Entscheidungsstichwort (Thema)

Tariflicher Mehrurlaub

 

Leitsatz (amtlich)

§ 12 Manteltarifvertrag für die Chemische Industrie enthält eine eigenständige Urlaubsregelung, die dazu führt, dass der tarifliche Mehrurlaub eines langzeiterkrankten Arbeitnehmers erlischt und nicht abzugelten ist.

 

Normenkette

Manteltarifvertrag für die Chemische Industrie § 12

 

Verfahrensgang

ArbG Dortmund (Urteil vom 15.04.2010; Aktenzeichen 3 Ca 5353/09)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 13.11.2012; Aktenzeichen 9 AZR 64/11)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 15.04.2010 – 3 Ca 5353/09 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Abgeltung des tariflichen Mehrurlaubs für die Jahre 2007 und 2008.

Der Kläger stand in der Zeit vom 01.10.1974 bis zum 30.06.2008 in einem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten. Er war als Mitarbeiter der Werksfeuerwehr im 24-Stunden-Dienst beschäftigt. Ab dem 31.07.2007 war er bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 30.06.2008 und darüber hinaus jedenfalls bis zum 31.03.2009 arbeitsunfähig erkrankt. Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses waren aus dem Jahre 2007 19 Urlaubstage und aus dem Jahre 2008 14 Urlaubstage, insgesamt also 33 Urlaubstage offen. Mit E-Mail vom 31.07.2008 begehrte der Kläger mit Verweis auf den Verdienstnachweis von Juni 2008, ihm die fehlenden Urlaubstage von 2007 und 2008 zu bezahlen. Nachdem der Kläger unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 28.07.2009 einen Urlaubsabgeltungsanspruch geltend gemacht hatte, zahlte die Beklagte im September 2009 auf der Grundlage einer Vergütung von 329,77 EUR pro Urlaubstag zur Abgeltung von 13 Urlaubstagen 4.300,86 EUR brutto an den Kläger aus. Dies entspricht den dem Kläger aus den Jahren 2007 und 2008 zustehenden gesetzlichen Urlaubsansprüchen. Eine Abgeltung des tariflichen Mehrurlaubs im Umfang von verbleibenden 20 Urlaubstagen lehnte sie ab. Diesen Anspruch verfolgt der Kläger in Höhe eines Betrages von 6.595,40 EUR, für den er die von der Beklagten berechnete Vergütung pro Urlaubstag zugrunde legt, mit seiner am 05.11.2009 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage weiter.

Auf das Arbeitsverhältnis fand kraft beiderseitiger Tarifbindung der Manteltarifvertrag für die Chemische Industrie (im Folgenden MTV Chemie) Anwendung. Dieser enthält die folgenden Regelungen:

㤠12

Urlaub

I.

Urlaubsanspruch

Der Urlaub dient der Erholung und der Erhaltung der Arbeitskraft. Während des Urlaubs darf der Arbeitnehmer keine Erwerbsarbeit leisten.

1. Der Arbeitnehmer hat für jedes Kalenderjahr Anspruch auf einen bezahlten Urlaub.

2. Das Urlaubsjahr ist das Kalenderjahr.

3. Im Eintrittsjahr hat der Arbeitnehmer für jeden angefangenen Beschäftigungsmonat im Unternehmen Anspruch auf ein Zwölftel des Jahresurlaubs. Der Urlaub, der ihm für diese Beschäftigungsmonate bereits von einem anderen Unternehmen gewährt oder abgegolten worden ist, wird angerechnet. Der Anspruch auf ein Urlaubszwölftel setzt voraus, dass das Arbeitsverhältnis mindestens einen Monat bestanden hat. Der Arbeitnehmer kann den Urlaub für das Eintrittsjahr nach sechs Monaten Betriebszugehörigkeit, spätestens aber im Dezember, geltend machen.

4. Der Anspruch auf vollen Jahresurlaub entsteht erstmals für das auf das Eintrittsjahr folgende Urlaubsjahr, sobald das Arbeitsverhältnis 6 Monate bestanden hat. Die Regelung für das Austrittsjahr gemäß Ziffer 5 bleibt hiervon unberührt.

5. Im Austrittsjahr hat der Arbeitnehmer für jeden angefangenen Beschäftigungsmonat im Unternehmen Anspruch auf ein Zwölftel des Jahresurlaubs. Scheidet der Arbeitnehmer wegen Bezugs einer Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung oder wegen voller Erwerbsminderung 12) aus, so erhält er den vollen Jahresurlaub, es sei denn, dass das Arbeitsverhältnis im Eintrittsjahr endet. Der Anspruch entfällt, wenn der Arbeitnehmer vor seinem Ausscheiden mindestens 12 Monate lang nicht gearbeitet hat.

12) Bei Renten …

1. Bei einer Dauer des Arbeitsverhältnisses von weniger als sechs Monaten besteht abweichend von Ziffern 3 und 5 für jeden vollen Beschäftigungsmonat Anspruch auf ein Zwölftel des Jahresurlaubs.

2. Bruchteile von Urlaubstagen von 0,5 an aufwärts sind auf volle Urlaubstage aufzurunden, Bruchteile darunter entsprechend abzurunden.

3. Eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit, die durch ärztliches Zeugnis nachgewiesen wird, unterbricht den Urlaub. Der Arbeitnehmer muss mit dem Arbeitgeber vereinbaren, wann er den Resturlaub nehmen kann.

4. Der Urlaub ist grundsätzlich in längeren zusammenhängenden Abschnitten zu nehmen und zu gewähren. Bei der Aufstellung des Urlaubsplanes sind die betrieblichen Notwendigkeiten und die Wünsche des einzelnen Arbeitnehmers zu berücksichtigen. Ergeben sich hierbei Schwierigkeiten, erfolgt eine Regelung im Einvernehmen zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

5. Die Anrechnung von Maßnahmen der medizinischen Vorsorge oder Rehabil...

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