Entscheidungsstichwort (Thema)
Lehrereinstellung für Vertretungsunterricht
Leitsatz (amtlich)
Unzulässige Eingrenzung des Bewerberkreises für die Erteilung befristeten Vertretungsunterrichtes im staatlichen Schuldienst:
Legt das Land den in Betracht kommenden Bewerberkreis für die Erteilung befristeten Vertretungsunterrichts so fest, dass sich u.a. Studenten ohne Examina und Seiteneinsteiger ohne Lehramtsexamina bewerben können, so ist es nicht mit Art. 33 Abs. 2 GG vereinbar, Bewerber mit Erstem Staatsexamen für das Lehramt, die das Zweite Staatsexamen endgültig nicht bestanden haben, auch dann von vornherein von jeglichem Vertretungsunterricht auszuschließen, wenn sie im Anschluss an die nicht bestandene Zweite Staatsprüfung wiederholt in befristeten Verträgen Vertretungsunterricht an Schulen des Landes erteilt haben.
Durch den generellen Ausschluss der genannten Personengruppe würden die im erteilten Vertretungsunterricht gezeigten Leistungen vollständig unberücksichtigt bleiben, obwohl der Bewerber um ein öffentliches Amt nach Art. 33 Abs.2 GG eine Auswahl nach den Kriterien der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung beanspruchen kann.
Normenkette
GG Art. 33 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Gelsenkirchen (Urteil vom 26.02.2009; Aktenzeichen 1 Ca 105/09) |
Tenor
Das Urteil des Arbeitsgerichts Gelsenkirchen vom 26.02.2009 – 1 Ca 105/09 – wird auf die Berufung der Klägerin teilweise abgeändert.
Es wird festgestellt, dass das beklagte Land nicht berechtigt ist, die Klägerin von vornherein von einer Tätigkeit im befristeten Vertretungsunterricht deshalb auszuschließen, weil die Klägerin die Zweite Staatsprüfung endgültig nicht bestanden hat.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt das beklagte Land.
Die Kosten des Verfahrens vor dem Arbeitsgericht tragen die Klägerin zu 4/5 und das beklagte Land zu 1/5.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Im zweiten Rechtszug streiten die Parteien noch, ob das beklagte Land die Klägerin berechtigt von der Erteilung befristeten Vertretungsunterrichtes im staatlichen Schuldienst ausschließt, weil die Klägerin die Zweite Staatsprüfung endgültig nicht bestanden hat.
Die Klägerin ist am 11.08.1961 geboren. Sie bestand die Erste Staatsprüfung für das Lehramt in der Sekundarstufe I und der Sekundarstufe II in den Fächern Sport und Geographie. Anschließend absolvierte sie den Vorbereitungsdienst. Die Prüfung und auch die Wiederholungsprüfung für das Zweite Staatsexamen bestand die Klägerin nicht. Seit dem 15.08.2007 ist bestandskräftig, dass die Klägerin die Zweite Staatsprüfung endgültig nicht bestanden hat. Parallel zum Vorbereitungsdienst erwarb die Klägerin am 29.03 / 30.06.2006 eine Qualifikation als Dipl.-Sportlehrerin an der Deutschen Sporthochschule in K1. Einzelheiten hierzu hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung mitgeteilt. Auf das Sitzungsprotokoll wird Bezug genommen (Bl. 127 – 130 GA).
Vom 01.09.2008 bis zum 17.10.2008 unterrichtete die Klägerin als befristet angestellte Vertretungslehrkraft an der Realschule in M2. Vertretungsbedarf bestand aufgrund des Mutterschutzes der Lehrerin N1 S3. Die Klägerin unterrichtete 28,00 Wochenstunden. Der Vertrag wurde mit „Zusatzvertrag zum Arbeitsvertrag vom 01.09.2008” bis zum 12.11.2008 verlängert. Die Klägerin vertrat weiterhin die Lehrerin N1 S3 und unterrichtete 28,00 Wochenstunden. Vom 08.12.2008 bis zum 31.01.2009 war die Klägerin als vollbeschäftigte Lehrkraft für die Dauer der Erkrankung der Lehrkraft A3 R1 an der Gesamtschule Ü1 in G1 tätig. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die vorgelegten Vertragskopien nebst Begleitschreiben Bezug genommen (Bl. 13 – 23 GA). Mit Schreiben vom 09.12.2008 teilte die Bezirksregierung Münster der Klägerin mit: Man habe nun die Personalakte zugesandt erhalten; aus dieser gehe hervor, dass sie das Zweite Staatsexamen endgültig nicht bestanden habe; für die Erteilung von Vertretungsunterricht könne sie damit nicht zugelassen werden, wie sich auch aus der Veröffentlichung unter www.verena.nrw.de ergebe; die Klägerin möge von weiteren Bewerbungen Abstand nehmen (Kopie des Schreiben Bl. 23 GA).
Unter dem 06.02.2009 teilte die Klägerin per E-Mail an die Schule des Landes Nordrhein-Westfalen mit der Nr. 167460 mit, „dass ich den Vertretungsunterricht mit 14 Wochenstunden im Fach Sport ab dem 9.2.2009 nicht übernehmen kann, da ich mich bereits vertraglich an einen anderen Arbeitsvertrag mit einer Vollzeitbeschäftigung gebunden habe” (Kopie Bl. 125 GA). Die Klägerin hat diese Mitteilung wenige Tage vor der mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer – von dem beklagten Land „mit Nichtwissen” bestritten – wie folgt erläutert:
Sie habe sich zunächst um eine Stelle am R2-G2 in S4 bemüht und diese Stelle später dann abgesagt, weil sie eine Aushilfstätigkeit an einer anderen Schule erhalten habe. Dieses Beschäftigungsverhältnis sei dann zum 30.04.2009 gekündigt worden, offenbar um die Voraussetzungen des Erlasses für die Erteilung von Vertretungsunterricht durchzusetzen (Schriftsatz 28.08.2009, Bl. 126 G...