Die Revision wird nicht zugelassen.
Entscheidungsstichwort (Thema)
außerordentliche Kündigung. Unzutreffende Eintragungen in Pflegedokumentation durch Altenpflegerin. Erforderlichkeit/Entbehrlichkeit einer Abmahnung. Negativprognose, Wiederholungsgefahr. Zwischenzeugnis
Leitsatz (redaktionell)
Eine Abmahnung ist grundsätzlich dann nicht entbehrlich, wenn der Arbeitnehmer sein Fehlverhalten eingesehen und sofort eingeräumt und darauf hingewiesen hat, dass sich ein derartiges Verhalten nicht wiederholen wird.
Normenkette
BGB § 626; KSchG § 1 Abs. 2; GewO § 109
Verfahrensgang
ArbG Herne (Urteil vom 12.01.2006; Aktenzeichen 2 Ca 3123/05) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Herne vom 12.01.2006 – 2 Ca 3123/05 – wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Tatbestand
Die Parteien streiten u.a. um den Bestand des Arbeitsverhältnisses.
Die am 07.05.1958 geborene Klägerin ist verheiratet und hat drei Kinder im Alter von 27, 25 und 19 Jahren. Seit dem 01.08.1999 ist sie als Altenpflegerin zu einem monatlichen Bruttoverdienst von zuletzt durchschnittlich 1.870,00 EUR brutto bei einer vereinbarten wöchentlichen Arbeitszeit von 21,5 Stunden in dem vom Beklagten betriebenen Seniorenzentrum W4xxxx-B3xxxxxxxx aufgrund eines schriftlichen Arbeitsvertrages vom 09.08./11.10.1999 (Bl. 14 f.d.A.) tätig. Die Klägerin war zuletzt ständig im Nachtdienst eingesetzt.
Das Seniorenzentrum B3xxxxxxxx ist auf drei Wohnbereiche aufgeteilt und beherbergt etwa 100 Bewohner bzw. Bewohnerinnen auf drei Etagen. Hiervon sind jeweils 40 Bewohner auf den Wohnbereichen 2 und 3 sowie weitere 20 Bewohner/innen auf dem Wohnbereich 1 untergebracht. Im Nachtdienst sind grundsätzlich zwei Mitarbeiter/innen in der Zeit von 20.30 Uhr bis 7.00 Uhr tätig. Die Bewohner werden zwischen den beiden Mitarbeiterinnen in der Weise aufgeteilt, dass eine Pflegekraft zuständig ist für die Bewohner/innen aus dem Wohnbereich 2 und für weitere zehn Bewohner/innen aus dem Wohnbereich 1, die weitere Pflegekraft ist zuständig für die Bewohner/innen aus dem Wohnbereich 3 und weitere zehn Bewohner/innen aus dem Wohnbereich 1; damit ist jede Pflegekraft während des Nachtdienstes zuständig für insgesamt 50 Bewohner/innen. Im Rahmen der Versorgung dieser Bewohner sind zwei Rundgänge in der Nachtwache durchzuführen, während derer jeweils Inkontinenzmaterial bei den Bewohnern/innen zu wechseln ist sowie Toilettengänge mit diesen vorgenommen werden müssen. Darüber hinaus sind Getränke zu reichen und ein kompletter Kontrollgang durchzuführen. Die Bewohner/innen sind zu lagern bzw. umzulagern. Diese Tätigkeiten sind in einer Dokumentation und in den Leistungsnachweisen, Lagerungsplänen, Trinkprotokollen, Berichtsblättern sowie Ausscheidungsprotokollen vorzunehmen. Diese Tätigkeiten müssen die jeweiligen Pflegekräfte mindestens zweifach erledigen. Daneben sind Medikamente zu verabreichen und in weiteren Einzelfällen andere gebotene Maßnahmen durchzuführen.
In der Nacht vom 03. auf den 04.09.2005 war die Klägerin neben der Mitarbeiterin P1xxxxxxxxx als Nachtwache eingesetzt. In dieser Nacht wurde durch den Leiter der Einrichtung sowie die zuständige Pflegedienstleiterin eine Begehung des Heimes durchgeführt, da es in den vorrangegangenen Nächten, in denen die Klägerin nicht eingesetzt war, zu Missständen gekommen sein soll.
Dabei stellten der Leiter der Einrichtung sowie die Pflegedienstleitung gegen 0.15 Uhr fest, dass in die Pflegedokumentation von der Klägerin bereits folgende Voreintragungen vorgenommen worden waren:
„Bewohnerin Frau S6xxxxx
Einlagenwechsel ca. 2.00 Uhr
Wasser gereicht 100 ml 2.20 Uhr
Lagerung 2.30 Uhr
Bewohnerin Frau P2xxxxxxxxx
Reichung von Tee 50 ml 2.30 Uhr
Lagerung 2.30 Uhr
Bewohnerin Frau S7xxx, M2xxx
Wasser gereicht 30 ml 3.00 Uhr
Einlagenwechsel ca. 1.30 Uhr
Lagerung 2.50 Uhr”
In der gleichen Nacht wurden bei der Mitarbeiterin P1xxxxxxxxx ebenfalls Vorabeintragungen festgestellt.
Deswegen kam es noch in der Nacht zu getrennten Gesprächen zwischen dem Leiter der Einrichtung und der Pflegedienstleitung einerseits und der Klägerin und der Mitarbeiterin P1xxxxxxxxx. Auf Vorhalt räumte die Klägerin ohne jedwedes Zögern und Leugnen ein, die Voreintragungen vorgenommen zu haben. Ob die Klägerin darüber hinaus in diesem Gespräch erklärt hat, dass sie das in der Regel immer so machen würde, ist zwischen den Parteien streitig.
Mit Schreiben vom 07.09.2005 (Bl. 38 ff.d.A.) bat der Beklagte den im Seniorenzentrum gewählten Betriebsrat um Zustimmung zur außerordentlichen, hilfsweise fristgerechten Kündigung zum 31.12.2005.
Nachdem der Betriebsrat die Wochenfrist hatte verstreichen lassen, kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin mit Schreiben vom 15.09.2005 (Bl. 19 d.A.), der Klägerin zugegangen am 16.09.2005, fristlos, hilfsweise fristgerecht zum 31.12.2005.
Hiergegen richtet sich die am 30.09.2005 beim Arbeitsgericht eingegangene Kündigungsschutzklage.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei weder als außerordentlic...