Entscheidungsstichwort (Thema)
Wahrung der Klagefrist gem. § 586 Abs. 1 ZPO durch Erhebung der Restitutionsklage bei einem unzuständigen Gericht. Erneute Berücksichtigung einer angeblich unrichtigen Aussage
Leitsatz (amtlich)
1. Die Erhebung der Restitutionsklage bei einem nach § 584 Abs. 1 ZPO unzuständigen Gericht wahrt die Klagefrist des § 586 Abs. 1 ZPO nicht, wenn eine Verweisung oder Abgabe an das zuständige Gericht unterbleibt.
2. Eine Einstellung des Strafverfahrens durch das Gericht nach § 153 Abs. 2 StPO erfüllt die Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 581 Abs. 1 Alt. 2 ZPO nicht, wenn dabei die Möglichkeit der Begehung eines Aussagedelikts lediglich unterstellt wird.
3. Ist der Einwand einer im Randgeschehen unrichtigen Aussage im Ausgangsprozess bereits vorgebracht worden und hat das Gericht die Aussage im Kerngeschehen trotzdem für glaubhaft und die Auskunftsperson gleichwohl für glaubwürdig gehalten, kann die darauf gestützte Restitutionsklage aufgrund ihrer Hilfsnatur nach § 582 ZPO unzulässig sein.
Normenkette
ArbGG § 79; ZPO §§ 580-582, 584, 586; StPO § 153
Verfahrensgang
ArbG Dortmund (Entscheidung vom 13.04.2017; Aktenzeichen 4 Ca 4157/16) |
ArbG Dortmund (Aktenzeichen 4 Ca 824/13) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 13.04.2017 - 4 Ca 4157/16 - aufgehoben.
Die Restitutionsklage des Klägers gegen das Berufungsurteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 21. November 2013 - 8 Sa 1157/13 -, zuvor Arbeitsgericht Dortmund - 4 Ca 824/13 -, wird als unzulässig verworfen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten - nunmehr im Rahmen einer Restitutionsklage - weiter über den Bestand ihres Arbeitsverhältnisses.
Der 1952 geborene, verheiratete Kläger war seit dem 1. April 2011 bei der Beklagten gegen ein monatliches Bruttoentgelt in Höhe von 5.368,00 € als Isoliermeister beschäftigt. Er ist schwerbehinderter Mensch, ein Grad der Behinderung von 50 ist festgestellt.
Unter dem 29. August 2012 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit Zustimmung des Integrationsamts aus verhaltensbedingten Gründen außerordentlich. Mit Urteil vom 13. Dezember 2012 - 4 Ca 4077/12 - stellte die 4. Kammer des Arbeitsgerichts Dortmund auf Antrag des Klägers die Rechtsunwirksamkeit dieser Kündigung fest. Sie führte zur Begründung im Wesentlichen aus, dass die Kündigung nach der Zustimmung nicht unverzüglich ausgesprochen worden sei (§ 91 Abs. 5 SGB IX a. F.). Das dagegen zum Landesarbeitsgericht Hamm eingelegte Rechtsmittel der Berufung (8 Sa 1795/12) nahm die Beklagte am 7. März 2013 zurück.
Neben dem genannten Kündigungsschutzprozess stritten die Parteien auf dem ordentlichen Rechtsweg über Ansprüche wegen vom Kläger an die Beklagte vermieteter Maschinen und Gerätschaften.
Zudem führten sie im Jahr 2012 beim Arbeitsgericht Dortmund zwei weitere Rechtsstreitigkeiten (4 Ca 5323/12 und 4 Ca 2472/12), deren Gegenstand Vergütungsforderungen des Klägers aus streitiger Mehrarbeit sowie Verzugslohnansprüche im Zusammenhang mit der Kündigung vom 29. August 2012 waren. In dem Verfahren 4 Ca 5323/12 erweiterte der Kläger die Klage mit Schriftsatz vom 14. Januar 2013 wegen seiner Verzugslohnansprüche für Januar 2013 um 5.368,00 € brutto abzüglich erhaltener Sozialleistungen in Höhe von 2.026,47 € netto (ALG I, Tagesbetrag 65,37 €). Im Verfahren 4 Ca 2474/12 machte die Beklagte mit am 20. Februar 2013 bei Gericht eingegangener Feststellungs-Widerklage geltend, dass das Arbeitsverhältnis durch eine weitere außerordentliche Kündigung vom 3. Januar 2013, dem Kläger - was streitig blieb - zugestellt am 24. Januar 2013, nunmehr aufgelöst worden sei. Diese Kündigung habe man versehentlich auf den 3. Januar 2012 datiert. Ihr war zeitlich ein weiterer Antrag auf Zustimmung beim Integrationsamt aus Dezember 2012 vorausgegangen. Insoweit hatte das Integrationsamt mit Bescheid vom 2. Januar 2013 feststellt, dass die beantragte Zustimmung wegen des Ablaufs der Zwei-Wochen-Frist gem. § 91 Abs. 3 SGB IX a. F. als erteilt gelte.
Mit Beschluss vom 21. Februar 2013 trennte das Arbeitsgericht die Klageerweiterung vom 14. Januar 2013 und die Feststellungs-Widerklage jeweils aus den anderweitigen Verfahren ab und ordnete die gemeinsame Verhandlung und Entscheidung über diese Streitgegenstände im neu eingetragenen Verfahren 4 Ca 824/13 an. Mit gesonderter Kündigungsschutzklage vom 27. Februar 2013 wandte sich der Kläger gegen die von der Beklagten behauptete erneute Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Eine auf den 3. Januar 2012 bzw. 2013 datierende Kündigung habe er zu keinem Zeitpunkt erhalten. Das zunächst gesondert unter dem Aktenzeichen 4 Ca 898/13 geführte Kündigungsschutzverfahren hat das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 28. Februar 2013 mit dem Verfahren 4 Ca 824/13 verbunden, dessen Aktenzeichen fortan führte. Im Hinblick auf den nunmehr anhängig gewordenen Kündigungsschutzantrag nahm die Beklagte ihre Feststellungs-Widerklage zurück.
Hinsich...