Die Revision wird zugelassen
Entscheidungsstichwort (Thema)
Schwerbehinderung. Verzugslohn. Annahmeverzug. leidensgerechte Beschäftigung
Leitsatz (redaktionell)
Nach § 81 Abs. 4 S. 3 SGB IX ist es dem Arbeitgeber nicht zumutbar, einen leidensgerechten Einsatz des Arbeitnehmers durch vollständige Umorganisation des Betriebs zu ermöglichen.
Normenkette
BGB § 615; SGB IX § 81
Verfahrensgang
ArbG Bielefeld (Urteil vom 22.05.2002; Aktenzeichen 4 Ca 3574/01) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers geg en das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 22.05.2002 – 4 Ca 3374/01 – wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Tatbestand
Mit seiner Klage begehrt der schwerbehinderte, im Jahre 1961 geborene, verheiratete und gegenüber fünf Kindern unterhaltspflichtige Kläger, welcher seit dem 13.02.1997 bei der beklagten Gemeinde als Müllwerker gegen eine zuletzt gezahlte Vergütung von 5.839,– DM beschäftigt ist, die Zahlung von Arbeitsvergütung unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges für den Zeitraum vom 13. August 2001 bis einschließlich April 2002.
Wie unstreitig ist, war der Kläger zunächst vom 16.10.1999 bis zum 01.11.2000 wegen einer Kniegelenkserkrankung arbeitsunfähig und erhielt wegen eines hierbei festgestellten Tumors eine Oberschenkelteilprothese. Da der Kläger seine bisherige Tätigkeit als Müllwerker nicht mehr ausüben konnte, wurde er in der Folgezeit auf dem Hauptbetriebshof des Umweltbetriebes in der Wertstoff-Annahme und gelegentlich in der Container-Stellplatzreinigung eingesetzt. Im Februar 2001 erlitt der Kläger einen Arbeitsunfall (Sturz bei Glatteis), welcher zum Bruch der Prothese und zur Notwendigkeit einer erneuten Operation mit Arbeitsunfähigkeit bis zum 15.06.2001 führte. Nach erneuter Arbeitsunfähigkeit des Klägers vom 16.07. bis 12.08.2001 verweigerte die Beklagte ab dem 13.08.2001 einen weiteren Einsatz des Klägers mit der Begründung, der Kläger sei gesundheitlich den Arbeitsplatzanforderungen nicht mehr gewachsen und könne auch anderweitig nicht eingesetzt werden.
Der Kläger hat im ersten Rechtszuge vorgetragen, die Beklagte verweigere zu Unrecht eine Beschäftigung und befinde sich deshalb mit der Annahme der von ihm angebotenen Dienstleistung in Verzug. Aus gesundheitlicher Sicht bestünden gegen die Wiederaufnahme einer Tätigkeit auf dem Wertstoffhof oder im Bereich der Container-Stellplatzreinigung keine Bedenken.
Demgegenüber hat die Beklagte vorgetragen, der Kläger sei aufgrund seines Gesundheitszustandes zu einer vertragsgemäßen Arbeitsleistung nicht in der Lage. Mit Rücksicht auf die Tatsache, dass der Kläger bei der Wertstoffannahme den Bürgern beim Ausladen und beim Transport der angelieferten schweren Gegenstände helfen müsse und auch bei der Container-Stellplatzreinigung in erheblichem Umfang schwere Lasten zu heben seien, scheide eine leidensgerechte Beschäftigung des Klägers im Rahmen der angegebenen Tätigkeiten aus. Ebenso wenig stünden andere Arbeitsplätze zur leidensgerechten Beschäftigung zur Verfügung.
Durch Urteil vom 22.05.2002 (Bl. 81 ff. d.A.), auf welches wegen des erstinstanzlichen Parteivorbringens Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht nach uneidlicher Vernehmung der Zeugen H1xxxxxxxx und D6xxxx die Klage abgewiesen. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt worden, dem Kläger stehe ein Anspruch auf Zahlung von Arbeitsvergütung unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges nicht zu. Nach den vorliegenden ärztlichen Stellungnahmen könne der Kläger nur leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ausüben, wobei Belastungen mit Gewichten von mehr als 10 kg und das Arbeiten auf Leitern und Stellagen zu meiden seien. Wie die Beweisaufnahme ergeben habe, seien sowohl bei der Wertstoff-Annahme als auch bei der Container-Stellplatzreinigung Gewichte von mehr als 10 kg zu bewegen, ferner müsse der Kläger auf dem Wertstoffhof beim Einwerfen von Sperrgut in die ebenerdig aufgestellten Container auch Stiegen betreten.
Mit seiner rechtzeitig eingelegten und begründeten Berufung verfolgt der Kläger unter Wiederholung und Vertiefung seines Vorbringens sein Zahlungsbegehren weiter und trägt ergänzend vor, sein Gesundheitszustand habe sich bereits seit August 2001 soweit konsolidiert, dass er ohne weiteres mindestens 20 kg ohne Gefährdung seines Gesundheitszustandes heben könne. Im Übrigen habe die Beklagte es versäumt, mögliche technische und organisatorische Arbeitserleichterungen einzuführen. Hierzu sei die Beklagte gerade im Hinblick auf die vorliegende Schwerbehinderteneigenschaft des Klägers verpflichtet gewesen.
Unter Neuberechnung der beanspruchten Vergütungsdifferenz für die Zeit vom 13.08.2001 bis zum 30.04.2002 gemäß der Aufstellung Bl. 336 d.A. beantragt der Kläger zuletzt,
unter Abänderung des arbeitsgerichtlichen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger als Arbeitsvergütung
für den Zeitraum August bis einschließlich Dezember 2001 10.729,30 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Pro...