Entscheidungsstichwort (Thema)
Auskunftsanspruch nach §§ 241 Abs. 2, 242 BGB. Anspruch auf Betriebsvereinbarungen, Gesamtbetriebsvereinbarungen und Sozialpläne. Nachweis durch Auflistung der betriebsverfassungsrechtlichen Vereinbarungen
Leitsatz (redaktionell)
Der Kläger hat Anspruch auf einen Nachweis durch eine Niederschrift mit einer Auflistung der auf sein Arbeitsverhältnis anwendbaren Betriebsvereinbarungen, Gesamtbetriebsvereinbarungen und Sozialpläne.
Normenkette
BGB § 241 Abs. 2, § 242
Verfahrensgang
ArbG Herne (Entscheidung vom 10.04.2013; Aktenzeichen 5 Ca 2015/12) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird die Beklagte unter teilweiser Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Herne vom 10.04.2013 - 5 Ca 2015/12 - verurteilt, dem Kläger einen Nachweis durch eine Niederschrift mit einer Auflistung der auf sein Arbeitsverhältnis anwendbaren Betriebsvereinbarungen, Gesamtbetriebsvereinbarungen und Sozialplänen - einschließlich aller dort in Bezug genommenen Anlagen -, welche im Zusammenhang mit den sozialverträglichen Personalmaßnahmen anlässlich der Beendigung des deutschen Steinkohlenbergbaus zum 31.12.2018 stehen, auszuhändigen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Von den Kosten des Verfahrens erster Instanz tragen der Kläger 6/7 und die Beklagte 1/7.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten im Berufungsverfahren noch über einen Anspruch auf Auskunftserteilung durch Übermittlung einer Niederschrift mit einer Auflistung von betriebsverfassungsrechtlichen Kollektivvereinbarungen im Zusammenhang mit der bevorstehenden Beendigung des deutschen Steinkohlenbergbaus.
Der Kläger ist seit dem 01.08.1990 als Hauer unter Tage für die Beklagte tätig, zuletzt auf dem Bergwerk A1 in M1, zu einem Bruttomonatsverdienst von durchschnittlich 3.593,99 €. Nach dem schriftlichen Arbeitsvertrag der Parteien gelten für das Arbeitsverhältnis die Tarifverträge des Rheinisch-Westfälischen Steinkohlenbergbaus. Auf die Kopie des Arbeitsvertrags vom 01.02.1999 wird ergänzend Bezug genommen (Bl. 249 GA). Der Kläger ist Mitglied der Gewerkschaft IG BCE.
Unter dem 29.02.2012 schlossen die Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) sowie der Gesamtverband Steinkohle e.V. einen Tarifvertrag zur Gestaltung sozialverträglicher Personalmaßnahmen anlässlich der Beendigung des Deutschen Steinkohlenbergbaus zum 31.12.2018 ab (TV-Beendigung Deutscher Steinkohlenbergbau). Wegen des Inhalts des Tarifvertrags nebst seiner Anlagen 1 - 4 wird auf die zur Akte gereichte Kopie Bezug genommen (Bl. 251 c ff GA). Zudem schloss die Beklagte mit ihrem Betriebsrat in diesem Zusammenhang einen Interessenausgleich, einen Sozialplan und mehrere Betriebsvereinbarungen ab.
Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 18.06.2012 forderte der Kläger die Beklagte auf, ihm Einsicht in entsprechende Vereinbarungen zu gewähren. Es folgte eine umfangreiche außergerichtliche und zum Teil kontroverse Korrespondenz der Prozessbevollmächtigten der Parteien. Insoweit wird auf die zur Akte gereichten Kopien der wechselseitigen Anschreiben Bezug genommen (Bl. 21-37 GA, 69-72 GA).
Am 05.11.2012 von 7:45 - 8:45 Uhr und am 06.11.2012 um 7:00 Uhr nahm der Kläger Einsicht in bei der Beklagten ausliegende betriebsverfassungsrechtliche Kollektivvereinbarungen.
Mit Schreiben vom 08.02.2013 bestätigte die Beklagte dem Kläger, dass auf dessen Arbeitsverhältnis die nach ihrem Geltungsbereich einschlägigen Gesamtbetriebsvereinbarungen und Betriebsvereinbarungen Anwendung finden würden, diese könnten bei dem zuständigen Personaldirektor oder dem zuständigen Betriebsratsvorsitzenden eingesehen werden (Bl. 152 GA).
Mit seiner am 13.08.2012 bei Gericht eingegangen Klage hat der Kläger ursprünglich begehrt, ihm einen Nachweis durch eine Niederschrift mit Aufstellung einzelner, nach fachlichem- und räumlichen Anwendungsbereich eindeutig bezeichneter auf sein Arbeitsverhältnis anzuwendender Kollektivvereinbarungen auszuhändigen, ihm Einsicht in diese Kollektivvereinbarungen zu gewähren sowie festzustellen, dass ihm bis zur Erteilung des Nachweises ein Zurückbehaltungsrecht an seiner Arbeitskraft zusteht und er nicht verpflichtet ist, künftig an Informationsveranstaltungen der Beklagten teilzunehmen.
Der Kläger hat die Ansicht vertreten, um prüfen zu können, ob die Beklagte seinem Prozessbevollmächtigten sämtliche Regelungen vorlege, benötige er eine Niederschrift, aus der sich die anzuwendenden Kollektivvereinbarungen, insbesondere Betriebsvereinbarungen, ergäben. In dieser Niederschrift seien die einzelnen Kollektivvereinbarungen namentlich zu benennen. Andernfalls werde der Sinn und Zweck der Regelung, Klarheit und Transparenz zu schaffen, unterlaufen. Der Wortlaut der Nachweisrichtlinie lege nahe, dass ein Hinweis auf die konkret auf das Arbeitsverhältnis anzuwendenden Kollektivverträge bzw. eine Auflistung erforderlich seien. Man müsse von einem Arbeitgeber verlangen können, dass der Hinweis auf den jeweiligen Tarifvertrag und sonstige betr...