet zum 30.09.1989 auf eigenen Wunsch aus unserem Unternehmen aus.

Wir wünschen ihm für die Zukunft alles Gute.

Er hat mit seinem Klageantrag die Aufnahme von Formulierungen in das Zeugnis begehrt, aus denen sich leitende Funktionen ergeben. Er hat behauptet, er sei nicht nur als Projektleiter eingestellt worden, sondern habe diese Position auch tatsächlich ausgeführt.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, ihm ein qualifiziertes Zeugnis mit einem in der Klageschrift im einzelnen spezifizierten Wortlaut zu erteilen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat behauptet, der Kläger habe zu keinem Zeitpunkt ein Projekt geleitet. Er sei lediglich bei Einzelaufgaben mit der Organisationsleitung betraut worden und habe bestimmte Aufgaben innerhalb der gesamten Verantwortung wahrgenommen. Sie habe den Kläger auf diese Weise an die Projektleitung heranführen wollen, dazu sei es aber durch die Eigenkündigung des Klägers nicht mehr gekommen. Ob er auch über hervorragende Kenntnisse verfüge, könne sie nicht beurteilen, da der Anfall Transformatoren- und Drosselfertigungen nur gering sei.

Das Arbeitsgericht Iserlohn hat durch Urteil vom 10.01.1991 die Klage abgewiesen, dem Kläger die Kosten des Rechtsstreits auferlegt und den Wert des Streitgegenstandes auf 5.000,-- DM festgesetzt.

Zur Begründung hat es ausgeführt, daß der Kläger gegen die Beklagte keinen Anspruch auf die begehrten Zeugnisformulierungen habe. Er habe keine Tatsachen dargelegt und unter Bewe...

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