Entscheidungsstichwort (Thema)
Überleitungsregelung in § 29c TVöD-VKA für die neuen Entgeltgruppen 9a, 9b und 9c. Das Tarifmerkmal "besonders verantwortungsvoll" i.S.d. EntgO zum TVöD-VKA
Leitsatz (redaktionell)
1. § 29c TVÜ-VKA enthält gesonderte Überleitungsregelungen für die neuen Entgeltgruppen 9a, 9b und 9c. So werden z.B. Beschäftigte der Entgeltgruppe 9, für die keine besonderen Stufenregelungen gelten, stufengleich und unter Mitnahme der in ihrer Stufe zurückgelegten Stufenlaufzeit in die EG 9b der EntgO zum TVöD-VKA übergeleitet.
2. Ausgehend von einer "Normalverantwortung" muss beim Tarifmerkmal "besonders verantwortungsvoll" eine gesteigerte Verantwortung bezüglich der konkreten Tragweite und der Folgen der jeweils getroffenen Entscheidung gegeben sein. In einer Gesamtschau muss die Verantwortung im Vergleich zu anderen Beschäftigten derselben Ausgangseingruppierung in gewichtiger Weise gesteigert sein.
Normenkette
TVÜ-VKA § 17 Abs. 7, §§ 29, 29a, 29b, 29c; TVöD VKA Anl. 1 Teil A Abschn. I Nr. 3 EG 9-9c; BAT §§ 22-23
Verfahrensgang
ArbG Dortmund (Entscheidung vom 24.06.2021; Aktenzeichen 2 Ca 1882/19) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 24.06.2021, 2 Ca 1882/19 abgeändert und die Klage abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die tarifgerechte Eingruppierung der Klägerin.
Die Klägerin ist seit Juli 2000 bei dem Beklagten beschäftigt. Sie ist seit April 2013 Verwaltungsfachwirtin und derzeit in Teilzeit mit 30 Stunden/Woche tätig. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit die Tarifverträge für den Öffentlichen Dienst in der für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände geltenden Fassung (TVöD/VKA) Anwendung. Bis zum 31.12.2016 wurde die Klägerin nach Entgeltgruppe 9 Teil A Abschnitt I Ziffer 3 der Anlage 1 - Entgeltordnung (VKA) zum TVöD/VKA vergütet. Seit dem 01.01.2017 erhält die Klägerin Vergütung nach Entgeltgruppe 9b. Eine von ihr mit Schreiben vom 13.11.2017 (Bl. 288 d. A.) unter Berufung auf § 29b TVÜ-VKA begehrte rückwirkende Höhergruppierung lehnte der Beklagte mit Schreiben vom 19.07.2018 (Anlage K1 zur Klageschrift, Bl. 12 d. A.) ab.
Die Klägerin wird seit dem 15.11.2016 als Sachbearbeiterin im Fachbereich Arbeit und Soziales, Sachgebiet Schwerbehindertenangelegenheiten eingesetzt. Für die Stelle der Klägerin liegen Stellenbeschreibungen vor (vgl. bis Juli 2018 Anlage K9 zur Klageschrift, Bl. 90 ff. d. A. und ab August 2018 Anlage K4 zur Klageschrift, Bl. 21 ff. d. A.). Danach gliedert sich die Tätigkeit in drei Arbeitsvorgänge:
- Bearbeitung von Widersprüchen (Nr. 1)
- Bearbeitung von Nachprüfungen nach § 48 SGB X (Nr. 2) und
- die Bearbeitung von weiteren Verfahren nach den SGB I - X (Nr. 3).
Die Zeitanteile betrugen vom 15.11.2016 bis Juli 2018: Nr. 1 40 %, Nr. 2 50 % und Nr. 3 10%. Sodann stellten sie sich wie folgt dar: Nr. 1 50 %, Nr. 2 40 % und Nr. 3 10%.
Bis zum 14.11.2016 wurde die Klägerin im A (Leistungsgewährung im Bereich SGB II) eingesetzt. Der Beklagte teilte der Klägerin hierzu schriftlich mit (vgl. Anlage K8 zur Klageschrift, Bl. 30 d. A.), dass sich durch diese Maßnahme hinsichtlich ihrer Eingruppierung und ihrer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit keine Änderungen ergäben. Zu diesem Zeitpunkt stand fest, dass die zuvor von der Klägerin innegehabte Stelle im A nach Entgeltgruppe 9c höher bewertet werden wird.
Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, sie habe vor Einführung der Entgeltordnung die Tätigkeitsmerkmale der Vergütungsgruppe IVb Fallgruppe 1a BAT erfüllt, sodass sie bei Einführung der Entgeltordnung in die Entgeltgruppe 9c überzuleiten gewesen sei. Ihre Tätigkeiten erforderten zunächst gründliche und umfassende Fachkenntnisse, weil sie mehrere auf ihr Aufgabengebiet bezogene einschlägige Gesetze und Verordnungen einschließlich Rechtsprechung und Literatur im kleinsten Detail kennen müsse. Unter Anwendung dieser Kenntnisse übe sie Ermessensentscheidungen aus. Ihre Tätigkeiten höben sich aus der Vergütungsgruppe Vb Fallgruppe 1a BAT heraus, da sie besonders verantwortungsvoll seien. Sämtliche Arbeitsvorgänge erfüllten das Heraushebungsmerkmal. Bezüglich des wertenden Vergleichs sei auf die Mitarbeiterin aus der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 09.05.2007 (4 AZR 351/06) abzustellen: Die dortige Mitarbeiterin gewähre Leistungen im weitesten Sinne. Dies sei der "Normalfall" der Entgeltgruppe 9b. Sie gewähre jedoch nicht nur eine Sach- oder Geldleistung, sondern einen Status, an den der Gesetzgeber in nahezu allen Bereichen des Lebens besondere positive Folgen knüpfe. Keine staatliche Geld- oder Sachleistung gestalte das aktuelle und zukünftige Leben eines Bürgers in einem vergleichbaren Umfang. Ihre besondere Verantwortung beziehe sich vorliegend zunächst auf den Adressatenkreis, den ihre Entscheidungen beträfen, das heißt insbesondere auf Bürger, denen eine Schwer...