Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch des Insolvenzverwalters auf Verpflichtung eines bei der insolventen Fluggesellschaft angestellten Piloten zur Rückzahlung des ihm gewährten Darlehens. Unangemessenheit einer Rückzahlungsklausel bezogen auf Fortbildungskosten
Leitsatz (redaktionell)
1. Hat ein Anspruch seinen Grund in der arbeitsvertraglichen Beziehung der Parteien, ist es auch ein "Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis" im Sinne einer Verfallfrist.
2. Ein Wille zur Verknüpfung eines Arbeitnehmerdarlehensvertrages mit dem Arbeitsvertrag kann sich daraus ergeben, dass die in unterschiedlichen Vertragsurkunden niedergelegten Vertragswerke inhaltlich aufeinander Bezug nehmen.
Normenkette
BGB § 307 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
ArbG Münster (Entscheidung vom 26.11.2021; Aktenzeichen 4 Ca 871/21) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Münster vom 26.11.2021 - 4 Ca 871/21 - wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Verpflichtung des Beklagten zur Rückzahlung des ihm gewährten Darlehens in Höhe von zuletzt 19.825 €.
Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der A mbH i. L. (Insolvenzschuldnerin).
Die Insolvenzschuldnerin führte Lufttransporte aller Art im gewerblichen Bedarfsverkehr, einschließlich der Personenbeförderung im Linienverkehr durch, erbrachte Dienstleistungen und Beratung auf dem Gebiet der allgemeinen Luftfahrt und handelte und vermietete Flugzeuge, Flugzeugzubehör und Ersatzteile. Der Flugbetrieb der Insolvenzschuldnerin wurde vollständig mit geleasten Flugzeugen durchgeführt.
Mit Beschluss vom 01.04.2019 ordnete das Amtsgericht Charlottenburg das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin an. Gleichzeitig wurde der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt (Bl. 50 ff. d.A.).
Der Beklagte war auf Basis des von der Insolvenzschuldnerin vorformulierten Arbeitsvertrages vom 29.08.2018 (Bl. 53 ff. d.A.) seit dem 15.10.2018 bei der Insolvenzschuldnerin als Copilot auf dem Flugzeugtyp B tätig. Der Arbeitsvertrag vom 29.08.2018 enthält u.a. folgende Regelung:
§ 10 Weitere Einzelheiten, soweit in diesem Arbeitsvertrag nicht enthalten, sind in dem Rahmenvertrag für Piloten mit der Anlage II (Vergütung und Zahlung) und der Anlage III (Urlaubsabordnung) sowie in dem im Rahmenvertrag genannten Verfahrensanweisung geregelt.
Der Rahmenvertrag ist Bestandteil dieses Vertrages; dies gilt auch für alle Teile des Großoperatios weiterhin Großmanual in der jeweils gültigen und genehmigten Fassung.
Der Rahmenvertrag für Piloten in der Fassung vom 01.07.2016 enthält unter anderem folgende Regelungen:
§ 21 Rückzahlung von Vorschüssen und Darlehen
Offene Restbeträge von Vorschüssen und Darlehen werden spätestens bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses zur Rückzahlung in voller Höhe fällig.
...
§ 26 Anschlussfristen
(1) Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis - mit Ausnahme von Ansprüchen, die aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder Gesundheit und/oder aus vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Pflichtverletzungen des Arbeitgebers oder seines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen resultieren sowie von Vergütungsansprüchen, soweit diese den gesetzlichen Mindestlohn nicht überschreiten - verfallen, wenn sie nicht innerhalb von 3 Monaten nach der Fälligkeit gegenüber der andern Vertragspartei in Textform geltend gemacht werden.
(2) Lehnt die Gegenseite den Anspruch schriftlich ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von zwei Wochen nach Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von 3 Monaten nach der Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird.
Der Beklagte verfügte vor Abschluss des Arbeitsvertrages nur über die allgemeine Erlaubnis als Verkehrsflugzeugführer, jedoch nicht über die sogenannte Musterberechtigung (Type Rating) für Flugzeugmuster der B.
Die Insolvenzschuldnerin und der Beklagte schlossen bereits unter dem 02.07.2018 (Bl. 54 d.A.) einen von der Insolvenzschuldnerin vorformulierten Darlehensvertrag. Danach gewährte die Insolvenzschuldnerin der Beklagten ein zweckgebundenes Darlehen i.H.v. 20.950 € zum Erwerb des Flugzeugsmusters für die B. Wegen der Einzelheiten des § 4 des Darlehensvertrages wird auf Bl. 54 d.A. Bezug genommen.
Ebenfalls unter dem 02.07.2018 schlossen der Beklagte und Insolvenzschuldnerin eine von der Insolvenzschuldnerin vorformulierte Ausbildungsvereinbarung zum Erwerb der Musterberechtigung als Copilot auf dem Flugzeugmuster B. Wegen der weiteren Einzelheiten dieser Ausbildungsvereinbarung wird Bl. 55 d.A. Bezug genommen.
Der Beklagte erwarb das Type Rating für die B und begann ab November 2018 begann mit der Tilgung der Darlehensschuld. Monatlich behielt die Insolvenzschuldnerin von der Arbeitsvergütung des Beklagten 225,- €.
Das Arbeitsverhältnis zwischen der Insolvenzschuldnerin und dem Beklagten wurde zum Ablauf des 10.04.2019 insolvenzbedingt beendet. Ab April 2019 setzte der Beklagte die Tilgung des D...