Die Revision wird nicht zugelassen
Entscheidungsstichwort (Thema)
Verletzung von Aufklärungspflichten und Auskünfte des Arbeitgebers beim Abschluss eines Aufhebungsvertrages. Anspruch auf Schadensersatz bei Sperrzeit beim Bezug von Arbeitslosengeld. Mitverschulden des Arbeitnehmers nach § 254 BGB
Leitsatz (amtlich)
1. Ein nach §§ 249 ff. BGB ersatzfähiger Vermögensschaden wegen Verletzung ausnahmsweise bestehender Aufklärungspflichten des Arbeitgebers beim Abschluss eines Aufhebungsvertrages oder wegen Erteilung falscher Auskünfte liegt noch nicht vor, wenn der Sperrzeitbescheid der Bundesagentur für Arbeit von dem Arbeitnehmer angegriffen worden ist und noch keine rechtskräftige Entscheidung vorliegt (so auch LAG Niedersachsen, Urteil vom 28.03.2003 – 16 Sa 19/03, NZA-RR 2004, 46).
2. Macht der Arbeitnehmer in einem solchen Fall Schadensersatzansprüche gegen den Arbeitgeber wegen Verletzung von Aufklärungspflichten oder Erteilung falscher Auskünfte geltend, ist nicht die Zahlungs-, sondern die Feststellungsklage nach § 256 ZPO die richtige Klageart (vgl. BGH, Urteil vom 10.12.1992 – IX ZR 54/92, NJW 1993, 1137).
3. Zum Ausschluss des Schadensersatzanspruchs im Einzelfall wegen überwiegenden Mitverschuldens des Arbeitsnehmers nach § 254 BGB.
Normenkette
BGB § 241 Abs. 2, § 254; ZPO § 256
Verfahrensgang
ArbG Münster (Urteil vom 18.11.2004; Aktenzeichen 3 Ca 1233/04) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Münster vom 18.11.2004 – 3 Ca 589/04 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der Kosten der zurückgenommenen Berufung werden dem Kläger auferlegt.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 2.350,00 EUR festgesetzt
Tatbestand
Die Parteien streiten über das Bestehen einer Schadensersatzpflicht der Beklagten.
Der Kläger war seit dem 01.07.2001 als kaufmännischer Angestellter bei der Beklagten zu 1) auf der Grundlage des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 05.07.2001 zu einem monatlichen Bruttoverdienst von zuletzt 1.763,00 EUR beschäftigt. Bei der Beklagten zu 2) handelt es sich um die persönlich haftende Gesellschafterin der Beklagten zu 1). Deren Mitinhaberin ist die als Zeugin vernommene Schwester des Klägers d1 C1xxx P1xxx, die zugleich auch Ehefrau des Geschäftsführers der Beklagten zu 2) ist. Nachdem Ende 2002/Anfang 2003 wirtschaftliche Schwierigkeiten bei der Beklagten zu 1) aufgetreten waren, entschied sie sich nach Beratung durch ihren Steuerberater R3xx-S3xxxxxxxx dazu, das Personal im Verwaltungsbereich zu reduzieren. Im Zuge der beschlossenen Personalreduzierung war auch beabsichtigt, den Arbeitsplatz des Klägers zu streichen.
Wegen der beabsichtigten Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger wurden mit ihm Ende Oktober/Anfang November 2003 mehrere Gespräche geführt, in denen die wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Beklagten zu 1) und die Auswirkungen der beabsichtigten Auflösung des Arbeitsverhältnisses auf Zahlung auf Leistungen der Bundesagentur für Arbeit erörtert wurden. Anfang November 2003 fand zwischen dem Kläger und dem Geschäftsführer der Beklagten zu 2) ein Gespräch über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses statt, in dem nochmals die Auswirkungen einer einvernehmlichen Beendigung auf Bezug von Arbeitslosengeld Gesprächsthema waren. Welchen Inhalt genau dieses Gespräch hatte, an dem auch die Mitarbeiterin des Steuerberaterbüros R3xx-S3xxxxxxxx, die Zeugin S4xx, sowie die Mitinhaberin der Beklagten zu 1) und Schwester des Klägers da C1xxx P1xxx teilnahmen, ist zwischen den Parteien streitig.
Am 30.11.2003 unterzeichnete der Kläger einen von der Zeugin S4xx vorbereiteten Aufhebungsvertrag, der u.a. folgenden Wortlaut hat:
„§ 1 Beendigung Die Parteien sind sich darüber einig, dass das seit dem 01.07.2001 bestehende Arbeitsverhältnis durch ordentliche, betriebsbedingte Arbeitgeberkündigung vom 30.11.2003 zum 31.12.2003 endet.
§ 2 Abfindung Anlässlich der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zahlt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer für den Verlust des Arbeitsplatzes eine einmalige Abfindung gemäß §§ 9, 10 KSchG, §§ 3 Nr. 9, 24, 34 EStG in Höhe von EUR 2.100,00. Der vorbenannte Abfindungsbetrag ist in 12 Monatsraten a EUR 175,00 an den Arbeitnehmer ab dem 31.01.2004 auszuzahlen.” In der Folgezeit verhängte die Bundesagentur für Arbeit im Hinblick auf den abgeschlossenen Aufhebungsvertrag mit Bescheid vom 19.01.2004 (Bl. 14 der PKH-Akte) eine Sperrzeit mit der Folge, dass der Kläger in der Zeit vom 01.01. bis zum 24.03.2004 keine Leistungen der Bundesagentur für Arbeit erhielt. Ab dem 25.03.2004 bezog der Kläger Arbeitslosengeld in Höhe von 162,75 EUR netto pro Woche basierend auf einem Bemessungsentgelt von 410,–EUR pro Woche.
Gegen den Sperrzeitbescheid der Bundesagentur für Arbeit vom 19.01.2004 erhob der Kläger nach einem erfolgslosen Widerspruchsverfahren eine Klage beim Sozialgericht Münster (Az.: S 1 AL 129/04). Das sozialgerichtliche Verfahren ist noch nicht abgeschlossen.
Mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 30....