Entscheidungsstichwort (Thema)

ordentliche Kündigung. Verstoß gegen die vertragliche Rücksichtnahmepflicht und die Pflicht zu loyalem Verhalten. Aufforderung an untergebene Mitarbeiter, sich krank zu melden, ohne krank zu sein. Beweiswürdigung

 

Leitsatz (redaktionell)

Versucht ein Arbeitnehmer andere Mitarbeiter dazu anzustiften, sich rechtswidrig zu verhalten und den Arbeitgeber zu schädigen, so verletzt er zumindest seine arbeitsvertragliche Rücksichtnahmepflicht. In dieser Verletzung der arbeitsvertraglichen Rücksichtnahmepflicht liegt bereits eine konkrete Störung des Arbeitsverhältnisses.

 

Normenkette

KSchG § 1 Abs. 2; ZPO § 286

 

Verfahrensgang

ArbG Rheine (Urteil vom 14.04.2009; Aktenzeichen 3 Ca 1893/08)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Rheine vom 14.04.2009 – 3 Ca 1893/08 – wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung.

Die am 07.03.1959 geborene Klägerin war aufgrund eines schriftlichen Arbeitsvertrages vom 23.12.2004 (Blatt 4 der Akten) seit dem 01.06.2004 als Leiterin der Niederlassung G2 der G3 Products Unternehmensbereich Medizintechnik der Firma D3 F2 GmbH in L4 beschäftigt.

Mit Wirkung zum 01.10.2008 ging das Arbeitsverhältnis aufgrund eines Betriebsüberganges auf die Beklagte, die mehr als zehn Arbeitnehmer ausschließlich der Auszubildenden beschäftigt, über. Die Klägerin hatte zuletzt einen monatlichen Bruttoverdienst von 3.250,00 Euro.

Im Zusammenhang mit dem Betriebsübergang war der Geschäftsführer der Beklagten, Herr N1, Ende September/Anfang Oktober 2008 in der Niederlassung G2. Am 01.10.2008 führten die Klägerin und der Geschäftsführer der Beklagten, Herr N1, ein Gespräch, in dem die Klägerin unter anderem vorschlug, die Zeugin B2, die als Leiharbeitnehmerin einer Arbeitnehmerüberlassungsfirma in der Niederlassung G2 tätig war, als Produktionsleiterin einzustellen. Der Geschäftsführer der Beklagten wies die Klägerin darauf hin, dass es auch im Betrieb der Beklagten in Heimbuchental keine Produktionsleitung gebe; die Aufgaben der Produktionsleitung würden von den Vorarbeitern in der Betriebstätte in Heimbuchental mit erledigt; ggfs. könne die Zeugin B2 bei einer Einstellung in der Niederlassung G2 innerhalb der Probezeit gekündigt werden.

Ebenfalls am 01.10.2008 führte der Geschäftsführer der Beklagten auch ein persönliches Gespräch mit der Zeugin B2, in dem Einzelheiten des abzuschließenden Arbeitsvertrages besprochen wurden; dabei wurde eine Probezeit von sechs Monaten vereinbart.

Am Donnerstag, den 02.10.2008 fand ein Gespräch zwischen der Klägerin und der Zeugin B2 statt, bei dem auch die Zeugin F3 anwesend war. Der Inhalt dieses Gespräches ist zwischen den Parteien streitig. Streitig ist insbesondere, ob die Klägerin die Zeugin B2 und andere Zeugen aufgefordert hat, sie sollten sich doch krank melden, weil sie in Kürze doch entlassen würden, man dürfe sich vom neuen Arbeitgeber nicht alles gefallen lassen. Unstreitig ist zwischen den Parteien, dass die Klägerin im Rahmen dieses Gespräches geäußert hat, dass „man s1 auflaufen lassen” solle.

Ob die Zeugin F3, die mit der Klägerin befreundet war und ist, die angeblich von der Klägerin in dem Gespräch vom 02.10.2008 gemachten Äußerungen gegenüber dem Geschäftsführer der Beklagten, Herrn N1, später bestätigte, ist ebenfalls zwischen den Parteien streitig.

Am Montag, den 06.10.2008 fand ein Telefongespräch zwischen der Zeugin B2 und dem Geschäftsführer der Beklagten, Herrn N1, statt, in dessen Verlauf die Zeugin B2 sich nach dem mit der Beklagten abzuschließenden Arbeitsvertrag erkundigte und dem Geschäftsführer vom Inhalt des Gespräches mit der Klägerin vom 02.10.2008 berichtete.

Seit dem 06.10.2008 war die Klägerin wegen eines Bandscheibenvorfalls arbeitsunfähig erkrankt. Auf die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen (Blatt 45 f., 146 ff. der Akten) wird Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 18.10.2008 (Blatt 136 ff. der Akten) wandte sich der Geschäftsführer der Beklagten an die Klägerin und bemängelte unter anderem die Eingabe von Datenmaterial in das neue Warenwirtschaftssystem. Ferner wurde der Klägerin illoyales Verhalten im Zusammenhang mit ihrer Erkrankung sowie Stimmungsmache in der Belegschaft vorgeworfen. Auf den Inhalt des Schreibens vom 18.10.2008 (Blatt 136 ff. der Akten) wird Bezug genommen.

Die Klägerin erwiderte daraufhin mit Schreiben vom 22.10.2008 (Blatt 139 f. der Akten) und wies die gemachten Vorwürfe zurück.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 12.11.2008 (Blatt 141 f. der Akten) wurde der Klägerin daraufhin unter Hinweis auf Mängel bei der durchgeführten Inventur, mangelnde Kooperation aufgrund der Arbeitsunfähigkeit der Klägerin und auf die massive Störung des Vertrauensverhältnisses zur Geschäftsleitung durch Stimmungsmache bei den Mitarbeitern und gewissen Falschinformationen die einvernehmliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses zum 31.12.2008 unter sofortiger Freistellung unter Weiterzah...

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