Entscheidungsstichwort (Thema)
Auskunftsanspruch nach §§ 241 Abs. 2, 242 BGB. Anspruch auf Betriebsvereinbarungen, Gesamtbetriebsvereinbarungen und Sozialpläne. Nachweis durch Auflistung der betriebsverfassungsrechtlichen Vereinbarungen
Leitsatz (redaktionell)
Der Kläger hat Anspruch auf einen Nachweis durch eine Niederschrift mit einer Auflistung der auf sein Arbeitsverhältnis anwendbaren Betriebsvereinbarungen, Gesamtbetriebsvereinbarungen und Sozialpläne.
Normenkette
BGB § 241 Abs. 2, § 242
Verfahrensgang
ArbG Herne (Entscheidung vom 03.04.2013; Aktenzeichen 1 Ca 2021/12) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird die Beklagte unter teilweiser Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Herne vom 03.04.2013 - 1 Ca 2021/12 - verurteilt, dem Kläger einen Nachweis durch eine Niederschrift mit einer Auflistung der auf sein Arbeitsverhältnis anwendbaren Betriebsvereinbarungen, Gesamtbetriebsvereinbarungen und Sozialplänen - einschließlich aller dort in Bezug genommenen Anlagen -, welche im Zusammenhang mit den sozialverträglichen Personalmaßnahmen anlässlich der Beendigung des deutschen Steinkohlenbergbaus zum 31.12.2018 stehen, auszuhändigen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Von den Kosten des Verfahrens erster Instanz tragen der Kläger 6/7 und die Beklagte 1/7.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten im Berufungsverfahren noch über einen Anspruch auf Auskunftserteilung durch Übermittlung einer Niederschrift mit einer Auflistung von betriebsverfassungsrechtlichen Kollektivvereinbarungen im Zusammenhang mit der bevorstehenden Beendigung des deutschen Steinkohlenbergbaus.
Der Beklagte betreibt unter Anderem das Bergwerk A1 in M1. Der Kläger wurde von der Beklagten mit Wirkung zum 01.08.2000 eingestellt und ist auf dem vorgenannten Bergwerk als Hauer unter Tage tätig. Sein durchschnittlicher Bruttomonatsverdienst beläuft sich derzeit auf 3.306,00 €. Er ist Mitglied der IG BCE. Im Arbeitsvertrag ist die Geltung der zwischen der IG BCE und dem Unternehmensverband abgeschlossenen Tarifverträge vereinbart. Auf die Kopie des Arbeitsvertrages vom 21.01.2004 wird Bezug genommen (Bl. 252 GA).
Unter dem 29.02.2012 schlossen der Gesamtverband Steinkohle e.V. und die Industriegewerkschaft der Bergbau/Chemie/Energie (IG BCE) einen Tarifvertrag zur Gestaltung sozialverträglicher Personalmaßnahmen anlässlich der Beendigung des Deutschen Steinkohlebergbaus zum 31.12.2018 ab, gültig ab 01.04.2012 (im Nachfolgenden: TV-Beendigung). Wegen des Inhalts des Tarifvertrages wird auf die zum Parallelverfahren 11 Sa 665/13 eingereichte Kopie Bezug genommen (dort Bl. 251 c ff GA: Tarifvertrag nebst Anlagen 1 - 4). In diesem Zusammenhang sind bei der Beklagten weitere Betriebs- und Gesamtbetriebsvereinbarungen, ein Interessenausgleich sowie ein Sozialplan abgeschlossen worden.
Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 18.06.2012 forderte der Kläger die Beklagte auf, ihm Einsicht in entsprechende Vereinbarungen zu gewähren. Es folgte eine umfangreiche und teilweise kontroverse außergerichtliche Korrespondenz der Prozessbevollmächtigten der Parteien. Auf die zur Akte gereichten Kopien wird Bezug genommen (Bl. 22-38 GA, Bl. 74-77 GA). Für eine Einsichtnahme des Klägers in die ausliegenden betriebsverfassungsrechtlichen Vereinbarungen wurden schließlich zwei Termine abgestimmt. Beide Termine nahm der Kläger nicht wahr, weder den Termin am 08.11.2012 um 11.00 Uhr noch den am 15.11.2012 um 9.00 Uhr.
Mit einem Schreiben "Nachweis von Vertragsbedingungen" vom 08.02.2013 bestätigte die Beklagte dem Kläger, dass auf sein Arbeitsverhältnis die nach ihrem Geltungsbereich einschlägigen Gesamtbetriebsvereinbarungen und Betriebsvereinbarungen Anwendung finden, diese könnten bei dem zuständigen Personaldirektor oder bei dem zuständigen Betriebsratsvorsitzenden eingesehen werden (Bl.143 GA).
Der Kläger hat zunächst umfangreichere Klageanträge formuliert, die er bis zur mündlichen Verhandlung dann teilweise wieder zurückgenommen hat.
Der Kläger hat vor dem Arbeitsgericht zuletzt eine Niederschrift eingefordert, aus der die auf das Arbeitsverhältnis anzuwendenden Kollektivvereinbarungen, insbesondere Betriebsvereinbarungen, hervorgehen. Die einzelnen Kollektivvereinbarungen seien namentlich zu benennen. Für diese Gesetzesauslegung spreche der Wortlaut der Vorschrift im NachwG: "ein in allgemeiner Form gehaltener Hinweis auf die auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen". Der Wortlaut der Nachweisrichtlinie lege nahe, dass ein Hinweis auf die konkret auf das Arbeitsverhältnis anzuwendenden Kollektivverträge bzw. eine Auflistung erforderlich sei. Anderenfalls werde der Sinn und Zweck der Regelung, Klarheit und Transparenz zu schaffen, unterlaufen. Man müsse von einem Arbeitgeber verlangen können, dass der Hinweis auf den jeweiligen Tarifvertrag und sonstige betriebliche Normen derart informativ und konkret erfolge, dass der Arbeitnehmer ohne Schwierigkeiten den Inhalt der für i...