Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch auf Herausgabe von Schmiergeld. Schadensersatz. Darlegungs- und Beweislast. Zulässigkeit der Feststellungsklage zur Vorbereitung eines Antrags nach § 850 f Abs. 2 ZPO
Leitsatz (redaktionell)
Wer für den Arbeitgeber (Auftraggeber) Geschäfte zu besorgen hat – hier die Betreuung einzelner Mandanten im Verfahren auf Erteilung des Aufnahmebescheids – ist verpflichtet, alles herauszugeben, was er aus der Geschäftsführung erlangt hat, also auch Sondervergütungen, Schmiergelder und andere Sondervorteile, die ihm von dritter Seite – im vorliegenden Fall von den Mandanten – zugewandt worden sind.
Normenkette
BGB §§ 667, 681 S. 2, § 687 Abs. 2, § 823 Abs. 2; StGB § 266; ZPO § 256 Abs. 1, § 850f Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Münster (Urteil vom 28.11.2006; Aktenzeichen 3 Ca 1579/06) |
Tenor
Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Arbeitsgerichts Münster vom 28.11.2006 – 3 Ca 1579/06 – unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert.
Der Beklagte wird verurteilt, an die Kläger als Gesamtgläubiger weitere 1.802,09 EUR zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.08.2005.
Die Kosten der Berufung werden den Klägern als Gesamtschuldnern zu 95 % und dem Beklagten zu 5 % auferlegt.
Von den Kosten des ersten Rechtszuges trägt der Beklagte 77 % und die Kläger als Gesamtschuldner 23 %.
Die Revision wird für keine der Parteien zugelassen.
Tatbestand
Der am 30.04.1968 geborene, ledige Beklagte war in der Zeit vom 01.10.1993 bis zum 31.07.2005 als Kanzleiangestellter in der Rechtsanwalts- und Notariatskanzlei der Kläger in W2 tätig.
Der Beklagte, der über keine Ausbildung als Rechtsanwalts- und Notargehilfe verfügt, wurde nach Einarbeitung im Aussiedlerbereich der Kanzlei eingesetzt. Seine Aufgabe war die Beantragung von Aufnahmebescheiden beim Bundesverwaltungsamt in Köln für Spätaussiedler aus der früheren UDSSR.
Die Kläger werden von Russlanddeutschen mit Wohnsitz in der früheren Sowjetunion beauftragt, ihnen Aufnahmebescheide des Bundesverwaltungsamts in Köln zu besorgen, damit sie ein Einreisevisum der Deutschen Botschaft bekommen und als Aussiedler oder Spätaussiedler anerkannt werden.
Der Beklagte wurde zum hauptsächlichen Sachbearbeiter im Aussiedlerreferat eingearbeitet. Er führte den einfachen Schriftverkehr mit den Kontaktpersonen, hatte an jedem Arbeitstag viele Telefonate mit ihnen und führte auch mit diesen Besprechungstermine in der Kanzlei. Er wurde Kontakt- und Vertrauensperson der Russlanddeutschen und deren Vertreter in der Bundesrepublik Deutschland.
Im Juli 2005 stellten die Kläger fest, dass der Beklagte Zahlungen von Mandanten erhalten hatte. Sie kündigten daraufhin das Arbeitsverhältnis zum 31.07.2005. Der Beklagte gab an, ein Großteil der Gelder sei auf sein laufendes Konto bei der Sparkasse M2-O2 geflossen. Die Kontoauszüge dieses Kontos für die Zeit vom 01.01.1999 bis zum 02.05.2005 (Bl. 13 bis 176 d.A.) übergab er am 04.05.2006 den Klägern. Zuvor war schon gegen ihn auf Antrag der Kläger ein Mahnbescheid über 25.554,53 EUR ergangen.
Die Kontoauszüge wurden auf der sogenannten „Liste 6” (Bl. 177 bis 182 d.A.) ausgewertet, wobei zwischen Bareinzahlung/Scheckeinzug und Überweisungen unterschieden wurde.
Die vorliegende Klage haben die Kläger am 07.07.2006 anhängig gemacht. Die Berechnung der Klageforderung ergibt sich aus den Ergebnissen der sogenannten „Liste 6”.
Die Kläger haben behauptet, dass der Beklagte an ihnen vorbei in bestehenden Mandatsverhältnissen von den Kontaktpersonen der Russlanddeutschen Honorare einkassiert und nicht an sie abgeführt habe. Die Zahlungen der Mandanten an den Beklagten seien teilweise per Überweisung, teilweise durch Barzahlung, die der Beklagte dann auf sein Konto eingezahlt habe, erfolgt.
Die Kläger haben die Auffassung vertreten, der Beklagte sei nach § 667 BGB zur Herausgabe der von ihm nicht abgeführten und für sie bestimmten Honorare verpflichtet. Ob die Zahlung durch die Kontaktpersonen für den Beklagten bestimmt gewesen seien, spiele keine Rolle, denn sie seien aus der Geschäftsbesorgung erlangt und an sie abzuführen. Der Beklagte sei auch aus vorsätzlich unerlaubter Handlung nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB verpflichtet, die begehrte Zahlung als Schadensersatz zu leisten.
Die Kläger haben beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an sie als Gesamtgläubiger 112.861,51 EUR aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung nebst Zinsen nach dem Mahnbescheid zu zahlen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz ab dem 01.08.2005 aus 112.861,58 EUR.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat nicht bestritten, dass es sich bei den auf sein Konto von Mandanten der Kläger überwiesenen Beträge um Zahlungen früherer Mandanten der Kläger handelt. Es seien Schmiergelder, die mit der Bitte gezahlt worden seien, um für die beschleunigte Bearbeitung im Hause der Kläger und bei den Behörden zu sorgen. Hintergrund dieser Praxis sei gewesen, dass es im Ursprungsland der jeweilige...