Entscheidungsstichwort (Thema)

Verwirkung eines Anspruchs auf Abänderung eines Zeugnisses

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Hat der Arbeitgeber im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit einem zuvor abgeschlossenen arbeitsgerichtlichen Vergleich dem Arbeitnehmer ein qualifiziertes Zeugnis erteilt, so darf er regelmäßig davon ausgehen, dass der Arbeitnehmer zeitnah Einwendungen erheben wird, wenn er mit dem Zeugnis nicht einverstanden ist.

2. Wartet ein Arbeitnehmer in einer solchen Situation dann 15 Monate zu, um einen Anspruch auf Zeugnisberichtigung geltend zu machen, ist der Anspruch auf Abänderung des Zeugnisses als verwirkt anzusehen.

 

Normenkette

BGB §§ 630, 242

 

Verfahrensgang

ArbG Bielefeld (Urteil vom 12.12.2001; Aktenzeichen 3 Ca 2473/01)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 12.12.2001 – AZ. 3 Ca 2473/01 – abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um den Wortlaut eines qualifizierten Arbeitszeugnisses.

Die am 27.06.1954 geborene Klägerin war in der Zeit vom 01.03.1999 bis zum 15.03.2000 im kaufmännischen Bereich bei einem Stundenlohn von zuletzt 20,00 DM brutto und einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 21 Stunden bei der Beklagten beschäftigt.

Die Beklagte betreibt ein Institut für Gesundheitsförderung und Kosmetik. Gegenstand der Gesellschaft sind die Organisation und die Vermittlung wissenschaftlicher Informationsveranstaltungen über gesundheitsfördernde Maßnahmen, der Verkauf von Nahrungsergänzungsmitteln und kosmetischen Produkten, kosmetische Anwendungen, die nicht ärztliche Leistungen darstellen sowie Organisationshilfen und Dienstleistungen für Ärzte.

Die Beklagte beschäftigte während der Dauer des Arbeitsverhältnisses mit der Klägerin zwei Vollzeit- und eine Teilzeitkraft.

Ob der Schwerpunkt der betrieblichen Tätigkeit im Verkauf oder im Bereich der kosmetischen Anwendungen liegt, ist unter den Parteien nach den Erörterungen im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 03.07.2002 streitig.

Das Arbeitsverhältnis der Parteien endete auf Grund eines gerichtlichen Vergleichs vom 21.03.2000 im Verfahren 3 Ca 383/00 vor dem Arbeitsgericht Bielefeld mit dem 15.03.2000.

In diesem Vergleich verpflichtete sich die Beklagte, der Klägerin ein auf den 15.03.2000 datiertes, wohlwollendes, qualifiziertes Zeugnis zu erteilen.

Unter dem Datum 31.03.2000 erhielt die Klägerin sodann ein Zeugnis des folgenden Wortlauts:

„Zeugnis

Frau D4. B1., G1., wurde am 01.03.1999 als Teilzeitkraft im kaufmännischen Bereich mit einer durchschnittlichen Wochenarbeitszeit von 21 Stunden angestellt. Das Arbeitsverhältnis endete zum 15.03.2000.

Das Aufgabengebiet umfasste:

  • • Verkauf von Handelswaren und Kosmetik nebst Überwachung der Lagerbestände
  • • Kundenberatung zu Fragen ästhetisch kosmetischer Angebote
  • • Kundenbetreuung
  • • Rechnungslegung und Inkasso für Warenverkäufe bzw. Leistungen der Ä1. A1. GbR
  • • Führung von Kassenbüchern für die M1.

Frau B1. zeigte nach einer Einarbeitungszeit Verantwortungsbereitschaft. Sie zeichnete sich durch Willensstärke und Verhandlungsgeschick im Umgang mit den Kunden aus. Die Möglichkeiten der Information über neue medizinische Entwicklungen wurden eigenständig genutzt. Sie hat die ihr übertragenen Aufgaben zu unserer Zufriedenheit erledigt. Die Kassenführung war stets korrekt.

Das Verhalten von Frau B1. gegenüber Kunden war freundlich und aufgeschlossen, gegenüber Kolleginnen kooperativ und freundlich und gegenüber Vorgesetzten selbstbewusst und zielorientiert.

Aufgrund betriebsinterner Umstrukturierungen konnten wir Frau B1. nicht weiter beschäftigen. Wir danken ihr für die Zusammenarbeit und wünschen ihr für ihren weiteren Lebens- und Berufsweg viel Erfolg.”

Mit Schreiben vom 20.06.2001 machten die damaligen Prozessbevollmächtigten der Klägerin geltend, die Klägerin vermisse eine Aussage im Zeugnis dahingehend, dass ihr Verhalten gegenüber Vorgesetzten und Kollegen sowie Kolleginnen jederzeit einwandfrei gewesen sei, nachdem eine Telefonat zwischen der Klägerin und der jetzigen Geschäftsführerin D2. der Beklagten vom 18.06.2001 vorangegangen war, dessen Inhalt unter den Parteien streitig ist.

Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 25.06.2001 lehnte die Beklagte unter Hinweis auf eine Verwirkung eine Zeugnisänderung ab.

Mit Schreiben vom 26.06.2001 teilten die damaligen Prozessbevollmächtigten der Klägerin der Beklagten sodann mit, sie zögen ihr Schreiben vom 20.06.2001 weisungsgemäß zurück.

Eine Änderung des Zeugnisinhaltes verfolgt die Klägerin mit der unter dem 19.07.2001 zu Protokoll der Geschäftsstelle erklärten Klage weiter.

Sie hat vorgetragen, erst vor kurzem erfahren zu haben, dass die Formulierungen des Zeugnisses nicht wohlwollend seien.

Auf Verwirkung könne sich die Beklagte ihrer Meinung nach nicht berufen, da sie einen gerichtlichen Vergleich nicht erfüllt habe und bei der Abfassung des Zeugnisses ihre Unerfahrenheit in Zeugnisdinge...

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