Die Revision wird zugelassen

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Massenentlassung. Anzeigepflicht. Kündigung. Vertrauensschutz. Teilbetriebsübergang

 

Leitsatz (amtlich)

Mit Urteil des EuGH vom 27.01.2005 – C 188/03 – wurde der nationale Gesetzgeber aufgefordert, die §§ 17, 18 KSchG an die Ratsrichtlinie 98/59/EG vom 20.07.1998 entsprechend seiner Auslegung (Entlassung = Kündigung) anzupassen. Der private Arbeitgeber ist hieraus noch nicht verpflichtet, zumal eine Richtlinien konforme Auslegung über die allgemeinen Auslegungskriterien nicht erreicht werden kann.

 

Normenkette

KSchG §§ 17-18, 1 Abs. 2; BGB § 613a Abs. 1, 4

 

Verfahrensgang

ArbG Iserlohn (Urteil vom 15.02.2005; Aktenzeichen 5 Ca 2594/04)

 

Tenor

Parallelsache zu 7 Sa 512/04

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Iserlohn vom 15.02.2005 – 5 Ca 2894/04 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob das seit dem 04.11.1996 bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund ordentlicher betriebsbedingter Kündigung der Beklagten vom 26.07.2004 mit dem 30.09.2004 beendet worden ist oder darüber hinaus fortbesteht.

Die Beklagte war Zulieferer der Automobilindustrie. Ihre Kunden waren u. a. die V2 AG, D8xxxxx-C4xxxxxx, B7x, F2xxxxxx, Z2xxxx, L2xxxxxxx etc.. Die Beklagte war für die Automobilindustrie zertifiziert. Sie belieferte diese Kunden weltweit. Von der Automobilindustrie bzw. von Zulieferern der Automobilindustrie war sie eingebunden in die Großserienproduktion von 100.000 bis 800.000 Stück pro Kalenderjahr. Produziert wurden u. a. Schaltgestänge, Schalthebel und Halterungen für Auspuffanlagen. Zulieferer der Automobilindustrie waren ebenfalls die D3xx C3 und die D3xx U3. Beide Unternehmungen waren jedoch nicht zertifiziert. In 2002 hat in A1xxxx die D3xx K1xxxxxxxxxxx GmbH eine eigenständige Produktion auf diesem besonderen Fachgebiet aufgenommen. Die Kaltformtechnik beliefert u. a. die Fa. B4xxx mit hochwertigen Schrauben. Gesellschafter dieser GmbH sind neben U2xxxx H4xxxxx und A2xxxxxx S5xxx der Sohn des Gesellschafters/Geschäftsführers der Beklagten, M2xxxxx D3xx, der zugleich Mitgeschäftsführer der Beklagten war. Geschäftsführer dieser Gesellschaft sind U2xxxx H4xxxxx, zugleich Prokurist der Beklagten und A2xxxxx S5xxx.

Die Beklagte produzierte in acht Hallen. In einer Halle – der Halle 7 – betrieb sie ein Hochregallager. Für ihre kaufmännischen Aufgaben nutzte sie ein mehrstöckiges Bürogebäude. Sie beschäftigte zeitweise bis zu 180 Mitarbeiter. Bedingt durch die Absatzprobleme der Automobilindustrie verringerte sich ihre Belegschaft bis Mitte 2004 auf nahezu 100 Arbeitnehmer. Da in 2004 ein weiterer Umsatzrückgang von nahezu 20 % festgestellt wurde – verursacht durch die weiter fortbestehenden Absatzprobleme in der Automobilindustrie, die Rückholung von Fremdvergaben in die Produktionsstätten der Automobilindustrie und den Verlust von Aufträgen aufgrund technischer Probleme – entschloss sich der Gesellschafter/Geschäftsführer R3xx D3xx zur Stilllegung der Produktion der Beklagten. Diesen Beschluss formulierte er schriftlich am 22.07.2004. Nach seinen Vorstellungen sollte die Produktion endgültig zum 31.03.2005 eingestellt sein. Zugleich beauftragte er die Geschäftsführung, den Arbeitnehmern zeitnah unter Beachtung der unterschiedlichen Kündigungsfristen zu kündigen und alle darüber hinaus notwendigen Maßnahmen zu treffen. Aus diesem Anlass fertigte die Beklagte am 26.07.2004 nahezu 100 Kündigungsschreiben. Hiervon war auch der Kläger betroffen. Am 27.07.2004 reichte der Prokurist U2xxxx H4xxxxx die erste Massenentlassungsanzeige bei der Agentur für Arbeit Iserlohn, Büro Werdohl, ein. Eine wietere Anzeige erfolgte am 28.10.2004.

Nach Zugang der Kündigung wurde am 06.08.2004 die A3x W4xxxxxxxxxxxxx GmbH, N2xxxxxxx, gegründet. Geschäftsgegenstand dieser Gesellschaft ist die Konstruktion und Entwicklung von Einzelteilen (Prototypen) und die Fertigung von Kleinserien. Gesellschafter sind zu gleichen Teilen die D3xx K1xxxxxxxxxxxxx GmbH A1xxxx und M2xxxxxx D3xx. Zu Geschäftsführern wurden A2xxxxxx S5xxx und U2xxxx H4xxxxx bestellt. Die A3x hat ihre Tätigkeit Anfang Oktober 2004 aufgenommen. Sie setzt neun CNC-Pressen und -Biegemaschinen und fünf Schweißanlagen aus dem früheren Maschinenpark der Beklagten ein.

Mit der beim Arbeitsgericht Iserlohn am 10.08.2004 erhobenen Klage wehrt sich der am 16.09.1970 geborene und seit dem 04.11.1996 für die Beklagte als Einrichter zum monatlichen Bruttogehalt von 2.800,00 EUR tätige Kläger gegen die ihm am 27.07.2004 zugegangene Kündigung. Zur Begründung hat er die Auffassung vertreten, diese Kündigung sei nicht geeignet, das zur Beklagten bestehende Arbeitsverhältnis zum 30.09.2004 zu beenden. Diese Kündigung sei nämlich sozialwidrig im Sinne des § 1 Abs. 1 KSchG. Entgegen ihrer Ankündigung sei die Beklagte nicht in der Lage, betriebsbedingte Gründe vorzutragen. Schließlich befänden sich in ihren Hallen weiterhin mehr Stufenpressen, an denen gearbeitet werde. Zudem habe die Beklagt...

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