Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausgleichsanspruch für Bereitschaftsdienste in der Zeit von 23.00 Uhr bis 6.00 Uhr
Leitsatz (amtlich)
Unabhängig davon, ob die Vorschriften des BAT-KF tarifvertraglichen Regelungen gleichzustellen sind, stehen sie Ausgleichsansprüchen nach § 6 V AZG nicht entgegen. Sie gewähren keinen Ausgleich für die während der Nachtarbeit geleisteten Arbeitsstunden.
Führende Parallelsache zu: 16 Sa 45/08, 269/08 und 271/08!
Normenkette
AZG § 6V
Verfahrensgang
ArbG Siegen (Urteil vom 23.11.2007; Aktenzeichen 3 Ca 1128/07) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Siegen vom 23.11.2007 – 3 Ca 1128/07 – unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung teilweise abgeändert und wie folgt gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin an 3 Tagen unter Fortzahlung der Vergütung im Umfang von jeweils 7,7 Stunden freizustellen. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits zu 1/3, die Klägerin zu 2/3.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über Ausgleichsansprüche wegen nachts geleisteter Bereitschaftsdienste der Klägerin.
Die Klägerin ist seit mehreren Jahren bei der Beklagten als Krankenschwester tätig. Auf das Arbeitsverhältnis findet der Bundesangestelltentarifvertrag – Kirchliche Fassung (BAT-KF) Anwendung. Die Klägerin arbeitet regelmäßig an fünf Tagen 38,5 Stunden je Woche und verdient durchschnittlich 3.000,00 EUR brutto.
Neben ihrer regulären Arbeitszeit setzt die Beklagte die Klägerin im Bereitschaftsdienst ein. Er beginnt im Anschluss an die jeweils durchzuführende Schicht und endet am darauffolgenden Tag um 7.00 Uhr. Der Bereitschaftsdienst findet jedenfalls zwischen 23.00 Uhr und 6.00 Uhr statt. Im Jahre 2004 absolvierte die Klägerin 54, im Jahre 2005 62 und im Jahre 2006 68 nächtliche Bereitschaftsdienste, wobei sie im Oktober 2006 und im November 2006 jeweils sieben und im Dezember 2006 sechs Bereitschaftsdienste leistete.
Nach der Anlage SR 2 a BAT-KF wird der Bereitschaftsdienst nach dem Maß der erfahrungsgemäß durchschnittlich anfallenden Arbeitszeit in die Stufen A bis D eingeteilt und eine anteilige Bewertung als Arbeitszeit vorgenommen (Nr. 6 B (2) a). Außerdem gibt es eine zusätzliche Bewertung als Arbeitszeit entsprechend der Zahl der je Kalendermonat abgeleisteten Bereitschaftsdienste (Nr. 6B2b) die von 25 % bei eins bis acht Bereitschaftsdiensten bis 45 % bei 13 und mehr Bereitschaftsdiensten reicht. Nach Abs. 5 der oben genannten Bestimmung erfolgt die Zuweisung zu den einzelnen Stufen des Bereitschaftsdienstes als Nebenabrede zum Arbeitsvertrag. Der Bereitschaftsdienst der Klägerin ist der Stufe B zugeordnet.
Mit Schreiben von September 2006, der Beklagten im Oktober 2006 zugegangen, machte die Klägerin für das Jahr 2005 einen Zusatzurlaub von neun Tagen geltend. Dabei bezog sie sich auf § 6 Abs. 5 AZG und zog die Bestimmung des § 48 a BAT-KF zur Bestimmung der Höhe der Urlaubstage heran. Hierauf erwiderte die Beklagte mit Schreiben vom 11.10.2006, dass derzeit im Rahmen eines arbeitsgerichtlichen Verfahrens geklärt werde, ob die Ableistung von Bereitschaftsdienst tatsächlich zu einem Anspruch auf Zusatzurlaub gem. § 48 a BAT-KF führe. Vom Ausgang dieses Verfahrens werde es abhängen, ob der Anspruch tatsächlich bestehe oder nicht. Sie könne wegen des schwebenden Verfahrens nicht über den Antrag der Klägerin entscheiden, nehme ihn aber fristwahrend zur Personalakte und werde die Klägerin, sobald das Arbeitsgerichtsverfahren rechtskräftig abgeschlossen sei, darüber informieren. Mit Urteil des Landesarbeitsgerichts vom 29.03.2007 wurde die Berufung der Beklagten als unzulässig verworfen, da der notwendige Beschwerdewert nicht erreicht war. Mit einem an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Ärztlichen Dienstes, des Funktionsdienstes, des Zentrallabors und der Radiologie gerichteten Schreiben vom 11.07.2007 (Bl. 33 d.A.) teilte die Beklagte mit, dass es nach ihrer Auffassung keine Rechtsgrundlage für den von einigen Mitarbeitern beantragten Zusatzurlaub für geleistete Bereitschaftsdienstzeiten gebe. Sie bezog sich auf eine Entscheidung des Arbeitsgerichts Siegen, das einen solchen Anspruch anerkannt hatte, und verwies darauf, dass es sich um eine erstinstanzliche Einzelfallentscheidung handele, die nicht zur Klärung der Rechtslage führen würde. Außerdem erklärte sie mit Verweis auf weitere arbeitsgerichtliche Verfahren, dass Anträge auf Zusatzurlaub für Bereitschaftsdienst in den Nachtstunden ohne weitere Maßnahmen berücksichtigt würden, sobald eine höchstrichterliche Entscheidung (Bundesarbeitsgericht) in der Sache vorliege oder eine ausdrückliche Tarifregelung erfolge. Mit ihrer am 17.08.2007 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage begehrt die Klägerin die Gewährung von neun zusätzlichen Urlaubstagen für die Jahre 2004, 2005 und 2006. Mit Schriftsatz vom 08.10.2007 hat die Beklagte erklärt, dass, sollte wider Erwarten einem Anspruch der Kl...