Entscheidungsstichwort (Thema)
außerordentliche Kündigung. Dienstfahrzeug. Herausgabe
Leitsatz (amtlich)
Nach einer fristlosen Kündigung muss der Arbeitnehmer den ihm auch zur privaten Nutzung überlassenen Dienstwagen ausnahmsweise nicht herausgeben, wenn die außerordentliche Kündigung offensichtlich unwirksam.
Normenkette
BGB §§ 626, 868
Verfahrensgang
ArbG Iserlohn (Urteil vom 27.07.2010; Aktenzeichen 5 Ca 3486/09) |
Nachgehend
BAG (Aktenzeichen 9 AZN 1382/10) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Iserlohn vom 27.07.2010 – 5 Ca 3486/09 – wird teils als unzulässig verworfen und im Übrigen zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten der Berufung.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten im Wesentlichen um den Bestand des Arbeitsverhältnisses sowie um die Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte des Klägers.
Der am 12.01.1959 geborene, verheiratete und 2 Kindern zum Unterhalt verpflichtete Kläger nahm am 01.10.1995 bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der Firma K1 B2 GmbH, die Tätigkeit auf. Seit dem 01.04.2010 ist er nach einem Betriebsübergang auf die Beklagte als technischer Leiter bei dieser für ein Bruttomonatsgehalt von zuletzt 4.178,00 EUR tätig. Den ihm überlassenen Dienstwagen der Marke VW Eos durfte er auch privat nutzen und wurde deshalb als Sachbezug behandelt.
Unter dem 26.10.2009 übersandte die Beklagte, vertreten durch ihren Prozessbevollmächtigten, ein Schreiben an den Kläger, in dem das Verhalten des Klägers gegenüber der Geschäftsleitung sowie gegenüber den übrigen Mitarbeitern der Beklagten kritisiert wurde.
Am 27.10.2009 kam es gegen 13.30 Uhr nach einem Gespräch zwischen dem Kläger und der Geschäftsführerin L1 der Beklagten zu einer Auseinandersetzung zwischen dem Kläger und der weiteren Geschäftsführerin L2. Zum Ende der Auseinandersetzung äußerte der Kläger sich gegenüber der Geschäftsführerin L2: „Mit Ihnen unterhalte ich mich überhaupt nicht mehr”.
Deswegen erteilte die Beklagte dem Kläger unter dem 27.10.2009 eine Abmahnung.
Mit Schreiben vom 29.10.2009, dem Kläger zugegangen am 30.10.2009, sprach die Beklagte dem Kläger eine außerordentliche Kündigung aus, verbunden mit dem Angebot nur noch für Reparatur- und Schlosserarbeiten für ein Bruttogehalt von 3.000,00 EUR tätig zu werden unter Herausgabe des dem Kläger überlassenen Firmenfahrzeugs Marke VW Eos. Sämtliche Überstunden sollten mit Gehalt abgegolten sein. Darüber hinaus wurde der Kläger bis zum 30.10.2009 beurlaubt und sollte seine Arbeit am 02.11.2009 wieder aufnehmen. Das Angebot lehnte der Kläger ab. Am 02.11.2009 trat der Kläger um 6.00 Uhr seine Arbeit bei der Beklagten an und wurde aufgefordert, die fristlose Änderungskündigung vom 29.10.2009 zu akzeptieren, da er sich ansonsten eine neue Arbeit suchen müsse. Der Kläger beendete sodann seine Tätigkeit und suchte seinen Prozessbevollmächtigten auf, der ihm mitteilte, er betrachte die außerordentliche Kündigung der Beklagten als unwirksam. Am 02.11.2009 fand zwischen dem Kläger und der Geschäftsführerin L1 ein Telefongespräch statt, dessen Inhalt ebenfalls zwischen den Parteien streitig ist.
Eine weitere Abmahnung erteilte die Beklagte dem Kläger unter dem 02.11.2009 in dem sie ihm vorwarf, am 02.11.2009 um 11.15 Uhr den Betrieb ohne Abmeldung verlassen zu haben. Danach forderte die Geschäftsführerin L1 den Kläger in einem Telefongespräch am 02.11.2009 auf, den überlassenen Firmenwagen WV Eos herauszugeben. Die gleiche Aufforderung erhielt der Kläger mit Schreiben vom 03.11.2009.
Mit Schreiben vom 04.11.2009, dem Kläger am nächsten Tag zugegangen, sprach die Beklagte eine weitere außerordentliche Kündigung aus, die sie ausweislich des Kündigungsschreibens auf das Verlassen des Arbeitsplatzes am 02.11.2009 stützte.
Da der Kläger den Dienstwagen nicht herausgab, erstattete die Beklagte am 06.11.2009 Strafanzeige gegen den Kläger. Als die Polizei den Kläger aufsuchte, gab dieser die Schlüssel für das Dienstfahrzeug an die Polizisten heraus, nicht aber das Kraftfahrzeug selbst, dies wurde erst am 13.11.2009 herausgegeben.
Mit beim Arbeitsgericht am 04.11.2009 eingegangener Klage wehrte sich der Kläger zunächst gegen die Änderungskündigung vom 29.10.2009 und begehrte die Entfernung der Abmahnungen vom 26.10. und 27.10.2009 aus seiner Personalakte. Am 13.11.2009 erweiterte der Kläger die Klage auf die Kündigung vom 04.11.2009 sowie auf die Entfernung der Abmahnung vom 02.11.2009.
Der Kläger hat beide Kündigungen für unwirksam und die Abmahnungen für unrichtig gehalten.
Er hat beantragt,
- festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die schriftliche Kündigung der Beklagten vom 29.10.2009, ihm zugegangen am 30.10.2009, nicht fristlos aufgelöst worden ist;
- festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern zu unveränderten Bedingungen fortbesteht;
- die Beklagte zu verurteilen, die Abmahnung vom 26.10.2009 aus seiner Personalakte zu entfernen;
- die Beklagte zu verurteilen, die ...