Verfahrensgang

ArbG Paderborn (Urteil vom 25.01.1996; Aktenzeichen 1 Ca 1815/95)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Paderborn vom 25.01.1996 – 1 Ca 1815/95 – abgeändert:

Es wird festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 23.10.1995 nicht beendet worden ist.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Der Streitwert beträgt unverändert 13.650,– DM.

 

Tatbestand

Mit seiner Klage wendet sich der gemäß § 2 SchwbG einem Schwerbehinderten gleichgestellte, inzwischen auch als Schwerbehinderter anerkannte und tariflich nur noch aus wichtigem Grund kündbare, jetzt 59 Jahre alte Kläger, welcher seit dem Jahre 1962 als Maschinenbaumeister und Fachkraft für Arbeitssicherheit in der Maschinenfabrik der Beklagten tätig ist, gegen die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses durch außerordentliche Kündigung, welche die Beklagte unter dem 23.10.1995 mit sozialer Auslauffrist zum 31.05.1996 aufgrund der Tatsache ausgesprochen hat, daß der Kläger aus gesundheitlichen Gründen körperlich belastende Tätigkeiten nicht mehr ausüben kann und aus diesem Grunde seit dem 31.10.1994 durchgehend arbeitsunfähig erkrankt war. Inwiefern eine den Kläger auslastende Weiterbeschäftigung mit Aufsichtstätigkeiten, als Sicherheitsfachkraft oder als Ausbilder möglich wäre, ist unter den Parteien streitig.

Durch Urteil vom 25.01.1996, auf welches wegen des weiteren Sachverhalts Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, die Beklagte habe vor Ausspruch der Kündigung die Rechte des Betriebsrats gewahrt, indem sie diesen mit Schreiben vom 29.09., 12.10. und 17.10.1995 (Bkl. 17 bis 23 d.A.) vollständig über den maßgeblichen Kündigungssachverhalt unterrichtet habe. Entgegen der Auffassung des Klägers sei die Kündigung auch unverzüglich im Sinne des § 21 Abs. 5 SchwbG nach Erteilung der Zustimmung der Hauptfürsorgestelle erfolgt. Nachdem die Hauptfürsorgestelle am letzten Tage der Zweiwochenfrist, dem 16.10.1995, die Zustimmung erteilt und die Beklagte hiervon per Telefax am selben Tage unterrichtet habe, seien sowohl die erneute Unterrichtung des Betriebsrats unter dem 17.10.1995 wie auch der Ausspruch der Kündigung unter dem 23.10.1995 als unverzüglich im Sinne der genannten Vorschrift anzusehen. In der Sache rechtfertige sich die ausgesprochene Kündigung aus der Tatsache, daß der Kläger seit dem 31.10.1994 durchgehend arbeitsunfähig erkrankt sei, ohne daß eine Beendigung der Arbeitsunfähigkeit ersichtlich sei. Unter diesen Umständen könne sich der Kläger nicht darauf berufen, er könne durch Tätigkeiten im Bereich der Lehrlingsausbildung und als Sicherheitsfachkraft ausgelastet werden. Der Vortrag des Klägers zum Vorhandensein anderer Arbeitsplätze sei nicht hinreichend substantiiert, im übrigen sei ein entsprechender freier Arbeitsplatz nicht vorhanden. Trotz der langen Beschäftigungsdauer überwiege unter diesen Umständen das Interesse der Beklagten, das „nur noch auf dem Papier bestehende” Arbeitsverhältnis zu beenden.

Gegen das ihm am 07.02.1996 zugestellte Urteil richtet sich die am 29.02.1996 eingelegte und am 13.03.1996 begründete Berufung des Klägers.

Unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens hält der Kläger an seiner Auffassung fest, die Kündigung sei schon wegen mangelhafter Unterrichtung des Betriebsrats unwirksam. Zum einen fehle es an der vollständigen Unterrichtung des Betriebsrats; die überreichten Unterlagen seien dem Kläger unbekannt und deshalb nicht nachvollziehbar. Zum anderen sei das mit Schreiben vom 29.09.1995 eingeleitete Anhörungsverfahren bei Übermittlung der weiteren Schreiben vom 12. Und 17.10.1995 bereits abgeschlossen gewesen. Die in diesen Schreiben enthaltenen Angaben seien dementsprechend nicht mehr zu berücksichtigen. Der bereits eingetretene Fristablauf habe nur durch Antragsrücknahme und erneute Einleitung eines Anhörungsverfahrens überwunden werden können.

Im übrigen habe die Beklagte die Kündigung nicht unverzüglich nach erteilter Zustimmung der Hauptfürsorgestelle ausgesprochen. Zwar stehe es dem Arbeitgeber grundsätzlich frei, das Betriebsratsanhörungsverfahren vor oder nach Zustimmung durch die Hauptfürsorgestelle einzuleiten. Nachdem die Beklagte von der Möglichkeit Gebrauch gemacht habe, den Betriebsrat vor erteilter Zustimmung der Hauptfürsorgestelle anzuhören, könne ihr nicht das Recht zugebilligt werden, nach Erteilung der Zustimmung der Hauptfürsorgestelle das bereits abgeschlossene Anhörungsverfahren weiter zu betreiben und so den Ausspruch der Kündigung hinauszuzögern.

Zu Unrecht habe schließlich das Arbeitsgericht die Behauptung des Klägers unberücksichtigt gelassen, er sei mit den Aufgaben als Ausbilder und als Sicherheitsfachkraft zu 100 % ausgelastet; für diese Aufgaben sei er gesundheitlich unbedenklich einsetzbar. Auf die Behauptung der Beklagten, der Bedarf für die Ausbildung werde sich künftig reduzieren, komme es schon deshalb nicht ...

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