Die Revision wird für die Beklagte zugelassen

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Verwertbarkeit der Ergebnisse von Taschenkontrollen bei Nichtbeachtung der Abläufe gemäß einer Betriebsvereinbarung zu Personalkontrollen

 

Leitsatz (redaktionell)

Der Verstoß gegen die Verfahrensregeln einer Betriebsvereinbarung zu Personalkontrollen führt dazu, dass der Arbeitgeber nicht berechtigt ist, gewonnene Erkenntnisse aus einer Taschenkontrolle und dem sich anschließenden Verfahren im Kündigungsschutzprozess zu verwerten.

 

Normenkette

BGB § 626 I

 

Verfahrensgang

ArbG Rheine (Urteil vom 25.05.2005; Aktenzeichen 3 Ca 349/05)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 13.12.2007; Aktenzeichen 2 AZR 537/06)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Rheine vom 25.05.2005 – Az. 3 Ca 349/05 – teilweise abgeändert:

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die fristlose Kündigung der Beklagten vom 15.02.2005 nicht beendet worden ist.

Die Kosten des Verfahrens vor dem Arbeitsgericht tragen die Klägerin zu 2/5, die Beklagte zu 3/5, die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 8.019,– EUR festgesetzt.

Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung.

Die am 03.07.1951 geborene, geschiedene und für keine Person unterhaltsverpflichtete Klägerin war seit dem 13.02.1995 bei der Beklagten beschäftigt.

Bei einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 37,5 Stunden erzielte die Klägerin zuletzt ein monatliches Bruttoeinkommen in Höhe von 2.673,– EUR.

Zuletzt war die Klägerin als Verkaufsstellenverwalterin in der Verkaufsstelle der Beklagten in I2xxxxxxxx eingesetzt.

Die Beklagte betreibt eine bundesweite Drogeriekette.

Sie beschäftigt regelmäßig mehr als 10 Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten.

Für die Region 1, zu der die Verkaufsstelle in I2xxxxxxxx gehört, besteht ein Betriebsrat.

Am 08.02.2005 fand durch die Leiterin der Außenrevision, die Zeugin S7xxxxxxxxx und die Mitarbeiterin der Außenrevision, die Zeugin V2xxxxxx eine sogenannte Spätkontrolle in der Verkaufsstelle in I2xxxxxxxx statt. Der Kontrolle unterzogen wurden beide zu dieser Zeit in der Filiale noch anwesenden Mitarbeiterinnen, die Klägerin und die Arbeitnehmerin V3x d5x H4xx.

In einer Jacke der Klägerin, die sich in einem Spind befand, wurde ein Lippenstift der Marke „Jade Forever Metallic” gefunden. Welche Farbnummer dieser Lippenstift aufwies ist unter den Parteien streitig; gleichfalls ist streitig, ob es sich bei dem Lippenstift um reguläre Ware oder einen sogenannten „Tester” handelte.

Über Personalkontrollen existiert für die Region 1 eine „Betriebsvereinbarung zur betrieblichen Ordnung Personalkontrollen” vom 01.04.2003, gültig ab 01.04.2003.

Diese sieht unter anderem folgende Regelungen vor:

„3. Spät- oder Ausgangskontrollen

Derartige Personalkontrollen sollen regelmäßig vor Verlassen des Arbeitsplatzes durchgeführt werden. Dies gilt auch bei Wechsel der Teilzeitschicht. Spät- oder Ausgangskontrollen finden ebenfalls Anwendung beim Verlassen von nicht ständig in der Verkaufsstelle beschäftigten Mitarbeiter/Innen z. B. Verkaufsleiter, Bezirksleiter, Betriebsrat usw.

Zur Wahrung des Gleichbehandlungsgrundsatzes der zu kontrollierenden Mitarbeiter/Innen wird das Zufallsprinzip mit Hilfe eines Würfels verwendet. Die Würfelzahl, die zur Kontrolle führt, wird im Markt von der VKST.-Verw. dauerhaft festgelegt und bekannt gegeben.

Die Kontrollperson ist befugt bei erfolgter Zufallsauswahl, den Tascheninhalt der zu kontrollierenden Mitarbeiter/Innen einzusehen.

Bei Damenhandtaschen erfolgt die Kontrolle auf freiwilliger Basis. Kosmetiktaschen, Geldbörsen oder Taschen in Bekleidungsstücken sind hiervon ausgenommen.

Ergibt sich hierbei die Notwendigkeit des Handels wegen eines Tatverdachtes, ist gemäss Ziffer 4 dieser Vereinbarung zu verfahren.

Das Ergebnis der Spät- oder Ausgangskontrolle ist vom Kontrollberechtigten auf einem einheitlichen Protokollformular festzuhalten. Das Muster des Protokollformulars ist Bestandteil dieser Betriebsvereinbarung. Ergibt sich hierbei die Notwendigkeit des Handelns wegen eines Verdachtes der Manipulation oder eines Eigentumsdeliktes, ist gemäß Ziffer 4 dieser Vereinbarung zu verfahren.

3.1 Spät- oder Ausgangskontrolle bei einem begründeten Verdacht Zusätzlich zur Ziffer 3. gilt:

Wird eine Spät- oder Ausgangskontrolle wegen eines im Vorhinein begründeten Verdachtes der Manipulation oder eines Eigentumsdeliktes durchgeführt, ist diese Kontrolle dem Betriebsrat rechtzeitig mitzuteilen und konkret zu begründen. Der Betriebsrat, hat dass Recht an dieser Kontrolle teilzunehmen.

Die berechtigte Kontrollperson hat in dem Fall des begründeten Verdachtes bei Nichtteilnahme eines Betriebsratsmitgliedes eine weitere Person hinzuziehen.

4. Verfahren bei Unregelmäßigkeiten

Liegt gegen Mitarbeiter oder Mitarbeiterinnen im Rahmen der Personalkontrollen ein dringende...

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