Entscheidungsstichwort (Thema)
Mobbing. Substantiierung. Kausalität
Leitsatz (redaktionell)
Da „Mobbing” weder ein anerkannter Rechtsbegriff ist noch eine mit einer Rechtsnorm vergleichbare selbstständige Anspruchsgrundlage für Ansprüche eines Arbeitnehmers gegen seinen Arbeitgeber darstellt, ist ein auf Schadenersatz oder Schmerzensgeld gerichteter Anspruch nur dann begründet, wenn der Arbeitgeber durch die als „Mobbing” näher bezeichneten Handlungen arbeitsrechtliche Pflichten verletzt, ein absolutes Recht des Arbeitnehmers i.S.v. § 823 Abs. 1 BGB oder ein Schutzgesetz i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB verletzt oder eine sittenwidrige Schädigung i.S.v. § 826 BGB begangen hat.
Normenkette
BGB § 823 Abs. 1-2, § 826
Verfahrensgang
ArbG Herford (Urteil vom 03.09.2010; Aktenzeichen 3 Ca 1811/09) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Herford vom 03.09.2010 – Az.: 3 Ca 1811/09 – wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von der Beklagten Schadensersatz und Schmerzensgeld.
Der Kläger ist bei der Beklagten auf der Basis eines schriftlichen Arbeitsvertrages vom 11.01.1988 als Industriebuchbinder tätig. Arbeitsvertraglich ist festgehalten, dass auf das Arbeitsverhältnis die Tarifverträge für die gewerblichen Arbeitnehmer der Druckindustrie in der jeweils gültigen Fassung Anwendung finden. Bei der Beklagten ist ein Betriebsrat eingerichtet. Der Kläger war seit Mai 2005 Mitglied und seit April 2006 Vorsitzender dieses Betriebsrats. Am 22.01.2007 trat der Kläger von diesem Amt zurück. Der Betriebsrat beschloss seine Auflösung und leitete Betriebsratswahlen ein.
Die krankheitsbedingten Ausfallzeiten des Klägers in den Jahren 2001 bis 2006 beliefen sich auf 22 bis 44 Arbeitstage. Seit dem 25.10.2007 ist der Kläger dauerhaft arbeitsunfähig erkrankt. Im Rahmen einer Begutachtung durch den medizinischen Dienst der Krankenversicherung Westfalen-Lippe gab der Kläger ausweislich des erstellten sozialmedizinischen Gutachtens vom 29.10.2008 an, seine Beschwerden seien durch den Arbeitgeber ausgelöst worden. Der Arbeitgeber habe Druck ausgeübt und ihn mit neuen Arbeitsverträgen erpresst. Der Gutachter diagnostizierte eine Anpassungsstörung bei Arbeitskonfliktsituationen. Wegen des Inhalts des Gutachtens wird auf Blatt 6 – 9 der Akten Bezug genommen. Der Hausarzt des Klägers hielt in einer ärztlichen Bescheinigung vom 20.11.2008 fest, sein Patient spreche von Mobbing. Aus seiner hausärztlichen Sicht sei das bestehende Krankheitsbild hauptsächlich durch die betriebliche Situation im Zeitraum von Mitte 2006 bis Oktober 2007 verursacht worden.
Im Verantwortungsbereich des Klägers kam es am 11.07.2006 zu einer fehlerhaften Produktion eines Katalogs. Die Beklagte sprach daraufhin am 31.08.2006 eine Abmahnung aus. Im Rahmen eines arbeitsgerichtlichen Vergleichs einigten sich die Parteien darauf, die Klageschrift des Klägers als Gegendarstellung zur Personalakte zu nehmen und die Abmahnung vom 31.08.2006 am 15.09.2007 aus der Personalakte zu entfernen. Eine weitere Abmahnung erfolgte unter dem 26.03.2007. Sie wurde darauf gestützt, dass bei der Produktion einer Broschüre am 13.07.2007, die dem Kläger aufgetragen war, Druckstellen an der Innenseite der Broschüre entstanden waren. Arbeitsgerichtlich einigten sich die Parteien erneut darauf, die Klageschrift des Klägers als Gegendarstellung zur Personalakte zu nehmen sowie die Abmahnung nach einigem Zeitablauf, nämlich am 31.03.2008, aus der Personalakte zu entfernen. Im September 2007 kam es im Verantwortungsbereich des Klägers zu einer fehlerhaften Produktion einer Broschüre. Die Beklagte mahnte das Verhalten des Klägers mit Schreiben vom 25.09.2007 ab. Erneut einigten sich die Parteien arbeitsgerichtlich darauf, die Klageschrift als Gegendarstellung zu Personalakte zu nehmen und die Abmahnung nach einigem Zeitablauf – am 31.12.2008 – aus der Personalakte zu entfernen.
Im Zusammenhang mit der Auflösung des Betriebsrates beschloss der Betriebsrat am 22.01.2007 zugleich, eine Betriebsvereinbarung vom 01.06.2006 zum 30.04.2007 zu kündigen. Diese Betriebsvereinbarung konnte mit dem neugewählten Betriebsrat nicht erneut abgeschlossen werden. Die Beklagte entschloss sich sodann, sämtlichen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern den Abschluss von Änderungsverträgen anzubieten, um auf diesem Weg Regelungsbereiche der Betriebsvereinbarung einzelvertraglich zu vereinbaren. Mit Ausnahme von sechs Mitarbeitern, unter ihnen der Kläger, nahmen alle anderen Arbeitnehmer der Beklagten das Angebot auf Änderung der Arbeitsverträge an. Der Kläger forderte auf der Grundlage seines ursprünglichen Arbeitsvertrages Vergütungsansprüche ein und machte diese vor dem Arbeitsgericht Herford geltend. Dort einigten sich die Parteien durch Abschluss eines Vergleiches.
Mit Schreiben vom 08.10.2009, wegen dessen weiteren Inhalts auf die Gerichtsakte (Bl. 12 bis 14 d. A.) Bezug genommen wird, machte der Kläger unter Hinweis darauf, dass er seit de...