Entscheidungsstichwort (Thema)
Außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses wegen Arbeitszeitbetruges
Leitsatz (redaktionell)
1. Der vorsätzliche Verstoß eines Arbeitnehmers gegen seine Verpflichtung, die abgeleistete, vom Arbeitgeber nur schwer zu kontrollierende Arbeitszeit korrekt zu dokumentieren, ist an sich geeignet, einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses i.S. von § 626 Abs. 1 BGB darzustellen (BAG - 2 AZR 381/10 - 09.06.2011; BAG - 2 AZR 39/05 -27.11.2005; BAG - 2 AZR 255/07 - 21.04.2005).
2. Jedoch setzt dies substantiierten Vortrag voraus, dass der Arbeitnehmer an einem bestimmten Datum als Arbeitsbeginn eine bestimmte Uhrzeit angegeben habe, jedoch tatsächlich erst zu einer späteren Uhrzeit erschienen sei und unter welchen Umständen der Arbeitgeber diese Beobachtungen mit Hilfe von Mitarbeitern gemacht hat und welche Variablen der Dokumentation zugrunde liegen.
Normenkette
BGB § 626 Abs. 1; KSchG § 1 Abs. 2, § 9 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
ArbG Dortmund (Entscheidung vom 17.12.2013; Aktenzeichen 7 Ca 1917/13) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 17.12.2013 - 7 Ca 1917/13 - wird einschließlich des Auflösungsantrags zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung trägt die Beklagte.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die rechtliche Wirksamkeit einer außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers.
Der 51-jährige Kläger ist seit April 2001 bei der Beklagten, die regelmäßig mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigt, als Immobilienkaufmann tätig. Sein Entgelt belief sich zuletzt auf 4.165,00 Euro brutto monatlich.
Grundlage des Arbeitsverhältnisses ist der schriftliche Arbeitsvertrag vom 02.02.2001, für dessen Einzelheiten auf Bl. 6 - 18 d. A. verwiesen wird. Darüber hinaus finden auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung der Manteltarifvertrag für DeTeImmobilien, Deutsche Telekom Immobilien und Service GmbH (MTV Immobilien) vom 24.04.2008 (für die Einzelheiten Bl. 144 ff. d. A.) sowie der Tarifvertrag über Arbeitszeitkonten vom 24.04.2008 (Bl. 166 ff. d. A.). Gemäß § 9 Abs. 1 MTV Immobilien beträgt die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit ausschließlich der Pausen 38 Stunden. Gemäß einer bei der Beklagten geltenden sogenannten flexiblen Vertrauensgleitzeitregelung entscheiden die tariflichen Arbeitnehmer im Rahmen von Ampelphasen grundsätzlich selbst über die Verteilung der Wochenarbeitszeit auf die einzelnen Arbeitstage. Die Arbeitszeitverwaltung erfolgt elektronisch, wonach die Arbeitnehmer den Beginn und das Ende ihrer täglichen Arbeitszeit eigenverantwortlich im Wege der Selbstaufschreibung PC-unterstützt in das System eingeben.
In einem Personalgespräch am 15.04.2013 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass Teammitglieder die Teamleitung Ende des Jahres 2012 darüber informiert hätten, dass er seine Arbeitszeiten unrichtig zu seinen Gunsten erfasse. Deshalb habe sie über einen Zeitraum von Mitte Januar 2013 bis zum 12.04.2013 eine gesonderte Erfassung seiner Arbeitszeiten durch drei Kollegen durchführen lassen. Hierbei habe sie festgestellt, dass er an 30 Tagen insgesamt 40 Stunden falsch in das System eingegeben habe. Unter Vorlage einer Excel-Tabelle (Bl. 100 f. d. A.) wurde der Kläger aufgefordert, zu dem Vorwurf Stellung zu nehmen. Anschließend stellte die Beklagte den Kläger von der Pflicht zur Erbringung seiner Arbeitsleistung frei.
Mit Schreiben vom 18.04.2013 hörte die Beklagte den bei ihr gebildeten Betriebsrat zu einer beabsichtigten Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers an. Der Betriebsrat widersprach mit Schreiben vom 23.04.2013.
Mit Schreiben vom 24.04.2013, dem Kläger am selben Tag zugegangen, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis fristlos, hilfsweise ordentlich zum 30.11.2013.
Mit am 30.04.2013 eingereichter Klage hat der Kläger die Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung beantragt.
Es bestreitet, dass ein wichtiger Grund für die fristlose Kündigung vorliege. Er habe keinen Arbeitszeitbetrug begangen. Bei dem Personalgespräch habe er nicht die Möglichkeit gehabt, auf irgendwelche der Daten konkret einzugehen; die Excel-Tabelle sei schon nicht verwertbar. Weder sei ihre Urheberschaft erkennbar noch gehe aus ihr hervor, welcher Mitarbeiter welche Beobachtungen gemacht und wie die tatsächliche Dokumentation stattgefunden habe. Einschlägige Abmahnungen gebe es nicht. Im Übrigen sei der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß angehört worden. Ihm seien insbesondere die Namen der Mitarbeiter nicht mitgeteilt worden, welche die Beobachtungen durchgeführt haben sollen. Auch habe die Beklagte gegen § 4 des geltenden Tarifvertrages in Verbindung mit der Regelungsabrede mit dem Betriebsrat verstoßen.
Der Kläger hat beantragt,
- festzustellten, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 24.04.2013 fristlos beendet worden ist.
- Festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteie...