Entscheidungsstichwort (Thema)

Entschädigung und Schadensersatz wegen Diskriminierungs- und Mobbinghandlungen

 

Leitsatz (amtlich)

Ein 45-jähriger Mensch, der ständig eine Brille zur Sehkorrektur trägt, weist keine körperliche Funktion auf, die von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Die Teilnahme eines Brillenträgers am Leben in der Gesellschaft ist nicht beeinträchtigt.

 

Normenkette

AGG §§ 1, 3, 7, 15, 22; BGB §§ 823, 823 II; SGB IX §§ 2, 81

 

Verfahrensgang

ArbG Dortmund (Urteil vom 06.04.2011; Aktenzeichen 8 Ca 3208/10)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 06.04.2011 – 8 Ca 3208/10 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen

 

Tatbestand

Die Parteien streiten im Wesentlichen um Ansprüche des Klägers auf Entschädigung, Schadensersatz und Erstattung außergerichtlicher Rechtsverfolgungskosten wegen angeblicher Diskriminierungs- und Mobbinghandlungen sowie angeblicher Eingriffe in die Gesundheit und das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers durch die Beklagte.

Der 45-jährige, ledige und einem Kind zum Unterhalt verpflichtete Kläger war bei der Beklagten seit Januar 2008 auf der Grundlage des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 12.09.2008 (Bl. 312-321 d.A.), welcher gemäß § 1 Abs. 2 des Arbeitsvertrages auf den 30.09.2010 zeitbefristet vereinbart war, als Softwaretechniker tätig zu einem Bruttojahresentgelt von 52.000,00 EUR.

Gemäß § 2 Abs. 6 des Arbeitsvertrages hat der Kläger die Frage einer Schwerbehinderteneigenschaft verneint und erklärt, er sei weder anerkannt schwerbehindert noch habe er bei einem Versorgungsamt einen Antrag auf Anerkennung seiner Schwerbehinderteneigenschaft gestellt.

Im Büro des Klägers bei der Beklagten befand sich ein Schreibtisch, aufgestellt in paralleler Linie zum Südfenster. Der Kläger arbeitete zunächst mit Hilfe eines 17-Zoll-Monitors und eines Dual-Core-PC's. Streitig ist, ob die Beklagte die Arbeitsplätze anderer Mitarbeiter früher als den des Klägers mit 22-Zoll-Monitoren und Quad-Core-PC's ausstattete.

Am 03.05.2009 entzog die Beklagte dem Kläger bestimmte Teile des Aufgabenbereichs „Systemarchitektur” und wies diese einem jüngeren Arbeitskollegen zu.

Mit Schreiben vom 15.12.2009 (Bl. 654/655 d.A.), auf dessen Inhalt für die Einzelheiten verwiesen wird, behauptete der Kläger gegenüber der Beklagten eine Diskriminierung wegen des Alters sowie diverse Mobbinghandlungen. Gleichzeitig bot er die Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegen eine Abfindungszahlung von 70.000,00 EUR an. Sollte die Beklagte – im Falle der Nichteinigung – bis zum 31.12.2009 nicht sämtlichen sicherheitstechnischen Pflichten nachkommen, werde er weitere Schritte einleiten.

Die Beklagte suspendierte daraufhin den Kläger von der Arbeitspflicht, hob die Freistellung jedoch nach einem Gespräch noch am 15.12.2009 wieder auf und bot dem Kläger an, in einem anderen Büro, in welchem er sich den Schreibtisch nach seinen Wünschen stellen könne, weiterzuarbeiten.

Mit weiterem Schreiben des Klägers vom 21.12.2009 (Bl. 656/657 d.A.) behauptete dieser angebliche Rechtsverstöße der Beklagten, welche seinen psychischen Zustand weiter verschlechtert hätten. Da die Abhilfe durch die Beklagte nicht vollständig erfolgt sei, müsse er gegebenenfalls am 02.01.2010 die Berufsgenossenschaft und die Gewerbeaufsicht informieren. Er sei grundsätzlich noch an einem „globalen Vergleich” interessiert, allerdings nur gegen Zahlung einer Geldentschädigung von 140.000,00 EUR und einer Abfindung von 30.000,00 EUR.

Der Kläger war im Jahr 2009 insgesamt an 40,5 Tagen arbeitsunfähig erkrankt, zuletzt durchgehend seit dem 18.12.2010. Die Beklagte führte kein betriebliches Eingliederungsmanagement durch. Seit dem 04.12.2009 leistete die Beklagte aufgrund ihrer Annahme einer Fortsetzungserkrankung keine Entgeltfortzahlung mehr. Dies teilte die Beklagte dem Kläger durch Schreiben vom 10.12.2009, auf dessen Inhalt verwiesen wird (Bl. 359 d.A.), mit.

Die Beklagte wertete den Inhalt des Schreibens des Klägers vom 21.12.2009 als versuchte Erpressung und kündigte das Arbeitsverhältnis unter dem 21.12.2009 verhaltensbedingt ordentlich zum 31.03.2010. Die gegen diese Kündigung gerichtete Kündigungsschutzklage des Klägers blieb erst- und zweitinstanzlich ohne Erfolg (s. LAG Hamm vom 24.02.2011 – 17 Sa 1669/10).

Mit Schreiben vom 15.04.2010 verlangte der Kläger von der Beklagten Entschädigung und Schadensersatz wegen behaupteter Diskriminierungen betreffend Alter und Behinderung sowie wegen behaupteter Gesundheitsschädigung in Höhe von rund 2,07 Mio. Euro, darunter gut 22.600,00 EUR an Rechtsverfolgungskosten.

Der Kläger erhielt bis zum 30.05.2010 Krankengeld. Ab dem 01.06.2010 beschied der Medizinische Dienst der Krankenkasse für den Kläger Arbeitsfähigkeit. Hiergegen wendet sich der Kläger in einem Widerspruchsverfahren.

Mit seiner am 15.07.2010 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger seine geltend gemachten Ansprüche in erheblicher reduzierter Höhe weiterverfolgt...

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