Entscheidungsstichwort (Thema)
Begründen des Anspruchs auf Urlaubsgeld aufgrund einer Gesamtzusage oder betrieblicher Übung
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Mitteilung einer beabsichtigten Regelung, deren genauer Inhalt mangels Abstimmung sowohl mit dem Vorstand als auch dem Betriebsrat noch gar nicht abschließend feststand, stellt keine Gesamtzusage dar.
2. Eine betriebliche Übung liegt nicht vor, wenn der betreffende Anspruch nicht formwirksam zustandegekommen ist, etwa bei Nichterfüllung der tarifvertraglich vorgesehene Schriftform.
Normenkette
TVöD § 2 Abs. 3
Verfahrensgang
ArbG Dortmund (Entscheidung vom 24.02.2022; Aktenzeichen 6 Ca 3026-21) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 24.02.2022 - 6 Ca 3026/21 - teilweise abgeändert.
Die Klage wird insgesamt abgewiesen.
Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Zahlung von Urlaubsgeld für das Jahr 2021 sowie die Feststellung eines jährlichen Urlaubsgeldanspruchs für die Zukunft.
Zwischen den Parteien besteht seit dem 01.08.1986 ein Arbeitsverhältnis, auf das kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme der Bundesmanteltarifvertrag für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe (BMT-G II) (so die Beklagte) oder der BAT (so die Klägerin) und später streitlos der TVöD Anwendung findet.
Der Vorgänger-Tarifvertrag des TVöD enthielt eine Verpflichtung zur Zahlung von Urlaubsgeld, der die Beklagte nachkam. Die Beklagte zahlte bis 1992 ein Urlaubsgeld ausschließlich aufgrund des Tarifvertrages über ein Urlaubsgeld für Angestellte vom 16.03.1977 in Höhe von 500,- DM, bzw. 650,- DM für bestimmte Vergütungsgruppen.
Mit Schreiben vom 30.09.1992 (Bl. 75 f. d. A.), dessen Zugang die Klägerin mit Nichtwissen bestreitet, teilte Beklagten teilte ihrer Belegschaft Folgendes mit:
"An alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der A B GmbH
Gewährung eines Urlaubsentgelts an die Beschäftigten der A B GmbH
Liebe Mitarbeiterinnen, liebe Mitarbeiter,
seit dem 1. Januar d. J. ist die A B GmbH Tochter-Unternehmen der B C AG. Ich hatte bereits in anderer Sache Gelegenheit, Sie über die besonderen Sozialleistungen im Gesamtkonzern zu informieren.
Für die bei der A B GmbH in Vollzeit- oder Teilzeitarbeitsverhältnissen (nicht geringfügig Beschäftigte) tätigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter galt es, noch eine Regelung über die Gewährung eines Urlaubsgeldes zu treffen. Die neue Gesellschafterin, B C AG, war dabei bisher vom Grundsatz her nicht bereit, über den tariflichen Anspruch von 500 DM bzw. 650 DM Einmalzahlungen hinaus einer höheren Zuwendung zuzustimmen. Im Hinblick auf die erheblichen Verluste der A B GmbH ist eine solche Regelung äußerst schwierig durchzusetzen.
Im Hinblick auf die Verbesserung des Betriebsergebnisses für das Jahr 1991 und die sich abzeichnende weitere bescheidene Verbesserung für das laufende Geschäftsjahr konnte der Vorstand der B C AG bewegt werden, nochmals über eine Regelung für die Beschäftigten der A B GmbH nachzudenken. Ich habe dazu dem Vorstand einen konkreten Vorschlag unterbreitet, der für die einzelnen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter folgende Regelung vorsieht:
1. Auf jederzeitigen Widerruf wird die A B GmbH ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ab 1993 ein Urlaubsgeld zahlen.
2. Der tarifliche Anspruch auf Gewährung eines Urlaubsgeldes wird auf die Leistung der A B GmbH angerechnet.
3. Das Urlaubsgeld wird nur voll- oder teilzeitbeschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gewährt, die mindestens zwölf Monate vor dem Monat der Gewährung des Urlaubsgeldes ununterbrochen bei der A B GmbH beschäftigt waren.
4. Die Gewährung des Urlaubsgelds ist von der weiteren Verbesserung des Betriebsergebnisses abhängig.
5. Die Höhe des Urlaubsgeldes für die schon bei der Gesellschaft beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist unter Anrechnung eines noch zu bestimmenden Teils der Vergütung wie folgt gestaffelt:
1993 = 35 %
1994 = 50 %
1995 = 65 %
1996 = 75 %
1997 = 100 %
[...]
Die weiteren Einzelheiten über das Urlaubsgeld werden nach Abstimmung mit dem Betriebsrat bekannt gegeben.
Ich glaube, dass mit dieser Regelung eine gute Grundlage für eine weitere vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und der Geschäftsführung der A B GmbH gegeben ist.
Mit freundlichen Grüßen
D. "
Die Beklagte zahlte in der Folgezeit ab 1993 ein Urlaubsgeld entsprechend der mitgeteilten Staffelung, seit dem Jahr 1997 bis zum Jahr 2006 dann in Höhe eines vollen Bruttomonatseinkommens zum 15.07. eines jeden Jahres.
Unter dem 25.11.1999 schloss die Beklagte mit dem bei ihr gebildeten Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung über die Gewährung von Urlaubsgeld (nachfolgend: "BV Urlaubsgeld 1999") ab (Bl. 10 d. A.), auf die Bezug genommen wird. Darin heißt es:
"§ 1 Anspruchsvoraussetzungen
(1) Nachstehende Regelungen gelten nur für Voll- und Teilzeitbeschäftigte, nicht dagegen für geringfügig Beschäftigte.
(2) Alle Arbeitnehm...